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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Kardinal Fishers, die Verbrennung der Kartäuser.«
    Ich streichelte die geschnitzten Knäufe an den Enden der Armlehnen. Ja, zu viel, als dass er es hätte durchgehen lassen können. Ich hätte es nicht durchgehen lassen. Auch sonst niemand, der einen solchen Anspruch erhob. »Ich verstehe.«
    »Es soll ein Generalkonzil stattfinden.«
    »Neun Jahre zu spät. Ich habe den Papst 1533 um eines angefleht. Mein Flehen wurde ignoriert.«
    »Aber jetzt gibt es eins. In Mantua, wo der Arm des Kaisers nicht hinreicht. Es war ein inspirierter Vorschlag, eines abzuhalten, und der Heilige Vater wird Eure Weitsicht ohne Zweifel anerkennen. Es gibt so viel zu erwägen …«
    »Ja, wie man das Abgleiten Europas in den Protestantismus verhindern will! Aber dazu ist es zu spät.«
    »Ihr werdet in der Lage sein, Eure Bedingungen vorzutragen.« Seine Stimme klang trocken und leidenschaftslos. »Ihr seid rebellisch nicht in Eurer Lehre, sondern nur in Eurem Titel. Eine Versöhnung zwischen Euch und dem Heiligen Vater wäre ihm sehr viel wert. Er braucht Verbündete.«
    »Er hat Franz und Karl.« Ich ließ sein Angebot von mir abprallen – denn ein Angebot war es.
    Und, oh!, es lockte mich, die Anerkennung Roms zu haben, meine hart erkämpften Titel mit seinem Einverständnis zu tragen …
    »Unbeständige, wankelmütige Narren«, antwortete er verachtungsvoll. »Sie sind keine Männer, wie Ihr einer wart: unverrückbar fest inmitten von Versuchungen allerseits. Nein, sie sind Männer der Stunde, Männer des Tages …«
    »Nicht Männer des Lichts? Ich fürchte, niemand von uns kann diesen Titel beanspruchen. Nein, nein … wenn Rom und ich uns die Hände reichen sollen, müssen Euer Herr und ich in verschiedenen Dingen einig werden, von denen sich keines der Not oder dem Augenblick gehorchend klären lässt. Ich gestatte keine Einmischung, und Euer Herr besteht darauf, dass man sich ihm unterordne, und darin sind wir uneins, und zwar in höchstem Maße uneins. Sagt ihm, ich werde ihm dienen, wenn er meine Souveränität in England in allen Aspekten anerkennt.«
    Das würde er niemals zulassen. Mit weniger würde ich mich nicht abfinden. Der Gesandte verbeugte sich und ging.

    Als ich an diesem Abend mürrisch zusammengesunken vor dem Feuer saß und meine Neunaugen mir schwer im Magen lagen, musste ich über das nachdenken, was mir der schottische Gesandte gesagt hatte.
    Stimmte es denn, dass die beiden Länder sich niemals würden vereinigen lassen? Ich hatte immer angenommen, dass es eines Tages geschehen würde. Es erschien mir natürlich. Im Hinterkopf hatte ich eines meiner Kinder bereits mit einem von James’ Sprösslingen verheiratet. Aber mein Vater hatte den gleichen Plan verfolgt, und er hatte keine Früchte getragen.
    Woraus bestand denn ein Land? Daraus, dass seine Bewohner alle von gleicher Natur waren? Aber die Normannen und die Sachsen waren nicht von gleicher Natur. Nach diesem Kriterium hätten sie niemals verschmelzen und zusammen England bilden dürfen. Die Kelten – waren sie wirklich nicht zu absorbieren, wie ihr Sprecher es behauptet hatte? Würde Wales niemals wirklich ein Teil Englands werden? Und wie stand es mit den Iren? Irgendwann wollte ich nämlich auch diese Insel zu meinem Reich holen.
    Wenn ich mich jemals wieder anständig fühlen würde … wenn dieses verfluchte Bein je heilen würde …
    Aber wartete man denn mit der Erfüllung seiner Pläne, bis man sich »anständig« fühlte? Ordnete man sein Leben nach seinem Bein? Oder schritt man voran, ungeachtet seines persönlichen Befindens?
    Mein pochender Kopfschmerz war zurückgekehrt, und mit ihm die Verwirrtheit …
    Ich hasste die Verwirrtheit, hasste sie mehr als jeden Schmerz, den ich erdulden musste. Die Verwirrtheit war mein Feind, mein wirklicher Feind. Sie warf mich aus dem Sattel wie ein Herausforderer in einem Turnier …
    Aber ich würde gegen sie kämpfen. Zum allerwenigsten würde ich sie verbergen. Niemand durfte davon wissen.
    Jetzt würde ich mich zu Bett begeben. Und ich würde keinen Kammerdiener, keinen Stubenknecht rufen. Sie würden meine Schwäche sonst womöglich wittern, würden hören, wie ich nach einer Kerze rief und eine Pelzdecke meinte.

CXV
    I m Laufe des Frühlings ließ meine Reue nach, und meine Verwirrtheit nahm zu. Die Geister erstarben. Ich hörte die Schreie vor meiner Kammertür nicht mehr, und aus den Speisen rann kein klumpiges Blut. Meine Erinnerungen an Catherine, an ihr körperliches Wesen, begannen

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