Ich kann dich sehen: Thriller (German Edition)
Füßen. Du hast eine Tonne Stilettos in Männergröße im Schrank«, sagte er.
»Willst du andeuten, dass ich zu große Füße habe?«
»Besser große Füße als einen dicken Hintern.«
»Hey, sag Bescheid, wenn du dir welche ausleihen willst. Vielleicht möchtest du mal ein wenig größer wirken.«
Am Fuß der Treppe blieb er stehen und sah aus, als würde er gleich noch einen kurzen Witz reißen, doch dann sah er ihr nur schweigend zu, wie sie die Treppe herunterkam.
»Danke, Jase. Für heute Morgen und die Hauskontrolle.« Herrgott, gleich würde er gehen. »Möchtest du noch ein bisschen bleiben? Auf einen Kaffee oder so?«
Er zögerte und starrte sie an. Sie senkte den Blick und schämte sich, weil sie ihre Verzweiflung nicht unterdrücken konnte. Doch besser hilfsbedürftig als alleine.
»Ich dachte schon, du würdest nie fragen«, antwortete er schließlich.
Sie gingen in die Küche, er setzte sich an den Tresen, und sie machte Kaffee. »Kann ich auch was tun?«
»Jase, rede einfach mit mir. Mach keine seltsamen Geräusche, sondern sag einfach was Nettes, woran ich denken kann, wenn du wieder weg bist.«
Er schwieg so lange, dass sie aufsah, während sie das Kaffeepulver in die Kanne löffelte. Sein Blick ruhte auf seinen Händen, er knibbelte mit seinem Daumennagel an einem Finger. Das Kaffeewasser kochte, der Kessel stellte sich ab.
»Nur keinen Stress«, sagte Liv.
Er hob die Augen und holte Luft. Er wollte ihr etwas sagen. Etwas Wichtiges. Dann klingelte ihr Handy.
»Nicht vergessen, was du sagen wolltest, ich will es hören«, sagte sie und zog das Handy aus der Tasche. »Hi, Kell.«
»Jason hat mir das von gestern erzählt, alles in Ordnung?«
Erschöpft, beunruhigt, ängstlich, stinksauer. »Es geht schon.«
»Ich habe gerade die Mädchen zu einem Fest gebracht. Ich könnte kurz bei dir vorbeischauen, wenn du willst.«
»Ja, gern. Bis gleich.« Liv legte auf und starrte auf das Handy, ihr Katastrophenzähler bewegte sich im roten Bereich. Auf der anderen Seite des Tresens stand Jason. »Oh, tut mir leid, Jase. Ich, äh … Was wolltest du sagen?«
»Ein anderes Mal. Wenn du und Kelly es überstanden habt. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.«
Sie griff nach seinem Arm, als er sich wegdrehen und gehen wollte. »Du weißt, was los ist, nicht wahr?«
Er blickte auf ihre Hand an seinem Ärmel. »Kelly wird gleich da sein.«
»Dann bleib doch noch, bis sie hier ist. Trink deinen Kaffee. Rede mit mir.«
Er schob ihre Hand von seinem Arm weg und hielt sie fest. »Das können wir auch ein anderes Mal tun.«
Sie sahen beide zur Tür, als ein Wagen die Einfahrt entlangfuhr.
»Der Zeitpunkt ist ungünstig, Liv. Ich muss jetzt gehen«, sagte Jason.
Sie runzelte die Stirn hinter seinem Rücken, als er zur Tür ging. Ungünstiger Zeitpunkt? Sie dachte, dass sie über das Geschäft gesprochen hatten, aber nun war sie sich nicht mehr sicher. Doch wozu noch Jason fragen, wenn Kelly ihr ohnehin gleich alles erklären würde.
Kelly wollte gerade klopfen, als Jason die Tür aufmachte. Erstaunt hob sie die Augenbrauen. »Oh, hallo. Ich dachte, du würdest bereits durch die Supermarktgänge schwirren.«
»Liv wollte, dass ich das Haus überprüfe. Ich gehe jetzt und lass euch reden.« Er blickte über seine Schulter direkt in Livs Augen. Es wirkte irgendwie verstohlen, nicht aufmunternd. Was zum Teufel wollte er ihr sagen? Etwas, das er Kelly nicht erzählen wollte, so viel war sicher.
Kelly plauderte unverbindlich, während Liv ihr den Kaffee einschenkte, den sie für Jason gemacht hatte. Die Stimmung zwischen ihnen war angespannt, sie schienen beide verlegen, das war sonst nie zwischen ihnen der Fall. Es machte Liv nervös. Sie hatte angenommen, dass Kelly mit ihr über das Geschäft reden wollte, aber nun … Doch vielleicht maß sie allem zu viel Bedeutung bei. Egal, sie wollte es hinter sich bringen. Sie reichte Kelly eine Tasse und sagte dann: »Was ist los?«
»Setzen wir uns.«
Eine ungute Vorahnung beschlich Liv. Sie folgte Kelly ins Wohnzimmer, wartete, bis sie Platz genommen hatte, und setzte sich dann neben sie. Kelly nippte am Kaffee, warf das Haar über die Schulter zurück und schlug die Beine übereinander.
Liv hatte das Warten satt. »Geht es um Neils Bericht?«
Kelly sah betreten drein. »Ich wollte nicht ausgerechnet jetzt mit dir darüber reden. Du hast diese Woche schon genug, woran du denken musst, aber …«
»Sag mir einfach, was er gesagt hat.«
»Es ist nicht
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