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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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und weiße Strickwesten zum Binden mit Flaum an den Ärmelbündchen sehen und nicken und sagen: »Das wär was für Chloe.« Es bedeutete, sie hatte Persönlichkeit. Es war einfach, für sie Geschenke zu kaufen.
    Ich hatte kein Markenzeichen. Ich bin unscheinbar. Ich habe nicht einmal versucht, mir eins zuzulegen. Es war nicht so einfach, für mich Geschenke zu kaufen. Die Sachen unter dem Baum waren der totale Reinfall gewesen. Donald und Barbara hatten mir Büchergutscheine und eine neue schwarze Jacke geschenkt. Sie war schlicht, perfekt für die Schule. Sie war kein richtiges Geschenk. Sie war nur der Beweis, dass ich keine Persönlichkeit besaß. Selbst Barbara hatte das erkannt, andernfalls hätte sie mir was Anständiges geschenkt. Ich stand in der Kälte herum und versuchte, mir Geschenke zu überlegen. Richtig gute Geschenke, die ich mir im Sommer wünschen konnte, wenn ich Geburtstag hatte. Mir fiel kein einziges ein. Das war etwas, das ich mit Chloe besprechen musste. Sie hatte die besten Ideen.
    Chloe und Carl unterhielten sich immer noch im Wagen. Ich ging weiter im Kreis. Ich wusste nicht einmal, worauf ich aufpassen sollte. Pass schön auf. Was für ein Arsch. Wir waren auf dem Besucherparkplatz eines Naturschutzgebiets – eine getürkte Wildnis mit regulierten Bäumen, einem künstlichen See und einem konservierten Waldstück, an das ein verdammter Supermarkt grenzte. Man konnte die riesigen grünen Buchstaben des Asda-Schriftzugs durch die Bäume erkennen, jedenfalls Teile davon.
    Aufpassen. Niemand würde hier auftauchen: Es war Weihnachten. Die Leute saßen zu Hause, schauten sich Filme an. Ich hatte nicht einen einzigen Spaziergänger mit Hund gesehen. Aufpassen – und ich war diejenige, die am Waldrand stand, alleine, während dieser Exhibitionist die Grünanlagen durchstreifte. Wenn Barbara das wüsste, bekäme sie einen Anfall. Sie hatte mir einen Rape Alarm gekauft, und ich hatte das Ding ganz hinten in der zugemülltesten Küchenschublade versteckt, aber nun dachte ich, es wäre doch ganz nützlich, so ein kleines Gerät dabeizuhaben. Ich stellte mir vor, wie ich mich damit an den Wagen heranschleichen würde und den Alarm auslöste, sodass die beiden vor Schreck einen halben Herzinfarkt kriegten. Seufzend drehte ich mich um. Ich würde versuchen, Chloe ein Zeichen zu geben, damit sie Carl überredete, uns nach Hause zu fahren, oder mich zumindest.
    Chloe kniete auf dem Beifahrersitz. Sie kletterte zwischen den Vordersitzen nach hinten. Dabei kippte sie nach vorne und landete mit dem Gesicht auf der Rückbank. Wenige Sekunden später ging die Fahrertür auf. Carl stieg aus und fuhr sich mit der Hand über den Mund.
    Ich drehte rasch den Kopf weg, damit er nicht dachte, ich wäre pervers und beobachtete sie heimlich, aber er sah nicht zu mir. Er schlug die Tür mit einem solchen Wumms zu, dass der Wagen wackelte. Dann stieg er hinten zu Chloe ein.
    Das ist scheiße , dachte ich wieder und kehrte den beiden den Rücken zu. Dem Wagen, Chloes neuem weißem Kaschmirpullover. Weihnachten, dem ganzen beschissenen Jahr, das hinter uns lag. Dieser blöde Carl, dachte ich und entfernte mich langsam, immer den Parkplatzrand entlang, wo der Untergrund sich in eine Wiese verwandelte und in Gestrüpp und Hecken. Ich zählte meine Schritte, balancierte, solange ich konnte, auf einem Bein und beugte mich so weit vor, dass ich das Gleichgewicht verlor und schnell das andere Bein auf den Boden setzen musste, um nicht umzukippen. Ich wusste, dass ich albern aussah, wie ein spielendes Kleinkind.
    Es war egal. Der Parkplatz, wahrscheinlich das ganze Gelände, war menschenleer, und Carl sah bestimmt nicht zu mir. Er sah mich nie an.
    Der Mann war zwischen den Büschen herausgekommen. Er hatte sich seitlich durchgezwängt und das Gesicht vor den toten braunen Brombeerzweigen geschützt. Sie waren hinter ihm zurückgeschnellt und hatten sich in seinen Jackenärmeln verhakt.
    »Hey«, sagte er, klang aber freundlich. Er trug einen Fußball, einen nagelneuen, und auf seinem Handrücken war ein frischer Kratzer. Kein tiefer, aber Blut sammelte sich in der Furche, und er hatte ihn offenbar noch nicht bemerkt. Er kam auf mich zu, lächelnd, und machte keine Anstalten, seine Jacke zu öffnen oder den Reißverschluss seiner Hose aufzuziehen.
    »Was, hey?« Ich war nicht in der Stimmung, nett zu sein. »Selber hey.«
    »Was machst du hier?«, fragte er, als würde er mich kennen.
    Ich sah ihn nur an. Seine Stimme klang

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