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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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vergeben sein.«
    »Es gibt nichts zu gestehen. Und ich bin bereit, mich im Zweikampf auf die Probe stellen zu lassen, um die Ehre der Königin zu verteidigen …«
    »Sie hat keine Ehre!«, schrie ich. »Lasst ab von diesem Beharren; es ist hoffnungslos.«
    »Ein ehrlicher Zweikampf wird das Gegenteil beweisen«, erklärte er hartnäckig.
    Anne hatte ihn also geblendet. Er war ihre Kreatur mit Haut und Haaren, bereit, sie mit seinem Leben zu verteidigen.
    Noch ein Opfer, dachte ich. Sie hat noch ein Opfer umgarnt. Die Ehrbaren waren die leichteste Beute, denn sie fingen sich in ihrem eigenen Netz.
    »Verhaftet ihn!«, befahl ich meiner Garde. »Verhaftet diesen Mann!« Ich lenkte mein Pferd weg von Norris und wies mit dem Finger auf ihn.
    Die Königliche Garde umringte ihn, und Norris verschwand vor meinen Augen. Ich sah nur noch einen Schwarm Reiter in der klaren Frühlingssonne, und ihre blanken Klingen funkelten.

LXXIII
    Will:
    A ls es Abend wurde, waren Norris, Brereton und Weston im Tower. Smeaton hatte man schon im Laufe des Tages dort hingeschafft.
    Anne und ihr Bruder waren noch in Freiheit. Es war die letzte Nacht für sie. Man erzählte sich, Anne sei über das Verhalten des Königs beim Turnier bestürzt gewesen; sie habe angstvolle Fragen gestellt und sei überall nur auf Schweigen gestoßen. Dass etwas nicht stimmte, war klar: Die königlichen Gemächer lagen verlassen, und Annes Bedienstete beim Abendessen schwiegen ominös. Als Beauftragte des Königs pflegten sie ihr die Speisen mit dem Wunsche »Möge es Euch wohl bekommen!« aufzutragen. An diesem Abend jedoch ließen sie diesen Satz beiseite.
    So war sie sich selbst überlassen und verbrachte die Nacht allein und in banger Unruhe. Mark Smeaton, so erfuhr sie, war fortgebracht worden. Er konnte nicht für sie spielen. Sie wollte nach ihrem Bruder George schicken und bekam mitgeteilt, es sei »nicht angebracht«. Wie eines der wilden Tiere in der Menagerie des Towers verbrachte sie die Nacht in einem Käfig, rastlos hin und her streifend, ohne zu wissen, weshalb man sie einsperrte oder was ihrer harrte.
    Der König weinte und tobte die ganze Nacht. Wir, die wir in seiner Nähe waren, wussten nicht, ob wir versuchen sollten, ihn zu trösten, oder ob es besser war wegzuschauen. Am Ende entschieden wir uns für das Wegschauen. Selbst ein König muss mitunter ignoriert werden; ja, manchmal sehnt er sich sogar danach.
    Am Morgen rief der König erst Cromwell, dann den Rest des Geheimen Staatsrates zu sich, und erläuterte die Umstände. Man sollte die Königin verhaften und in den Tower bringen, nachdem man ihr die Anklage bekannt gemacht habe.
    Anne nahm unterdessen ihr Mittagsmahl zu sich und machte Scherze. »Der König will mich mit diesem wunderlichen Verhalten auf die Probe stellen. Er will sehen, wie mutig ich bin«, behauptete sie hartnäckig.
    Gegen zwei Uhr nachmittags kam eine Deputation des Geheimen Staatsrates in ihre Gemächer, um mit ihr zu sprechen und ihren Haushalt zu befragen; sie wurde angeführt von ihrem Onkel, dem Herzog von Norfolk, und Cromwell.
    Kühn und ohne Ehrerbietung traten sie vor sie hin.
    »Ihr habt Ehebruch begangen«, bezichtigte der Herzog sie, »und zwar mit fünf Männern, soweit es bekannt ist. Diese Männer sind bereits in Haft und haben Geständnisse abgelegt. Auch Ihr müsst nun gestehen. Es gibt keinen Grund mehr für Lügen und Heimlichkeiten. Alles ist bekannt.« Sodann warf er ihr vor, Inzest getrieben und die Ermordung ihres Gemahls geplant zu haben.
    Anne wies alles empört zurück. »Kein einziger Mann hat je mich berührt außer meinem angetrauten Ehegemahl, dem König!«, kreischte sie.
    Angesichts dieser hartnäckigen Lüge schüttelte ihr Onkel betrübt den Kopf. Schon wartete die Staatsbarke, die sie zum Tower bringen sollte, an der Flusstreppe; an Bord waren Kingston, der Konstabler des Tower, sowie vier weibliche Spitzel, die Cromwell ausgewählt hatte, damit sie jedes Wort weitertrügen, welches Anne fortan äußerte.
    »Tz, tz, tz«, schnalzte der Herzog und schüttelte den Kopf wie einen Glockenklöppel.
    Am Nachmittag wurde Anne zum Tower gerudert, während die hellen Strahlen der Frühlingssonne auf der Themse glitzerten und das Volk beim Anblick der Staatsbarke aufgeregt winkte.
    Als man sie am Eingang empfing, fiel sie auf die Knie. »Gott helfe mir!«, rief sie. »Ich bin unschuldig und habe nicht getan, was man mir vorwirft!«
    Kingston und seine Leute führten sie weg – in dieselben

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