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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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geben sie einfach ihre Kreditkartennummer mit der Fernbedienung ein und laden sich an Ort und Stelle ihren Wunschfilm herunter. Der Videomann ist überflüssig geworden. Wahrscheinlich putzt er jetzt in einem Einkaufscenter oder so, genau wie ich.
    »Das glaubst du nicht wirklich«, sagt Emma, und sie hat recht, ich glaube das nicht – aber ich mache trotzdem weiter. Die echten Tatsachen zu vergewaltigen, damit die Story funktioniert, kann süchtig machen. Ich kann nachvollziehen, warum Terry das durchzieht. Ich werde keinen Preis dafür bekommen, aber es vermittelt einem das Gefühl von Sicherheit.
    »Es würde Sinn ergeben«, sage ich. »Ihm war sicher nicht bewusst, dass er was Falsches tut. Wahrscheinlich war das nur seine Art, Mädchen kennenzulernen und anzuquatschen. Die ticken anders als wir.«
    »Nein«, sagt Emma.
    »Oh, ich glaube schon. In seiner Vorstellung war er wahrscheinlich selber erst dreizehn oder vierzehn. Für ihn gab es bestimmt keinen Altersunterschied zwischen ihm und den Mädchen, hinter denen er her war, oder?«
    Emma sieht mich ausdruckslos an.
    »Sei nicht albern«, sagt sie, und ihre Stimme trieft vor Verachtung. »Es war Carl.«

28
    Sie sagt es so beiläufig, dass ich mir sicher bin, dass ich sie falsch verstanden habe, obwohl ich weiß, dass dem nicht so ist. Die Spuren, die ich in Gedanken verfolge, verlagern sich knarrend. Es dauert eine Weile, und es tut weh. Meine Hände fühlen sich kalt an.
    »Der Kerl mit der Maske«, sage ich, »hinter dem Pavillon.«
    Emma nickt. »Ja«, sagt sie.
    »Die Toiletten im Hallenbad?«
    »Ja.«
    »Chloes Carl?«
    »So hat er sie kennengelernt«, sagt Emma. »Sie war die Einzige, die keine Angst hatte. In diesem Punkt hat sie dir die Wahrheit gesagt. Sie fand das saukomisch. Sie dachte, er hätte sich speziell sie ausgeguckt und wollte sie überraschen, als wäre das irgendwie romantisch. Sie fand das auch romantisch, anfangs.«
    »Woher weißt du das?«, frage ich, und bevor ich überlegen kann, »Was macht dich so sicher?«
    Ich bin panisch, und ich will nicht aufhören zu reden, aber sie starrt mich an, bis ich es bemerke.
    »Ich kannte ihn schon, bevor Chloe ihn kannte«, sagt sie bedächtig, und ihre Augen funkeln wütend, und mir wird bewusst, dass sie mich ansieht, nicht mitleidig, sondern angewidert. »Ich habe ihn zuerst kennengelernt. Ich war die Erste.«
    »Wo?«
    Sie lächelt schwach, aber ihr Gesicht ist blass, und das ist nicht die Art von Lächeln, die sie glücklich aussehen lässt.
    »Im Waschsalon«, antwortet sie. »Er hat mir mit den Tüten geholfen. Er bot mir an, mich nach Hause zu bringen, und ich habe Nein gesagt, und eine Woche später war er wieder da und brachte mir eine Limo mit und eine Zeitschrift, und ich sagte: ›Okay, also gut.‹ Ich dachte, er wollte freundlich zu mir sein.«
    »Und dann kam er mit Chloe zusammen? Sie hat ihn dir ausgespannt ? «
    Emma schüttelt den Kopf.
    »Du hohle Nuss«, sagt sie. »Chloe hätte dir erzählen können, dass sie am Wochenende über Wasser gehen kann, und du hättest auch das geglaubt, nicht wahr? Hast du nie Lust, deine eigenen Augen zu benutzen? Deinen eigenen Kopf? Es ist schließlich schon verdammt lange her.«
    Sie dreht sich weg. Spricht nicht. Zieht die Knie hoch an die Brust und schlingt die Arme darum. Ihr Kiefer malmt.
    »Geh mir damit bloß nicht auf die Nerven«, sagt sie. »Wage es bloß nicht, mir Fragen zu stellen. Das hier ist keine verdammte Hotline. Und auch kein Interview. Seelenverwandte. Wie bist du denn auf so eine Scheiße gekommen? Er hatte nichts Gutes im Sinn.«
    Sie hatte Angst vor ihm. Sie beugt sich vor und füllt ihr Glas auf. Trinkt nicht, spricht nicht, sondern starrt auf den Saum der Vorhänge, die sich sanft bewegen im warmen Luftstrom der Heizung. Sie betrachtet sie lange, als könnten sie ihr etwas darüber erzählen, was sie als Nächstes sagen soll. Am liebsten würde ich sie fragen, warum sie so lange gewartet hat, um mir das zu sagen, aber ich traue mich nicht.
    »Ist er dir nie richtig an die Wäsche gegangen?«, fragt sie schließlich, ohne mich anzusehen.
    »Nie«, sage ich und wundere mich insgeheim. Ich denke an die Fotos, die Chloe von mir gemacht hat, und daran, wo sie gelandet sind. Das Sich-Wundern fühlt sich trocken und sauer an in meinem Mund, wie winzige, mehlige Äpfel.
    »Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein«, sagt sie. »Es hat wehgetan – es war schrecklich.«
    Sie macht eine lange Pause und schweigt. Dann sagt sie:

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