Ich, Heinrich VIII.
Staatsgewändern; ihr Haar floss über das Kissen, und Juwelen schmückten ihren Hals. Die Ähnlichkeit mit der gesunden Königin war so groß, dass es denen, die es sahen, die Sprache verschlug. Ich für meinen Teil habe diese Bildnisse immer als Spott und Hohn empfunden; sie verschärften nur die Trauer, aber vielleicht war gerade dies ihr Zweck. Nach einer Beerdigung pflegte man sie aufzubewahren. Die Wachsbilder von Heinrichs Mutter und seinem Vater wurden erhalten, und man kann sie noch heute sehen; auch das Bildnis Edward iii. gibt es noch. Heinrich aber befahl, Janes Wachsbild zu vernichten, bevor er es zu sehen bekäme. Vielleicht wusste er, dass es ihm sonst womöglich eines Tages als Götzenbild dienen würde.
Jane sollte in der Nähe des Altars der Kapelle beerdigt werden. Die melancholischen Rituale des Stabbrechens und des Requiems, der Elegien und des Weihrauchs wurden vollzogen, und schließlich wurde Janes Sarg in die Gruft hinabgelassen, die dafür bereitgemacht worden war.
Niemand war, der diesen Tod nicht beweinte.
Das an sich hätte ihr Epitaph sein sollen, nicht der banale Vers, den man auf ihre Grabplatte schrieb:
Phoenix Jana jacet nato Phoenice: dolendum,
Saecula Phoenices nulla tulisse duos.
(Hier ruhet Jane, der Phoenix,
der einen Phoenix geboren:
Niemals noch sah man
zwei Phoenixe gleichzeitig hier.)
Jane hätte jedenfalls einen besseren Gedenkvers verdient.
Heinrich VIII.:
Ich war bei ihr, als sie starb, und so war es nicht notwendig, dass jemand zu mir kam und es mir sagte; es gab keine gesegnete Frist zwischen der Kunde und dem eigenen Augenschein, in der ich hätte denken können: »Es kann nicht sein.« Nein, ich saß an ihrem Bett, denn die Ärzte hatten gesagt, wenn ihr Zustand sich in der Nacht bessern sollte, wäre die Schlacht gewonnen. Natürlich würde sie gewinnen; daran zweifelte ich in meinem Herzen keinen Augenblick lang. Mein Wille, meine Gebete, meine Liebe – das alles würde ihr Leiden überwinden. Und mit ihrem geröteten Gesicht und ihrem unsteten Blick sah sie nicht anders aus als ein Kind mit einem ganz gewöhnlichen Fieber. Schlaf war hier die beste Arznei, und so dachte ich, alles stehe zum Besten, als sie die Augen schloss und entschlummerte.
Ich hielt ihre Hand – schweißnass und glitschig war sie. Ich wollte sie festhalten, bis ich sicher sein konnte, dass sie tief schlief, und dann erst wollte ich sie loslassen. (Dies ist das erste Mal, dass ich mir erlaube, mich an diese Dinge zu erinnern und sie zu berichten.) Eine jähe Bewegung, und sie würde womöglich wieder aufwachen. Und so wartete ich. Und dann spürte ich, auf eine unmerkliche, zarte Weise, dass in der Hand eine Veränderung vor sich ging. Sie war nicht mehr so heiß.
Ich ließ sie los und nahm sie in die andere Hand. Nein, es war Einbildung gewesen. Die Hand war die gleiche; ich hatte sie nur zu lange gehalten. Aber was immer der Grund für die subtile Änderung der Temperatur war, sie ging weiter. Mit jedem Atemzug wurde sie kühler.
Mit jedem Atemzug … ich sah Jane an und entdeckte keine Bewegung. Aber ihr Atem war immer sehr leicht gewesen.
Die Stille des Todes. Es ist eine eigentümliche Stille, die noch der leichteste Atem, der tiefste Schlummer, nicht nachahmen kann.
Ich schüttelte sie, suchte sie aufzuschrecken, damit sie weiteratmete. Aber selbst ihre Schulter war so schwer, so dicht, dass die unabänderliche Wandlung offenkundig wurde. Ihr Kopf sank kraftlos nach vorn, leicht wie ein seidenes Tuch.
Ich habe keine Erinnerung an das, was ich danach tat. Nur an meine Gedanken, die explodierten und auseinander stoben, als habe man unversehens einen Käfig voller Ratten geöffnet.
Ich erwachte im königlichen Gemach in Windsor Castle. Die Sonne schien auf die Wand. Es war Vormittag oder Nachmittag; ich wusste es nicht zu sagen. Es war kalt im Zimmer. Also war es nicht Sommer.
Und dann überfiel es mich wie ein tollwütiger Hund, der seine Zähne in mein Fleisch schlug: Jane war tot. Es ließ mir nicht einmal Zeit, vollends wach zu werden, ehe es mich attackierte. Es zerriss mich mit seinen Fängen; ich war blutig und besiegt.
Drei Tage lang, so hat man mir gesagt, blieb ich so: außerstande, auch nur mein Bett zu verlassen, derweil der Höllenhund mich zwischen seinen Zähnen hatte. Dann begann ein gespenstisches kaltes Licht mich zu bescheinen, und ich stand auf, zog mich an und gab Anweisung, mit der Bestattung zu beginnen. Ich verfasste einen Brief an Franz. (An
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