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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Schmeichelei. Ich kenne Schmeichelei, und ich entdecke sie noch in einem gemurmelten Satz. Er war ehrlich; er bewunderte mich.
    Aber das Gerinnsel musste bald bemerkt werden. Ich fühlte Schleim in meinem Tanzpantoffel klebrig unter der Fußsohle; der Ausfluss war also in meinem Strumpf nach unten gesickert. Ich musste mich zurückziehen, und zwar rasch.
    »Und jetzt in meine Gemächer«, sagte ich mit theatralischem Augenzwinkern. »Mein Lohn erwartet mich dort!« Ich winkte Catherine, die höflich mit Culpepper plauderte. Um Gottes willen, komm mit mir, hilf mir bei diesem Schauspiel, hätte ich gern gesagt. Aber ich konnte es nicht, denn niemals hätte ich dem Menschen, den ich am meisten beeindrucken wollte, gestehen können, dass es in Wahrheit ein Schauspiel war. Mein Weib war in vieler Hinsicht der Mensch, der mir am fernsten war, und für sie trug ich die kompliziertesten Masken. Jetzt sollte sie mir helfen, diesen Rückzug anzutreten, mein Gesicht zu wahren, aber sie würde mir heute nicht in mein innerstes Gemach folgen dürfen.
    Zusammen verneigten wir uns und lächelten. Dann begaben wir uns würdevollen, gemessenen Schritts zu den königlichen Gemächern, wo der Arzt warten und Hilfe bereithalten würde.
    »Komm, Catherine.« Ich drückte ihre Hand. Aber ich fühlte Widerstand. Sie wollte nicht gehen. »Tu, was ich sage«, murmelte ich und zerrte sie hinter mir her. Ich hasste mich selbst, und doch türmte sich Stück für Stück übereinander: Ich hasste mich für mein entzündetes Bein, dafür, dass ich zu stolz war, ihm nachzugeben, und schließlich für die erbärmliche Notwendigkeit, mein Weib als Tarnung meiner eigenen Schwäche zu benutzen.
    Als wir in den Privaträumen der königlichen Gemächer angelangt waren, bedeutete ich ihr, im Gesellschaftszimmer Platz zu nehmen und still zu warten. Sie war offensichtlich erbost über diesen herrischen Befehl, und dies nötigte mich, sie anzuschreien und Gehorsam zu fordern. Ich hatte keine Zeit für sanfte Worte oder überzeugende Reden. Noch einen Augenblick, und sie würde die unselige Brühe sehen, die in meinem Schuh schwappte.
    »Ich habe gesagt, du sollst hier bleiben und warten!«
    »Du zwingst mich ohne Grund, die jungen Leute und den Tanz zu verlassen! Ich soll hier sitzen und warten wie ein Kind auf seinen Vater …«
    Wahrlich, Satan wollte mich versuchen. Die Worte durchbohrten mich wie Lanzen: die jungen Leute … Vater … Ich hatte sie von ihren Spielkameraden fortgeholt …
    »Still!«, donnerte ich und funkelte sie wütend an. Dann stapfte ich hinaus. Hinterließ der nasse Schuh Spuren auf dem blanken Holzboden?
    Als ich sicher in meinem privaten Kämmerlein saß, dem kleinsten aller königlichen Gemächer, in welches niemand sonst Zutritt hatte, ließ ich mich auf einen Schemel fallen und hob mein leidendes Bein auf ein Polster. Jetzt, da ich es waagerecht ausstreckte, tropfte die Flüssigkeit von der Mitte des Schenkels herunter. Sie war gelblich weiß.
    Dr. Butts kam herein, sein langes Gesicht düster wie das eines Wasserspeiers und ebenso steingrau. Kopfschüttelnd nahm er eine silberne Schere aus seiner Tasche und begann, den Strumpf aufzuschneiden. Langsam und vorsichtig nahm er den deckenden Stoff herunter; er hatte ebenso viel Angst wie ich, zu sehen, was darunter lag.
    Eine große gerötete Fläche war dort zu sehen, als sei das Fleisch erbost und empört. Und in ihrer Mitte saß ein kleines Geschwür.
    »So klein!«, sagte ich überrascht.
    »Aye.« Er berührte das Fleisch ringsherum; es war empfindlich, und ein Pochen war darin. »Aber die Erkrankung hat sich bereits bis hierher ausgebreitet und ihr Feld abgesteckt. Dieses Fleisch ist nicht normal. Es steht im Begriff, verwandelt zu werden.« Er strich mit seinen Fingern langsam nach außen. »Erst von hier an ist alles wie immer. Die Fläche dazwischen« – er deutete auf den roten, heißen runden Fleck – »ist das Schlachtfeld. Die Krankheit will es erringen, und Euer Körper sucht es zu retten.«
    »Aber was ist es? Und was hat bewirkt, dass es in dieser Weise entbrannt ist?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
    »Ihr müsst es wissen! Wenn Ihr es nicht wisst, wer weiß es dann? Habt Ihr so etwas schon einmal gesehen?«
    »Läsionen der Haut, ja. Aber das ist mehr als eine bloße Hautläsion. Es bricht von selbst aus, und es scheint ein Eigenleben zu haben. Offenbar kann es jahrelang in Eurem Körper schlummern und dann plötzlich erwachen.«
    »Aber

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