Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Titel: Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
Vom Netzwerk:
grün. Sie fuhr los, fand eine Lücke am Straßenrand und blieb stehen. Daniel hatte sich in ihr Leben gedrängt und glaubte jetzt, er gehörte dazu. Sie konnte ihm antworten, dass er sich verpissen sollte, aber eine SMS verschaffte ihr noch keine Genugtuung. Sie wählte seine Nummer, atmete tief durch und wartete, bis er dranging.
    »Hey.«
    Seine Stimme klang tief und freundlich, mitfühlend. Jetzt wurde ihr klar, wie er es angestellt hatte. Er verkörperte alles, was sie brauchte. Er war fürsorglich, beschützend und er unterstützte sie. Nichts als Betrug. Nur Lügen. Eine Masche, damit er auf ihre Kosten bekam, was er wollte. Und sie hatte bereitwillig dafür gelöhnt. Nicht nur mit ihren Freunden, Cam und ihrem Vater. Sie hatte ihm vertraut, ihm die Tür geöffnet, die sie fest zugeschlagen und versperrt hatte, hatte ihn hereingelassen und geglaubt, er wollte sie beschützen. Dabei hatte er sie nur noch mehr verletzt.
    Sie hätte ihn am liebsten angeschrien, doch das tat sie nicht. Er brauchte jemanden, den er retten konnte. Sie wollte Vergeltung – und Rache war nichts, was man retten konnte. Gelassen sagte sie: »Hey, Daniel.«
    »Bist du zu Hause? Soll ich deinen Garten kontrollieren?«
    »Nein. Ich bin unterwegs.« Und du hast bei mir nichts verloren.
    »Wo bist du?«
    Er wusste vermutlich, dass sie im Krankenhaus gewesen und wegen ihres Vaters total ausgeflippt war. Wollte er das hören? »Im Auto.«
    Er zögerte. »Alles in Ordnung?«
    »Alles ist …«, im Arsch, du Schwein, hätte sie am liebsten geschrien. Aber das stimmte nicht ganz, oder? Das wusste sie jetzt. Endlich bekam das Ganze für sie ein Gesicht. Es war nicht das Gesicht, das sie erwartet oder das sie sich gewünscht hätte, doch immerhin war es ein Gesicht. Wissen war Macht – und zum ersten Mal seit eineinhalb Wochen wirkte es wie ein Schritt nach vorne. Sie wusste Bescheid, er nicht. Er glaubte immer noch, er würde das Spiel bestimmen. Er wusste nicht, dass sich die Regeln geändert hatten. »Alles in Ordnung, Daniel.«
    »Hör zu, ich weiß, es ist spät, lass mich erklären, was heute Morgen passiert ist und warum ich einfach abgehauen bin. Können wir reden?«
    Wollte sie mit ihm reden? Rachel hatte ihr geraten, sich von ihm fernzuhalten, doch sie hatte das Versteckspiel satt. Sie wollte, dass er ihren Sohn und ihren Vater in Ruhe ließ. Wollte nach neun Tagen endlich ihrer Angst und ihrer Wut Luft machen und ihre Botschaft loswerden. »Wo bist du?«
    »Ich fahre schnell zum Büro und hole Werkzeug, ich bin ungefähr zehn Minuten entfernt.«
    So wie sie. Sie blickte kurz in den Rückspiegel. Folgte er ihr etwa? Folgte er ihr schon den ganzen Tag – hatte er ihren Dad belästigt und dann sie beobachtet, um zu sehen, wie sie reagierte? Doch hinter ihr war niemand.
    »Hast du schon gegessen?«, fragte er. »Ich könnte was holen, wenn ich fertig bin.«
    Er wollte sie unbedingt sehen. Vielleicht ging sie ja darauf ein – aber nicht zu seinen Bedingungen. Er würde sich nicht noch einmal ihrem Haus nähern, und seine Wohnung war feindliches Gebiet. Die Park Street war ein öffentlicher Ort an einer Hauptstraße. »Treffen wir uns im Büro.«
    »Bist du sicher, dass du dorthin willst?«
    »Es liegt auf meinem Weg.«
    Liv fuhr zwei Häuserblöcke weiter am Büro vorbei und fluchte jedes Mal, wenn sie an einer Ampel halten musste. Wo zum Teufel war er? Sie bog nach links ab und fuhr wieder zur Park Street zurück. Es war acht Uhr, immer noch parkten zahlreiche Autos am Straßenrand. Vermutlich Menschen, die in Cafés saßen oder in der Nachtapotheke etwas besorgen wollten. Aber nirgends stand ein dunkler Vierradantrieb. Sie blieb vor dem Gebäude stehen und spähte durch die Eingangstür. Drinnen brannte kein Licht. Konnte man von hier das Licht in seinem Büro sehen? Sie ließ ihre Blicke auf die andere Straßenseite schweifen. Beobachtete er sie von irgendeiner günstigen Position aus?
    Er hatte von zehn Minuten gesprochen. Das war vor etwa einer Viertelstunde gewesen. Vielleicht war er doch weiter weg gewesen, als er angenommen hatte. Oder vielleicht war er im Parkhaus, weil ihm ihr Ton missfallen und er beschlossen hatte, jemand anderem, den sie liebte, etwas anzutun.
    Wut stieg in ihr auf. Wem konnte er noch etwas antun? Heute Abend? Sie dachte an Kelly, Jason und die Mädchen und umklammerte das Lenkrad. Würde er zu ihrem Haus fahren? Was konnte er um acht Uhr abends ausrichten? Feuer legen, in ihr Haus eindringen, Waffen, Messer.

Weitere Kostenlose Bücher