Ich, Heinrich VIII.
Pfingsten 1542‹, sagt man, und es ist abgemacht. ›Meine Seele im Austausch gegen dies und jenes‹, sagt man, und es ist abgemacht. Anscheinend hat Cromwell … ich meine, es deutet so vieles darauf hin …«
Er meinte, was er sagte. Alles Spielerische und Trügerische war aus seinem Gesicht verschwunden.
»Mein lieber Sohn, Ihr …«
»Catherine!«, rief Surrey, als sei ein Bann gebrochen. Catherine hatte gesehen, dass wir ins Gespräch vertieft waren, und war herbeigekommen. Jetzt zupfte sie spielerisch am Ärmel ihres Vetters.
»Alle nehmen ihre Plätze ein«, schalt sie. »Du wirst gleich nichts sehen können.«
Ihre Gegenwart holte uns zurück aus dem gefährlichen Reich, das wir – wenn auch nur für einen Augenblick – betreten hatten. Grinsend schaute sie zu Surrey auf. Sie waren verwandt, Cousin und Cousine ersten Grades, aber ich sah wenig Ähnlichkeit zwischen ihnen. Surrey war schlank und blond, Catherine klein und hatte rotbraunes Haar. Beide hatten eine helle Haut, aber das war alles.
Ich bot ihr meinen Arm, und zusammen suchten wir uns einen Platz und schickten uns an, einer Reihe von Kompositionen zu lauschen, die ein junger Mann aus Cornwall auf einem Flöteninstrument zu Gehör bringen sollte.
Er war klein und dunkel, wie alle seine Landsleute. Die Melodien waren spukhaft, traumartig; noch nie hatte ich etwas Ähnliches gehört. Sie sprachen eine sanfte, längst verlorene Seite meiner selbst an.
Nachher sprach ich mit ihm. Ich hatte ein wenig Mühe, ihn zu verstehen, denn seine Muttersprache war das Cornische. Ich lobte seine musikalische Fertigkeit und erkundigte mich nach der Herkunft seiner Melodien.
»Ich habe sie nach Melodien meiner Heimat gesetzt, Euer Gnaden«, sagte er. »Ähnliche Musik gibt es jenseits des Meeres in der Bretagne«, fügte er hinzu. »Oft fahre ich mit meinem Vater dort hinüber, und während er seinen Geschäften nachgeht, verfolge ich die meinen.«
»Was sind seine Geschäfte?«
»Er ist Fischer, Euer Gnaden.«
»Und Ihr?«
»Musiker.«
»Nur das?«
»Aye. Es ist meine Berufung.«
»Aber was ist mit dem Handwerk Eures Vaters?«
Er zuckte die Achseln. »Vielleicht gibt es irgendwo einen Musikersohn, der Sehnsucht nach dem Meer hat.«
So einfach. Er ließ einen revolutionären Gedanken so logisch erscheinen. Hier stand ein wahrer »neuer Mensch« – und was wollte Surrey an ihm verdammen? Mir hatte gefallen, was er zu bieten hatte!
Oft spazierten Catherine und ich nach der musikalischen Unterhaltung noch durch den Garten des erzbischöflichen Palastes. Diese flussaufwärts gelegene Gegend, Lambeth hier und Westminster mit Kathedrale und Palast auf der anderen Seite, war still und bukolisch. Lambeth mit seinen stillen Gassen, dem runden Kopfsteinpflaster und den verblichenen Backsteinhäusern lud dazu ein, die Schuhe abzustreifen, den Mantel beiseite zu werfen und zu sagen: »Nun, mein Freund, lass uns über dieses ›Geschäft‹ der Kirchenbesteuerung reden. Doch zuvor – bringt Wein.« Alles, selbst eine wichtige Staatsangelegenheit, war hier ein Gespräch zwischen zwei Freunden. Und deshalb war hier alles möglich.
Catherine und ich standen oft auf der großen Wassertreppe am Ufer des Flusses. Ein Dutzend Laternen flackerten hier, auf dass man nicht bei einem unbedachten Schritt auf den nassen Steinen des Landungskais ausglitt. Immer lagen hier Staatsbarken mit wackeren Wappenschnitzereien am Bug, glänzend von Blattgold, und sie warteten darauf, ihre Herren wieder zu den Prachthäusern am Strand zurückzubringen.
Wir entfernten uns immer ein kleines Stück weit, damit die Bootsleute uns nicht belauschen konnten. Ein mit Ziegeln gepflasterter Fußweg führte am Ufer entlang, und dies war unser Lieblingsgang. Wir folgten ihm bis zum Ende, und dann blieben wir stehen und lauschten dem Plätschern des Wassers. Im Zauber von Lambeth und seiner uralten Leutseligkeit, in der Macht des Maienabends, war nichts unerreichbar. Auch nicht Catherine, mein Weib.
Ich legte den Arm um sie und zog sie an mich. »Ich kann nicht länger warten«, murmelte ich. Der Abend war berauschend gewesen, ein Vorgeschmack dessen, was mich täglich erwarten sollte, wenn mein Privatleben erst neu gestaltet wäre. »Es gibt keinen Grund, zu verschieben, wonach wir uns beide sehnen.«
Sie nickte eifrig und drängte sich an mich.
»Es wird nicht schwierig sein«, beruhigte ich mich laut. »Anna ist nicht meine Frau in den Augen Gottes.«
»Aber in den Augen Cromwells ist
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