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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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legte. Unvergleichlicher Fürst … nun, die Worte bedeuteten heute etwas anderes.
    Man entschied, das Parlament über den Strafbeschluss gegen die Königin in der Woche darauf beraten zu lassen; ich brauchte dabei nicht zugegen zu sein. Ich konnte meine Zustimmung durch ein königliches Patent unter dem Großsiegel von England erteilen, um mir »den Schmerz und die Pein zu ersparen, nochmals die bösen Fakten des Falles anzuhören«. So kam es, dass Mann und Frau nur als Geister in ihrem eigenen Prozess vertreten waren.
    Es gab drei Lesungen zu dem Strafbeschluss im Parlament: Am einundzwanzigsten Januar, am achtundzwanzigsten Januar und schließlich am achten Februar. Am elften Februar war das Todesurteil gegen die Königin Gesetz.
    Dieses Gesetz umfasste mehr als nur den Hochverrat der Königin. Es enthielt überdies die parlamentarische Sanktionierung des Todesurteils gegen Culpepper und Dereham und des Urteils wegen unterlassener Anzeige, das gegen die Howards gefällt worden war. Es machte es schließlich zu einem Verbrechen, dass eine unkeusche Frau ihren Zustand vor dem König verbarg, wenn dieser die Absicht erkennen ließ, sie zu heiraten.
    Das Letztere machte mich zum Gespött. Witze machten die Runde: Keine Frau im Königreich komme nun mehr infrage; nur eine Witwe könne die Prüfung bestehen; die Zahl derer, die sich um meine Hand bewarben, sei nicht der Rede wert – und so weiter. Hätte mir an diesen Dingen noch etwas gelegen, ich wäre beleidigt gewesen. Aber ich hatte nicht die Absicht, noch einmal zu heiraten. Frauen waren mir zuwider, und ich schätzte mich glücklich, ihrer endlich nicht länger zu bedürfen.
    Je älter ich wurde, desto weniger Bedürfnisse hatte ich. Einst war es mir wichtig gewesen, einen kräftigen Körper und eine schöne Gemahlin zu haben. Beides hatte ich jetzt nicht mehr, und die Möglichkeit, es zu bekommen, war dahin. Reichtümer und schön ausgestattete Paläste hatte ich begehrt, aber nun hatte ich sie, und ich freute mich nicht. Der Bau von Schloss Nonsuch war eine Last, kein Vergnügen, und ich entschied mich unvermittelt, mir die Mühe der Fertigstellung einfach zu ersparen.
    Alles, was ich jetzt noch wollte, war die Achtung und die Liebe meiner Untertanen sowie ein bisschen Gesundheit. Schwindende Bedürfnisse, gleichwohl inständig ersehnt.

    Am zwölften Februar wurde Catherine auf dem Wasserwege von Syon House zum Tower gebracht.
    Ich sah sie, als sie flussaufwärts fuhren, an meinem Fenster zu Whitehall vorbei. Eine trübselige kleine Flotte – das Schiff der Königin zwischen einem Ruderboot voller Herren des Geheimen Rates davor und einer Barke mit dem Herzog von Suffolk und seinen Soldaten dahinter. Catherines Gefährt war mit geschlossenen Vorhängen verhüllt, und – Jesus sei Dank – ich konnte keinen Blick auf sie erhaschen, obwohl ich es versuchte. Die Dunkelheit senkte sich herab, denn ich hatte ihnen verboten, abzulegen, bevor ich sicher war, dass sie an diesem kurzen Winternachmittag die London Bridge erst erreichten, wenn völlige Finsternis sie verbarg. Ich wollte nicht, dass Catherine Derehams und Culpeppers Köpfe sah, die dort auf Stangen zur Schau gestellt waren; ich wusste, dass sie danach Ausschau halten würde, wie ich nach ihr Ausschau gehalten hatte, als sie vorübergefahren war.
    Die Barke hielt vor dem Verrätertor, und Catherine, ganz in Schwarz, wurde über die Wassertreppe zu ihrer Kerkerkammer geleitet. Ihre kurze, kalte Reise war zu Ende.
    Neugierige drängten sich am Landungssteg, und alle gafften sie an. Einer von ihnen schrieb diese Ballade:
    Wie ich da saß, die Augen voller Tränen,
    Und mit den anderen sprach, schien die arme,
    Gebrochene Gestalt der Königin
    Selbst vor den Blick zu treten. Keinen Laut
    Vernahm ich, als ich sie, weiß Gott, sehr spät
    Verließ – nur Weinen über ihren traurig armen Zustand.
    »Zur Königin erwählte mich Fortuna,
    Ich stand in schönster, reinster Blüte meiner Jugend.
    Ich war geschaffen, den Sternen gleich zu strahlen,
    In Glück zu herrschen mit Vergnügen und mit Freude,
    Nichts wünschend, als was Liebe mir könnt’ geben.
    So sehr geliebt, wie keine noch geliebt war,
    Mit meinem königlichen Herrn, der mich
    Ins Wohnzelt seiner Ruhe aufnahm.«
    »Nun weiß ich wohl«, sprach sie, »ihr meine Freunde,
    Die ich zurück euch ließ am Tage meines Untergangs,
    Das mir kein feierlich Begräbnis wird zuteil.
    Doch niemand soll die Kosten meiner Trauer tragen.
    Sorgt nur, dass jemand

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