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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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meiner Stimme zu unterdrücken. »Diese neue Wohnung soll so prächtig werden wie …«
    »Wie nur irgendetwas in Frankreich«, endete sie für mich. »Aber ich bin keine Madame de Heilly.«
    »Franz’ Mätresse hat keinen Geschmack«, erwiderte ich. »Und diese Wohnung ist für dich, Janey. Für dich. Begreifst du nicht, wie sehr ich mir wünsche, dass du einen eigenen Wohnsitz hast, nicht irgendein Erbstück von Wolsey oder … den anderen?«
    »Ja, ja.« In diesem Augenblick erkannte ich, dass die neue Wohnung in Wahrheit für mich sein sollte, nicht für sie.
    »Erwähle dir etwas, Janey. Es wird mir so viel bedeuten«, flehte ich sie an.
    »Also gut.« Sie beugte sich vor und nahm ein Stück Täfelholz in die Hand. Es klang müde, als sie sagte: »Das hier ist hübsch. Damit soll man das Privatgemach täfeln.«
    »Walnuss. Sehr schön, meine Liebe. Und zu Walnuss ist Dunkelgrün immer äußerst passend.«
    »Nein, das möchte ich nicht. Es wäre zu sehr – das Erwartete. Ich will lieber Scharlachrot.« Sie deutete auf ein Farbmuster.
    »Das Westminster-Rot.« Ich erkannte es. »Höchst vornehm.«
    Sie lächelte. »Du erkennst meine Wünsche und Vorlieben besser als ich.«
    »Ich will dich in all dem eingefangen sehen, sodass ich dich auch sehe, wenn du nicht da bist.« Ich zögerte. Sollte ich ihr sagen, dass ich sie eben beobachtet hatte? »Fällt dir die Auswahl wirklich so schwer, dass du darüber weinen musst?«
    Hastig barg sie ihr Gesicht.
    »Es sollte keine Geheimnisse zwischen uns geben«, sagte ich, so sanft ich es vermochte. »Nichts, dessen man sich schämen müsste.« Sie kannte mich, wusste alles von mir. Und darüber war ich froh.
    »Ich schäme mich ja nicht! Du tust es – oder du solltest es tun!«, weinte sie. »Die Mönche …«
    Nicht schon wieder.
    »… die du in diesem Augenblick hängen lässt …«
    Die arroganten Rebellen von Sawley also.
    »… auf eine so höhnische Art …«
    »Die Strafe muss dem Verbrechen entsprechen! Und sie soll zur Abschreckung für alle dienen, die sonst überlaufen möchten. Diese Mönche waren abgefeimte Verräter.«
    »Es geht nicht um die Mönche«, weinte sie. »Es geht um dich!«
    Jetzt war ich vollends verwirrt und ratlos. »Das verstehe ich nicht«, sagte ich schließlich.
    »Was geschieht mit dir, wenn du solche Dinge befiehlst?«, fragte sie. »Es verändert dich, für immer.«
    Armes Unschuldslamm. Vielleicht kannte sie mich doch nicht. So hatte ich mich verändert, als ich nach meiner Krönung zum ersten Mal eine Hinrichtung hatte befehlen müssen, die Hinrichtung Empsons und Dudleys. Nach der ersten sind alle anderen gleich.
    »Das hoffe ich nicht«, versicherte ich ihr; es widerstrebte mir, ihr meine wahren Gefühle zu offenbaren. Sie würde sie hässlich finden. Und möglicherweise unannehmbar.
    »Was für eine Welt werden meine Kinder erben? Eine Welt ohne Mönche und Nonnen, eine Welt, in der Äbte an Glockentürmen hängen …«
    Kinder.
    »Janey, bist du …?« Ich hatte gebetet, hatte mich Gottes Erbarmen anheim gegeben, denn es gab so viele körperliche Hindernisse …
    »Ja. Ich fange eben erst an, es zu glauben.«
    Darum also ging es bei alldem. Bei ihren Tränen, den Skrupeln, den Ausflüchten.
    Ich umarmte sie und spürte ihren gesunden, festen Körper an meinem.
    Ein Wunder. Denn ich hatte geglaubt, es lauere irgendwo die Strafe, und niemals werde mir ein Kind gewährt werden.
    An diesem Sonntag wurde als Danksagung für die Schwangerschaft der Königin in allen Kirchen ein Tedeum gesungen. So wurde die Kunde davon in der ganzen Christenheit verbreitet, und jedermann würde sie hören: der Papst, der Kaiser, Franz, die Rebellen, die immer noch im Norden lauerten. Wahrlich, dies war das Zeichen dafür, dass Frieden in England eingekehrt war und dass die schrecklichen Umwälzungen der letzten zehn Jahre vorüber waren wie ein Sturm, der fortgezogen war.
    Das Jahr erblühte warm, und Jane und ich verbrachten diesen Sommer in vollkommener Harmonie. Ich sagte schon, vom Glück zu schreiben ist nahezu unmöglich, und ich kann es nicht. Wenngleich ich es möchte, so gern möchte – sodass ich es irgendwie noch einmal erleben könnte, in all seinen Einzelheiten, nicht bloß als alles überdeckendes Gefühl.
    Sie zeigte ausgefallene Gelüste in diesem Sommer, ganz gegen ihre Art. Sie verlangte Erdbeeren eimerweise, und Kirschen, junge Erbsen und Wachteln. Ich schickte nach Frankreich um Frühkirschen und Erbsen, nach Calais um Wachteln. Der

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