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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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einer schmerzlichen zu tragen. Manch einer dient dem Bräutigam, aber niemand will den Toten aufbahren.«
    »Ich trauere für Euch, und ich will nur helfen.«
    »Ihr habt Euren Wert wieder und wieder unter Beweis gestellt, aber niemals mehr als heute. So viele haben mir damals geholfen, die Prinzessin von Kleve zu heiraten. Wo sind sie jetzt?«
    »Der Oberste von ihnen ist tot, Euer Gnaden.«
    Er war also nicht nur treu, sondern auch mutig, dachte ich. Nicht einer unter tausend hätte das über die Lippen gebracht, wenngleich es alle gedacht hätten.
    »Cromwell.« Ich lachte ohne Heiterkeit. »Oh, wie hätte er die letzten Tage genossen, wie hätte es ihm gefallen, zu sehen, wie seine Feinde, die Howards, erniedrigt wurden! Zu sehen, wie diese Schlampe mich mit Schmach überschüttete! Mein gerechter Lohn dafür, dass ich sie Cromwells Lady Anna vorgezogen habe.« Cromwell lachte bestimmt – falls man in der Hölle lachen kann. Ich weiß, dass Dämonen kichern und johlen – aber die Verdammten?
    »Niemand, der auch nur ein wenig Herzensgüte besitzt, könnte unter solchen Umständen lachen«, beharrte Cranmer. Weil er selbst diese Herzensgüte besaß, konnte er sich nicht vorstellen, dass sie anderen fehlen sollte.
    »Sie müssen vor Gericht gestellt werden«, sagte ich, und meine Gedanken entfernten sich von Cromwell in seinem Leichentuch. »Erst die Männer, dann Catherine. Wollen sehen, wie sie sich fühlt, wenn Culpepper sie verleugnet. Was er tun wird. Er wird schwören, er habe sie nicht geliebt. Wie wird ihr das gefallen, in aller Öffentlichkeit von dem Geliebten verleugnet zu werden, um dessentwillen sie alles aufgegeben hat? Das wird sie mehr schmerzen als das Schwert, das sie später zu fühlen bekommt. Er wird sie ganz bestimmt verleugnen, wisst Ihr. Er wird sie verleugnen und sich meiner Gnade anheim geben.«
    Ich rieb mir die Stirn. In meinen Schläfen pochte es. »Die Männer müssen ein offenes Gerichtsverfahren bekommen. Jedermann bei Hofe, auch ihre Freunde, sollen dabei sein dürfen. Auch die Ausländer, damit sich die Kunde überall verbreiten kann. Ich will, dass alle Welt weiß, wie schlecht und hinterhältig man mich behandelt hat! Niemand wird mehr denken, ich sei grausam oder blutrünstig, sondern alle werden mit eigenen Augen sehen, wie sehr man mich getäuscht und betrogen hat!«
    Cranmer nickte unglücklich.
    »Macht kein so jämmerliches Gesicht. Das Schlimmste ist vorüber. Es bleiben nur noch juristische Formalitäten.«
    Er verneigte sich.
    Plötzlich fiel mir etwas ein. »Oh, und Cranmer – bringt mir das Original des Briefes, den Catherine an Culpepper schrieb. Ich möchte ihn gern selbst in Gewahrsam haben. Solche Beweisstücke haben die Angewohnheit, kurz vor einem Prozess oder einer Verhandlung zu verschwinden. Wie das Original des päpstlichen Dispens für meine Heirat mit Katharina von Aragon kurz vor der Eröffnung des Legatsgerichtes verschwand und wie meine Briefe an Anne Boleyn verschwanden und im Vatikan wieder auftauchten. Ich werde den Brief der Königin an meinem Körper tragen, sodass einer, der ihn stehlen will, ihn von meinem Busen reißen muss.« Wie man mir mein Weib von meinem Busen gerissen hatte.
    Aber nein – sie hatte mir keiner gestohlen. Sie hatte sich selbst davongestohlen.
    Als ich allein war, setzte ich mich und öffnete das »Geständnis«. Ich las es sehr langsam noch einmal, Wort für Wort, als würde ich diesmal etwas entdecken, was vorher nicht da gewesen war, etwas, wodurch das Ganze aufgehoben und ungeschehen gemacht werden würde.
    Stattdessen fand ich mehr Schmerzliches als zuvor.
    Zum Ersten erlaubte ich, ein kleines Mädchen nur, dem Manox auf seine schmeichelnden und schön klingenden Überredungen … was sich aber mir nicht zu erlauben und ihm nicht zu erbitten geziemte …
    Auch Francis Dereham machte mich durch mancherlei Überredungskunst zu diesem bösen Zwecke gefügig … und gebrauchte mich zu verschiedenen Malen …
    … die Überredungskunst der Jünglinge und die Unwissenheit und Schwachheit der Mägdelein …
    Der ganze Tonfall stank – diese winselnden Versuche, sich selbst zu entschuldigen und alle Schuld den Männern zuzuschieben. Um wie viel geziemender wäre es gewesen, hätte sie für ihre Taten eingestanden und die Verantwortung auf die eigene Schulter genommen! Lieber eine stolze Delila als eine nach Ausreden suchende Eva.
    Und warum hatte sie mich heiraten wollen?
    So blind war ich vom Verlangen nach weltlicher

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