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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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oder Fragen stellen. Es war schrecklich.
    Sie schüttelt den Kopf. »Ich fühlte mich einfach wie ich – alles war wie immer, abgesehen davon, dass es zwei Stunden dauerte, um mich anzuziehen, und ich am nächsten Morgen alle möglichen Idioten am Hals hatte. Ich kam mir wie ein Trottel vor in manchen von diesen Outfits. Und ich sah auch aus wie einer. Oder wie eine Transe.« Sie schüttelt entschlossen den Kopf. »Lieber bleibe ich alleine.«
    Sie presst die Lippen zusammen, und ich weiß, dass ich nicht mehr aus ihr herausbekommen werde. Sie erzählt mir nie, inwieweit das zurückgezogene Leben, das sie nun führt, mit ihren Panikattacken zusammenhängt und ihrer Angst, angeschaut zu werden. Ich weiß nicht, wer erbärmlicher ist – ich, die ich die ganze Zeit in der Bude hocke, wenn ich nicht arbeiten muss, oder sie, die ihr Bestes versucht hat, um das Leben zu führen, das Chloe vielleicht gehabt hätte, und einsehen musste, dass sie nicht dafür gemacht ist.

21
    Nach der Auseinandersetzung mit Chloe und Emma vor der Bücherei in der Mittagspause mied ich die Flure und redete den ganzen Tag mit niemandem ein Wort. Ich schwänzte sogar die Nachmittagsregistrierung, weil ich es nicht ertragen konnte, zu sehen, wie eng sie zusammengluckten – während sie sich gegenseitig aufstachelten, um mich zu ärgern.
    Es war wegen Carl. Weil er es bei mir versucht hatte. Chloe mochte so tun, als wäre es ihr egal, und Emma mochte so tun, als wäre es das Schockierendste, was jemals jemand gesagt hatte – aber die beiden waren schlicht eifersüchtig. Eifersüchtig. Ich ging nach Hause und fing an, mir zu wünschen, dass ich mich auf seine Avancen eingelassen hätte – nur, um es ihr zu zeigen. Ich stellte mir vor, dass ich diejenige war, die er in die Sozialwohnung mitnahm, in der er mit seiner Mutter lebte. Dass ich mit ihr Tee trank und dann, nachdem sie in ihrem Fernsehsessel eingeschlafen war, nach oben geführt wurde, um die neue und fertiggestellte Dunkelkammer zu inspizieren. Ich stand nicht auf Carl, aber selbst ich erkannte die Vorteile darin, einen Freund zu haben, der älter war und einen eigenen Wagen hatte. Mit ihm war mehr drin als nur Schule und Spaziergänge durch den Park. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er in seine Hände furzte und so tat, als würde er den Furz nach mir werfen, was die Jungs in der Schule oft machten. Sein Job war nichts Besonderes, aber er hatte Projekte, die ihn interessant machten – wie das Fotografieren.
    Dann erinnerte ich mich wieder an den Kuss, das Gefühl seines Speichels, der auf meinem Mund trocknete, als ich aus dem Wagen floh und weglief. Wie konnte Chloe das ertragen? Stimmte was nicht mit mir, weil ich das nicht mochte? Als ich in meine Straße bog, fing ich an zu trödeln, in Gedanken beim Abendessen, und hoffte und hoffte nicht, dass es keine Pommes gab, weil Chloe Bemerkungen über die Pickel auf meiner Stirn und über meinen Schulrock gemacht hatte, dessen Bund Falten warf und kniff. Ich schob die Hand unter die Jacke und zog den Gummibund weg von meiner Haut. Als ich am Nachmittag auf der Toilette war, hatte ich bemerkt, dass er rote, geriffelte Druckstellen auf meinem Bauch hinterließ. Sie sahen aus wie die Zähne eines Reißverschlusses, um meine Taille herum. Ich dachte darüber nach, wie es sein würde, wenn die Menschen tatsächlich einen Reißverschluss um ihre Taille hätten. Dabei musste ich an Kängurus denken und überlegte mir Situationen, in denen es nützlich sein konnte, sich in zwei Hälften zu teilen. Ich runzelte die Stirn über meine eigenen dummen Gedanken und nahm die Finger von der feuchten Haut an meiner Taille. Ich sah den Streifenwagen vor unserem Haus. Ich blieb mitten auf dem Gehweg stehen und machte dann rasch einen Schritt zur Seite. Die herunterbaumelnden Zweige der Ligusterhecke krümmten sich an meiner Schulter und bohrten mir seitlich ins Gesicht.
    Ich starrte auf den Streifenwagen. Er war gekommen und parkte direkt vor unserem Haus, wie Carl prophezeit hatte. Zwei Polizisten saßen jetzt auf der dreiteiligen Couchgarnitur meiner Mutter in knarzenden, nicht besonders bequemen Uniformen, und Barbara war so durcheinander, dass sie nicht einmal die Chance gehabt hatte, »Donald zu beseitigen«.
    Ich war in Schwierigkeiten. In den größten Schwierigkeiten, die ich je hatte, in meinem ganzen Leben. Ich fragte mich, wie sie Wilson gefunden hatten. Ich stellte mir das Geräusch vor, als sie das Eis auf dem Weiher aufbrachen und in

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