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Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)

Titel: Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
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gesagt, »nur dass ihr es wisst, die Rowdys sind wieder unterwegs. Denkt dran, ich bringe euch gerne raus, wenn es spät wird.« Hatte er die Lampen kaputt gemacht, damit die »Damen« auch tatsächlich »Hilfe« brauchten?
    Sie versuchte zu lächeln. »Du hast großartige Arbeit geleistet. Ich wusste gar nicht, wie viel Arbeit darin steckte. Das tut mir leid.«
    Er schüttelte traurig den Kopf. »Livia, ich glaube nicht, dass du den Ernst der Lage begriffen hast.«
    »Ray, ich bin an einen Stuhl gefesselt. Ich habe schon verstanden, wie ernst es ist.«
    »Nein, das glaube ich nicht. Mein Job ist es, euch alle zu beschützen.«
    »Teagan hast du nicht beschützt.«
    »Teagan gehörte nicht zu euch. Sie war erst drei Monate da.«
    Schuldgefühle und Wut verliehen ihrer Stimme etwas Hartes. »Sie hat für mich gearbeitet. Ich war für sie verantwortlich. Und wenn du für mich verantwortlich bist, bist du es auch für sie, und du hast sie nicht beschützt.«
    »Sie hat meinen Job nicht kapiert.«
    »Ray, ich weiß noch nicht mal, ob ich ihn begreife. Vielleicht kannst du mir erklären, was es bedeutet, Leute zu beschützen, wenn man dann einen Teenager vom Parkdeck stößt.«
    Er legte den Kopf schief und sah ihr lange forschend ins Gesicht, dann kniff er die Augen zusammen, als könnte er ihre Gedanken lesen. Sein Mund zuckte unzufrieden, dann drehte er sich um, ging wieder den Gang entlang und löste mit einem geübten Handgriff die Nagelpistole aus seinem Gürtel. Er hielt sie Daniel an die Schulter und feuerte ab.
    Das Geräusch ließ sie aufschreien. Der erstickte Schmerzensschrei, der aus Daniels Mund drang, trieb ihr die Tränen in die Augen. »O Gott, nein. Lass ihn in Ruhe.«
    Blut sickerte durch Daniels T-Shirt und breitete sich schnell kreisförmig aus.
    Die Worte schossen ihr aus dem Mund. »Du bist doch total irre!«
    Ray verzog sein zuvor noch friedliches Gesicht zu einer wütenden Grimasse. Er rannte zu ihr. Was hatte sie da getan? Er blieb schnaufend vor ihr stehen, hielt die Nagelpistole neben sich und grinste böse.
    Eine innere Stimme riet ihr zusammenzuzucken und verängstigt dreinzuschauen und ihm zu geben, was er wollte. Doch das konnte sie nicht. Es lag ihr nicht. Das wusste sie jetzt. Sie hatte nicht all die Monate dafür gekämpft, auf den Beinen zu bleiben, um irgendwann am Ende des verdammten Tunnels zu stehen. Sie war die Tochter ihres Vaters. Sie konnte nicht anders, sie musste kämpfen. Doch in diesem Kampf gab es keine Fäuste.
    Sie sah ihn an. »Was willst du, Ray? Mir einen verdammten Nagel in die Schulter jagen? Das hättest du schon vor einer Woche tun sollen. Warum zum Teufel hast du das nicht getan? Warum hast du mir nichts getan? Sheridan und Teagan haben dir nichts getan.«
    »Du warst trotzig. Du wolltest unabhängig sein und meinen Schutz nicht annehmen, das konnte ich nicht zulassen. Du musstest begreifen, dass die Welt draußen nicht sicher ist.«
    »Sie ist sicher. Du hast sie unsicher gemacht.«
    Er runzelte die Stirn. »Ich dachte, du hättest es jetzt begriffen, ich dachte, du bist deshalb hierher zurückgekommen.«
    Er bewegte die Waffe in seiner Hand. Nur ein bisschen, um sie besser halten zu können, doch das reichte, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Du hast nichts daraus gelernt, nicht wahr, Livia?«
    Sie schwieg. Würde eine falsche Antwort einen Nagel in ihre Schulter jagen?
    Sein Blick wirkte verwirrt, sein Mund war verkniffen. Eine Schweißperle rann seine Schläfe herab. »Nein, ich glaube nicht, dass du was verstanden hast«, beschloss er. Plötzlich drehte er sich um, schloss die Tür der kieferorthopädischen Praxis auf und verschwand drinnen.
    Ein Stück weiter den Gang entlang sah Liv Blut, das von Daniels Ärmel tropfte, er hatte sein verletztes Bein vor sich ausgestreckt und den Kopf an die Wand gelehnt – und er sah sie an. Schmerz, Wut, Enttäuschung und Hilflosigkeit lagen in seinem Blick.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie, heiße Tränen rannen ihre Wangen herab.
    Er saß regungslos da, gab keinen Ton von sich. Sah sie nur an. Was sah er?
    »Hier, ich glaube, das wird dir gefallen.« Ray war zurück und hielt ein Handy in der Hand. Er hielt ihr das Display hin. »Schönes Bild von euch beiden, findest du nicht?«
    Sie brauchte einen Augenblick und musste sich konzentrieren. Dann hatte sie das Gefühl, als habe Ray ihr den Schraubenzieher durchs Herz gestoßen.
    Es war ein Foto von Cameron und Liv, wie sie Händchen haltend von der Schule kamen.

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