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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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Zum Qualmen.
    »Ich weiß, dass du dich noch mit Carl triffst. Tu nicht so, als wäre das nicht der Fall.«
    Chloe kehrte mir rasch den Rücken zu und schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr Pferdeschwanz seitlich gegen ihren Hals schlug.
    »Tu ich nicht«, widersprach sie mit einer seltsamen, gedämpften Stimme. Wenn sie log, ließ sie einen normalerweise gerne merken, dass sie log. Nicht dass es ein großes Geheimnis zu hüten gab, aber dass irgendwas im Busch und man selbst nicht wirklich wichtig genug war, um eingeweiht zu werden. Oder sie rückte einfach nicht mit der Sprache heraus, um das Vergnügen, ausgefragt zu werden, möglichst in die Länge zu ziehen.
    »Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben«, sagte sie, und es klang, als hätte sie etwas im Mund.
    Meine Hände waren nun nicht mehr nur kalt, sondern wund und inzwischen auch taub. Die Haut an meinen Fingern fühlte sich an wie Gummi – als gehörte sie gar nicht mehr zu mir. Während ich mich fragte, wie es wohl war, sich am ganzen Körper so zu fühlen – selbst an der Zunge und in den Augen – , fing mein warmes Blut an, in meine Finger zurückzukriechen, und sie begannen zu schmerzen. Das schien wichtiger – die Schmerzen in meinen Fingern – als die Unterhaltung, die ich mit Chloe zu führen versuchte.
    »Ich weiß, dass du ihn triffst«, sagte ich. »Du laberst Scheiße.«
    »Was?« Chloe blies den Rauch gegen die vereisten Glasscheiben, woraufhin ein kleiner Kreis schmolz. Sie beobachtete, wie der Qualm von der Oberfläche abprallte, und mied meinen Blick. Ihre Augen sahen verschlagen aus, verengt. Ich konnte sehen, dass die Wimpern ihre Wangen streiften – verklumpt von billiger Mascara.
    »Was weißt du?«, fragte sie, aber als sie sich umdrehte und mich ansah, war ihr Gesicht rot.
    »Du warst die ganze Nacht bei ihm«, sagte ich.
    »Nein, war ich nicht«, entgegnete sie. Normalerweise war es ihr egal, ob ich ihr glaubte oder nicht, und normalerweise störte mich das nicht besonders. Aber diesmal schüttelte sie den Kopf und widersprach energisch.
    »Ich glaube schon. Du warst nachts mit ihm in seinem Wagen unterwegs. Ihr wart im Wald.«
    Ich stieß eine eigene Rauchwolke aus. Versuchte keinen Ring.
    »Nein.«
    »Deine Mutter denkt, du hast bei mir übernachtet«, sagte ich. »Um mir Gesellschaft zu leisten. Um mich zu trösten.«
    Ich konnte sie riechen. Nach dem Duschen hatte sie sich frisch parfümiert und geschminkt, aber die alten Klamotten angezogen. Sie roch nach Hefe und muffig – nach schmutziger Unterwäsche und nach Trockenschrank und Badmatten, übertüncht mit einer beißenden Wolke White Musk. Es war echt seltsam. Chloe war eigentlich besessen von Klamotten und Hygiene.
    »Also schön«, sagte sie und bohrte die Zigarettenkippe mit der Schuhspitze in den Kies. »Ich war nachts draußen. Und?«
    Ich holte eine Packung Pfefferminz aus meiner Tasche. Es waren nur zwei übrig, beide zerbrochen.
    »Nimm eins«, sagte ich. »Du kannst mit mir über alles reden.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Davon wird mir übel«, sagte sie. »Mir egal, wenn sie den Qualm an mir riecht.«
    »Ich bin deine beste Freundin, oder?«, sagte ich und streckte ihr immer noch die Pastillen entgegen.
    Sie lächelte und nahm eine, um mich zufriedenzustellen, steckte sie in den Mund, wobei ich den Zahnstein an ihren Zähnen sehen konnte, und lutschte eifrig, sodass ihre Wangen einfielen und ihre Augen hervortraten, als wollte sie mich zum Lachen bringen.
    »Beste Freundinnen«, sagte sie. »Aber es gibt nichts zu erzählen.«
    »Wo bist du nachts gewesen?«
    »Natürlich bei Carl«, antwortete sie leichthin.
    »Das kann nicht sein«, widersprach ich. »Wegen seiner Mutter. Er hätte dich nie mit nach Hause genommen.«
    »Seine Mutter ist krank«, sagte Chloe. »Sie kriegt nichts mit. Carl hat das Fenster im Abstellraum mit einem Holzbrett vernagelt, und sie hat es nicht einmal bemerkt.«
    »Die Dunkelkammer?«
    Chloe lächelte. »Fast fertig. Ich habe ihm geholfen.«
    »Mitten in der Nacht?«
    Sie zuckte mit den Achseln und lächelte mich an. »Du wirst sie bald sehen. Komm schon«, sagte sie. »Es ist viel zu kalt. Lass uns reingehen.«
    Chloe und ich durchquerten den Garten, ohne zu reden, lutschten unser Pfefferminz und marschierten an dem Eis vorbei – die abgebrochenen Kanten und dreieckigen Formen schmolzen zu Klumpen an den Stellen, wo ich das Salz gestreut hatte. Wir gingen in die Küche. Sie stellte sich an die Anrichte und fing an, Nüsse und

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