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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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musikalischer Theorie und Komposition unterwies und sogar eine italienische Orgel kommen ließ, auf der ich spielen konnte. Da ich mich nun ständig am Hofe aufhielt, lernte ich auch andere Jungen meines Alters kennen, Aristokratensöhne, und so hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben Freunde.
    Was mir nicht gefiel: Ich durfte mich keinen »gefährlichen« Beschäftigungen mehr hingeben – Jagden etwa oder auch Turnieren –, denn meine Person war nunmehr auch gegen das unwahrscheinlichste Missgeschick zu schützen. Infolgedessen musste ich im Haus bleiben und meinen Freunden beim Spielen zusehen, und draußen musste ich abseits stehen, was noch schlimmer war.
    Ich musste in einem Zimmer wohnen, welches dem des Königs benachbart war, sodass ich nirgends hingehen und niemand zu mir kommen konnte, ohne zuvor seine Gemächer zu durchqueren. Auf diese Weise isolierte er mich ebenso wirkungsvoll wie eine der Maiden im Morte d’Arthur, die von ihrem Vater im Turm gefangen gehalten werden. Der einzige Unterschied bestand darin, dass mich, solange mein Vater lebte, niemand retten, ja, nicht einmal besuchen konnte.
    Und wie lange würde mein Vater noch leben? Er war erst fünfundvierzig und schien ganz gesund zu sein. Er konnte leicht noch zwanzig Jahre leben und mich in dem Kämmerchen neben dem seinen gefangen halten. Wie sollte ich das ertragen?
    Nach Arthurs Tod zog er sich für mehrere Monate zurück und interessierte sich kaum für seine Umgebung. Er rief wohl gelegentlich seinen Lautenspieler, damit er ihm aufspiele. Der Lautenspieler war nicht sehr gut, und seine Musik tat meinen Ohren weh. Einmal ging ich hinein und erbot mich, an seiner statt für meinen Vater zu musizieren. Lustlos stimmte er zu, und ich spielte einige Stücke, die ich selbst geschrieben hatte. Ich sah, dass er im Grunde nicht zuhörte, und so stand ich schließlich auf und kehrte in meine Kammer zurück. Er starrte weiter aus dem Fenster und ließ nicht erkennen, dass er mein Gehen bemerkt hatte.
    Törichterweise war ich enttäuscht. Ich hatte es noch nicht gelernt.
    Aber andere Dinge lernte ich auf Vaters Geheiß. Jeden Tag kam der alte Botschafter, um mich zu unterrichten. Er hieß Stephen Farr, und er hatte für Richard III ., Edward IV . und für Vater mehr als zwanzig Jahre lang als Gesandter in den Niederlanden, in Frankreich, in Spanien, beim Papst und beim Kaiser gedient. Er hatte ein rundes Antlitz von hochroter Farbe, das sein Alter Lügen strafte, obgleich er fast siebzig gewesen sein muss. Als ich einmal davon anfing, sagte er: »Das ist mein Geheimnis, wisst Ihr. Dick sein. Die Leute haben Vertrauen zu den Dicken. Den Schlanken traut man zu, dass sie heucheln. Sagt mir, Euer Gnaden: Wen würdet Ihr eher des Verrats oder einer Verschwörung verdächtigen – einen dicken Mann mit einem glatten Gesicht oder einen dünnen mit einem Gesicht wie ein verschrumpelter Apfel. Hätte Bruder Tuck böse sein können? Oder, umgekehrt, kann man sich einen dicken Sheriff von Nottingham denken? Selbstverständlich nicht. Ich bitte Euch, beschäftigt nur dicke Botschafter.«
    Ich lachte.
    »Es ist kein Scherz, Euer Gnaden, das versichere ich Euch. Die Menschen legen großes Gewicht auf den äußeren Schein. Und erste Eindrücke und Gefühle sind nie ganz auszulöschen. Die Welt ist voll von Leuten, die über die merkwürdige Begabung verfügen, sich auf der Stelle ein Bild von den Dingen zu machen. Wer neidisch ist, nennt so etwas ›vorschnell geurteilt‹. Aber das ist es gar nicht. Ich habe gehört« – er stand auf und kam zu mir herüber, einen spielerischen Ausdruck im Gesicht –, »dass Euer Gnaden ein kundiger Bogenschütze sein sollen. Dass Ihr den Langbogen mit großer Treffsicherheit zu benutzen wisst. Sagt – an Euren besten Tagen, geht da nicht gleich Euer erster Pfeil ins Ziel?«
    Ich nickte. Und an schlechten Tagen war es genau umgekehrt.
    »Mit den Menschen ist es das Gleiche. Die mit dem besten Urteilsvermögen treffen immer ins Schwarze. Und zwar von Anfang an.«
    »Was hat das mit mir zu tun?« Ich brannte darauf, im Unterricht fortzufahren und ihn mit den vielen Fakten zu beeindrucken, die ich mir seit dem letzten Mal um seinetwillen eingeprägt hatte.
    »Alles. Zunächst einmal müsst Ihr diese unheimliche Begabung in Euch selbst entwickeln, wie Ihr auch Eure Fertigkeiten im Reiten oder in der Musik entwickelt habt. Und zweitens müsst Ihr mit dieser Fertigkeit spielen, trefft Ihr sie bei anderen an.«
    »Wie denn?« Wie

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