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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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wie mich das freut!« Und es war die Wahrheit.
    Maria löste sich von mir und fing an, in ihren Noten zu blättern. So viel Ähnlichkeit mit Katharina … ich merkte zu meinem Erstaunen, dass meine zärtlichen Erinnerungen an Katharina zu neuem Leben erwacht waren. Maria war jetzt sechsundzwanzig, eine Frau, vier Jahre älter als mein albernes, falsches Weib. Sie hatte Catherine nie gemocht. Das hatte mich gestört, aber ich hatte es abgetan als den Neid einer alten Jungfer auf ein junges Weib. Indessen hatte Maria offenbar Dinge gesehen, die mir entgangen waren …
    Jetzt kam Edward mit seiner Kinderfrau. Watschelnd kam der Knabe herein, so dick eingewickelt gegen die Kälte, dass er aufgeschwollen war wie ein Mann, der vier Tage im Wasser gelegen hat.
    »Und was möchtest du heute gern tun?«, fragte ich ihn.
    »Er hat ein Hündchen, das er sehr liebt«, begann seine Amme.
    »Ich möchte die Schlange«, sagte er leise.
    »Eine Schlange?«, fragte ich.
    »Er hat sie gesammelt, Eure Majestät«, sagte sie Vergebung heischend. »Im Feld bei Hampton. Er scheint … eine gute Hand für sie zu haben.«
    Er nickte. »Ja. Holt meine Schlangen!«
    Die Amme brachte einen großen Kasten. Jetzt wurde ich neugierig und hob den Deckel. Darunter sah ich viele dunkle Umrisse, die sich aber nicht regten.
    »Sie schlafen jetzt!«, rief Edward aus. »Sie haben keine Augenlider, und wenn sie schlafen, muss es dunkel sein, und dann stecken sie ihre Köpfe unter sich – so.«
    »Er hat einige Eier gefunden«, sagte die Kinderfrau. »Und jetzt versucht er, sie auszubrüten.«
    »Und es wird mir gelingen!«
    »Braver Junge.« Ich schmunzelte. »Es würde mir gefallen, wenn es dir gelingt.« Ich strich ihm über das goldene Haar. Er war so zart. Das Fett vom letzten Herbst war geschmolzen, und jetzt war er strahlend und schlank. Seine Haut war so fein, dass sie zu leuchten schien. »Und was ist mit deinem Hündchen?«
    »Es kümmert ihn wenig«, gab seine Amme zu. »Wie es scheint, zieht er Schlangen den wirklich treuen Tieren vor.«
    Ich zuckte die Achseln. Er war erst vier Jahre alt. Wichtig war, dass es überhaupt etwas gab, was ihn fesselte.
    Maria ließ sich mit ihren Musikinstrumenten nieder, und Edward spielte mit seinen Schlangen, als Elisabeth eintraf.
    »Meine Lady Elisabeth«, sagte ich. »Und was bringst du?«
    Keuchend kam sie herein und zog eine große Schachtel hinter sich her, die sie seufzend fallen ließ. »Was ich brauche, um Valentinsgrüße zu verschicken. Rotes und weißes Papier, und zwei Bücher mit Gedichten.« Sie riss sich die Pelzmütze herunter. »Morgen ist Valentinstag.«
    St. Valentin! Gütiger Jesus! So würde ich am Valentinstag ein frisch gebackener Witwer sein, und mein Liebchen just geköpft! Wie passend.
    »Wem willst du sie schicken? Und hast du auch schon einen bekommen?« Ich musste auf einer kindlichen Ebene bleiben.
    »Vielleicht«, sagte sie. »Aber ich muss meine Botschaften verschlüsseln, wenn ich meinen Stolz nicht opfern will.«
    Sie war klug. Wollte ihre Klugheit nur erhalten bleiben, wenn sie zum Weibe heranwüchse, und nicht vor dem Ausdruck im Auge eines Mannes zerstieben.
    »So lasst euch nun nieder, und wir wollen den ganzen Tag lang tun, was uns gefällt! Und zum Essen bekommt ihr alle eure Leibspeisen – ob sie gesund sind oder nicht, ob sie zusammenpassen oder nicht.« Ich hatte mir große Mühe gegeben, ihre Lieblingsgerichte in Erfahrung zu bringen.
    »Und Ihr, Vater?«, fragte Elisabeth. »Was werdet Ihr tun? Was ist Eure Lieblingsbeschäftigung?«
    Die Musik. Mehr als alles andere die Musik. »Ich werde eine neue Ballade komponieren. Und ich werde mich zwingen, bis zum Abend fertig zu sein. Dann werde ich sie vorspielen.«
    Wir begannen unser Tun, und die Sonne stieg empor und schien ins Zimmer.
    Die Kanone erscholl am Tower. Der Schuss war kaum zu hören; mitten im Winter waren die Fenster fest geschlossen und die Ritzen zum Schutz gegen die Kälte mit Lammwolle verstopft. Marias Musik übertönte fast alles.
    Elisabeth stand auf und legte ihre roten Ausschneidebögen beiseite. »Was war das?«, fragte sie leise und legte mir eine Hand auf den Arm.
    Ich sah ihr in die Augen. »Das war die Kanone«, sagte ich. »Sie hat verkündet, die Königin ist tot.«
    Die Königin war tot. Catherines Kopf war gefallen.
    »Ich werde niemals heiraten!«, rief Elisabeth.
    Die anderen blickten auf – Maria zu alt, um zu reagieren, Edward zu jung.
    »Elisabeth.« Ich streckte die Hand nach

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