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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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scheibchenweise grauer Himmel und Rinnsale von Regen.
    »Sie hat ihn geliebt«, antwortete ich, »mehr als jeden anderen. Mehr als ihre Familie und ihre Freundinnen. Sie hat mir einmal gesagt, er wäre ihr Seelenverwandter. Er hat ihr ein Glücksarmband geschenkt.«
    Es gab ein kurzes Schweigen, dann, weit entfernt, das gedämpfte Echo der Klingel und das Stampfen und Rufen, als die Schüler in die Gänge hinausgelassen wurden. Die Polizistin – ich glaube, ihr Name war Alison – drehte sich weg und beugte sich über die Rückenlehne ihres Stuhls. Wir warteten. Wir gewöhnten uns allmählich an das Warten. Sie raschelte leise in einem Karton, und einen Moment später drehte sie sich wieder zu uns und legte eine durchsichtige Plastiktüte auf den Tisch. Eine wiederverschließbare Plastiktüte, auf die mit rotem Filzstift eine Reihe von Zahlen und Buchstaben geschrieben war. Die letzten drei Zahlen waren verschmiert – jemand hatte die Tüte angefasst, bevor die Schrift trocken war. Neben mir stieß Emma ein Lachen aus – ein plötzliches, ersticktes Geräusch.
    »Ja, das ist ihr Armband«, sagte sie. »Das hat er ihr geschenkt.«
    Alison starrte sie eine Sekunde lang an, dann ließ sie die Tüte zu mir herübergleiten. Ich nickte, ohne daraufzublicken.
    »Er hat sie also geliebt. Er hat ihr Geschenke gemacht. War sie glücklich?« Ich saß so dicht neben Emma, dass ich das schnalzende Geräusch in ihrer Kehle hören konnte. Sie sagte nichts.
    »Ja«, ich nickte wieder, »sehr glücklich. Sie hatte Carl, und sie hatte ihre Freundinnen.«
    »Die beiden waren ein sehr romantisches Paar«, fügte Emma hinzu. »Sie hielten gerne Händchen.«
    »Und wie ging es ihr, als ihre Mutter ihr verbot, Carl zu sehen? Wie ging es ihr damit?«
    »Sie war wütend«, sagte Emma. »Chloe wollte immer nur tun, was ihr gefiel.«
    Ich warf einen Blick auf Emma. Es war nicht so, als würden wir lügen.
    »Sie hat sich so sehr darüber aufgeregt, dass sie krank wurde«, ergänzte ich. »Ihre Mutter hat mir erzählt, dass sie nichts mehr gegessen hat. Sie hat mich gebeten, ein Auge auf sie zu haben.«
    »Sie hat sich sehr auf den Valentinstag gefreut«, sagte Emma.
    Ja, wir wussten, was wir taten. Wir sagten etwas, bis es wahr wurde und die ganze Stadt es glaubte. Besser noch, wir überzeugten sogar uns selbst. Ich hatte keine schlaflosen Nächte in diesen letzten zehn Jahren. Meine Beweggründe sind eindeutig. Bei Emma bin ich mir nicht sicher.
    »Danke, Mädchen«, sagte Alison, »das reicht für den Moment. Ihr dürft jetzt zurück in eure Klasse.« Sie öffnete die Tür, und als sie uns das nächste Mal befragten, saßen wir in verschiedenen Zimmern.
    »Das kann nicht rechtens gewesen sein«, sagt Emma. »Diese ganzen Verhöre. Waren deine Eltern da?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Barbara wusste nicht einmal, was für ein Wochentag gerade war.«
    »Meinen Vater haben sie auch nie gefragt«, erwidert sie. »Es gab damals ein Schreiben, in dem stand, dass die Polizei in die Schule kommen würde, um Informationen einzuholen. Über Sachen wie ihren Stundenplan, mit wem sie befreundet war, was für ein Mensch sie war. Kein Wort von Befragungen. Und sie haben unsere Aussagen aufgenommen«, sagt Emma. »Das war nicht in Ordnung. Heute dürften die das nicht mehr machen.«
    »Das war voll daneben«, sage ich, und so trösten wir uns gegenseitig, bis die Werbung vorüber ist und Terry zurückkehrt. Er hat uns nie vor die Kamera bekommen. Seine Rechercheure und eine Schar Reporter beschatteten uns zwei Jahre – bis ich weglief – , aber er hat uns nie gekriegt. Ich stelle mir vor, dass er nachts wach liegt und schäumt vor lauter Verbitterung darüber. Hätten wir mit Fiona gesprochen?
    Draußen wird es langsam hell, aber die Live-Berichterstattung über das, was gestern Abend passiert ist, geht weiter. Eine schwindelerregende, schlimme Minute lang stelle ich mir vor, dass diese Endlosschleife über Jahre und Jahre und Jahre weiterläuft. Chloe und Carl, der Romeo und die Julia unserer Stadt. Sie werden weitermachen mit den Gedenkfeiern und den Blumen und der speziellen Musik, bis Terry glaubt, dass wir alle die Lektion gelernt haben und sicherstellen, dass eine sinnlose Tragödie wie diese sich hier niemals wiederholt.
    Er steht immer noch draußen vor dem Van und deutet auf eine digitale Aufzählung, die auf dem Bildschirm neben ihm erscheint. Dahinter steckt bestimmt ein Trick – hinter der Fähigkeit, auf nichts zu zeigen und zu reden,

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