Ich, Heinrich VIII.
keine Katharina! Und deine Dirnen werden sich niemals vor meinen Augen mit deinen Liebesgaben brüsten!« Sie öffnete die Faust; auf ihrer Handfläche lag das Medaillon, das ich Jane geschenkt hatte – das Medaillon meiner Mutter.
»Ich habe es ihr vom Halse gerissen, von ihrem dicken Stierhals. Sie ist unansehnlich, Heinrich, und sie hat einen dicken Hals. Er ist bleich und klumpig.«
Ihr ganzer Körper strebte vorwärts, und die Sehnen an ihrem Hals traten hervor. Ich sah, wie eine Ader langsam pochte, dicht unter dem Ohr.
»Dein Hals ist hübscher«, gab ich zu. »Schlank und geschwungen. Aber der Kopf, den er trägt, ist angefüllt mit Bosheit und Flüchen und Niedertracht. Du wirst keine Söhne mehr von mir bekommen.« Es war keine Drohung, sondern eine Feststellung und ein Versprechen an mich selbst.
Sie schleuderte das Medaillon gegen mich. Ich fing es mühelos, auch wenn sie vorgehabt hatte, mich damit zu verletzen.
»Wenn du wieder aufstehen kannst, werde ich mit dir sprechen«, kündigte ich an und schloss meine Finger um das Medaillon.
Ich verließ ihre Gemächer.
Ich war frei. Sie hatte keine Macht mehr über mich.
LXXI
D er März war gekommen wie ein Lamm, sagten die Leute auf dem Lande, und so würde er gehen wie ein Löwe. Sie hatten Recht, wenn auch nicht aus den richtigen Gründen. An einem Tage um die Monatsmitte war ich, der Löwe, mit Cromwell, meinem vermeintlichen »Lamm«, auf der Beiz. Gehorsam und friedfertig war er stets, und insofern glich er wohl einem Lamm.
Es war einer jener eigentümlichen Tage im März – düster und doch lebendig und voller Möglichkeiten. Allenthalben schmolz das Eis, und man hörte das Wasser in Bächen und Rinnen dahinplätschern; es rieselte aus den Schneewehen in den Wäldern, sickerte in die Hufabdrücke unserer Pferde. Man spürte, wie das Wachstum sich bereit machte, aus den dürren, eng gepressten Stielen zu sprießen, und man sah den Schimmer von Grün unter dem niedergetrampelten braunen, struppigen Gras. Die Wattewolken am Himmel sahen sauber gewaschen und gereinigt aus. Der März war ein Tonikum, beißend und bitter.
Es war ein prächtiger Tag für die Falkenjagd. Cromwell und ich hatten uns zu besprechen, und hätte es einen besseren Vorwand geben können, aufs Land hinauszureiten und die Spione und Lauscher des Palastes hinter uns zu lassen? Crum brannte schon lange darauf, mir seine Vögel vorzuführen, und ich brannte darauf, die Geschöpfe zu sehen, für die er anscheinend tatsächlich so etwas wie Zuneigung zu empfinden schien.
Er hielt Wanderfalken und Hühnerhabichte. Dem Gesetz nach musste man mindestens ein Graf sein, wenn man mit Wanderfalken auf die Jagd gehen wollte. Ich hatte aber die Absicht, Cromwell zum Grafen von Essex zu machen – je nachdem, wie gut er mir zu Diensten war in dem, was »des Königs größere Sache« zu nennen er sich weise enthielt.
Er fragte mich, welchen Vogel ich heute fliegen lassen wollte, und ich erwählte mir den Wanderfalken. Er nahm das kleinere Weibchen. Wir trugen sie auf behandschuhter Faust, mit der Haube bedeckt, aus dem Falkenhause und ritten gen Westen und über Richmond hinaus, bis wir uns auf freiem Feld in der Gegend von Hampton befanden. Die Falken blieben die ganze Zeit still, aber Crum plapperte ganz gegen seine Gewohnheit unablässig und erzählte von seinen Falken.
»Sie heißt Athena. Ich hatte große Mühe, sie auf das Federspiel abzurichten. Aber sie ist stark. Sie reißt sogar große alte Hasen. Hat keine Angst vor ihnen!« Er bedachte den Vogel mit zärtlichen, glucksenden Lauten.
»Mars dagegen« – er hob das Handgelenk – »geht am liebsten auf Krähenjagd. Zu gern stößt er vom Himmel herunter auf eine Krähe, bricht ihr den Hals und lässt sie fallen, dass die schwarzen Federn stieben. Es ist ein wunderbarer Anblick!« Er seufzte. »Mars bringt sogar eine Dohle zur Strecke. Dies zu beobachten, macht mir besonderes Vergnügen. Die Dohle versucht, ihm davonzufliegen, aber das kann sie nicht.« Crum runzelte die Stirn. »Na, na!«
Ich sah, dass Mars seine Klauen streckte; eine Spitze hatte Crums ledernen Falknerhandschuh beinahe durchbohrt. »Ich sehe gern, wie sie töten«, erklärte er schlicht. »Sie sind herrlich anzuschauen, im Flug wie im Kampf.«
»Könnten wir es ihnen doch nachtun«, sagte ich. »Unsere besten Methoden sind täppisch im Vergleich zu den ihren, und unsere Hinrichtungen entbehren des Vergnügens, das im Wettstreit liegt.«
»Ein Gegenstand,
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