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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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Adresse der Firmenzentrale und die korrekte Anrede des Geschäftsführers gesprochen, und etwas wurde auf ein Stück Papier gekritzelt, das über die Theke wanderte. Barbara fragte nach einer Bestätigung, dass die Angelegenheit damit beendet war, dass in Anbetracht meines Geständnisses die Polizei herausgehalten wurde. Die Verkäuferin erwiderte etwas darauf, aber an diesem Punkt hörte ich nicht mehr zu.
    Während Barbara das Geld abgezählt hatte – zwischen dem Klappern der Münzen auf der Glastheke und Barbaras schniefenden, leicht verschnupften Atemzügen –, hatte ich eine Veränderung in der Beschaffenheit der Luft neben mir wahrgenommen. Nichts weiter. Ich sah mich um, und Donald war verschwunden. Barbara bemerkte es kurz nach mir, und sie ließ die Münzen verstreut auf der Theke zurück, fädelte ihre Handtasche über den Unterarm, und wir liefen los.
    Es war nicht das erste Mal, dass Donald verschwunden war. Früher schlich er sich alle paar Monate aus dem Haus – wie eine Katze. Manchmal kam er nach ein paar Stunden zurück, fröhlich strahlend, eine neue Zeitschrift unter den Arm geklemmt – wie ein Vater. Einmal kam er nach neunstündiger Abwesenheit langsam durch das Gartentor geschlendert mit einer Homer-Simpson-Mütze und einer Dose Cherry Coke. Ein anderes Mal rief morgens um fünf ein Nachbar an und fragte, ob wir wüssten, dass Donald über das verriegelte Tor des Gaswerks auf den Parkplatz geklettert war und nun nicht mehr herauskam. Das war so eine Sache. Sein wiederholtes Verschwinden war wahrscheinlich harmlos, aber es konnte alles Mögliche sein – Donald war quasi ein lebendiges Warnschild mit dem Hinweis, dass jederzeit etwas Schlimmes passieren konnte.
    Barbara und ich verließen Boots und hasteten durch das Shoppingcenter, während wir durch die Schaufenster spähten, hinter Außenständern mit preisreduzierten Adventskalendern und Weihnachtskarten nachsahen.
    Normalerweise mochte ich die gleichmäßige Symmetrie, nach der das Gebäude konzipiert war: den glatten Glanz der falschen Marmorböden, das Rauchglas der Aufzüge und Türen und den leichten Chlorgeruch der warmen, recycelten Luft. Die Architekten hatten, glaube ich, den Wunsch, dass die Leute von Etage zu Etage schweben, ohne etwas vom Licht oder vom Wetter draußen mitzubekommen, ohne sich zu sorgen, dass sie sich zu weit entfernen könnten von öffentlichen Toiletten, Abfalleimern oder Springbrunnen. Dies machte die Suche nach Donald allerdings zu einer zähen, frustrierenden Angelegenheit – voller Fehlstarts und Kehrtwendungen. Das Center ist gebaut wie ein Rad auf zwei Etagen – mit einem runden Zentralbereich, der einen Indoor-Springbrunnen, künstliche Pflanzen und ein Café beherbergt. Die Geschäfte reihen sich entlang der Radspeichen, und wir versuchten, uns systematisch durchzuarbeiten: John Lewis, Sweeten’s, Menzies, Bon Marché.
    Die Läden waren voll mit Familien, die unliebsame Geschenke umtauschen, ihre Geschenkgutscheine einlösen oder die Sonderangebote durchstöbern wollten. Wir bewegten uns langsam und spähten ständig an Köpfen vorbei oder bahnten uns einen Weg durch Tüten und Buggys und Ellenbogen. Immer wenn wir im Innenbereich landeten, duckte ich mich in Barbaras Kielwasser und versteckte mich vor den Jungs, die um den Springbrunnen herumsaßen. Sie beugten sich in brandneuen Sporttrikots und Turnschuhen über den Rand, dicht hinunter zum Wasser, um Münzen herauszufischen oder in einer Art Wettkampf die Papierhüllen von Strohhalmen zu pusten.
    Wir fuhren mit der Rolltreppe nach oben und stellten uns rechts und links neben die Tür der Männertoilette wie zwei steinerne Löwen. Barbara bat einen Mann, hineinzugehen und in den Kabinen nachzusehen. Wir warteten.
    »Es ging ihm heute Morgen gut, oder?«, sagte ich.
    »Ja. Ja«, sagte Barbara.
    Der Mann, den wir um Hilfe gebeten hatten, brauchte eine Ewigkeit. Ich dachte an Urinale, Reihe um Reihe, wie Sitze in einem weißen Porzellan-Auditorium. Und auch an Reihen von Männern – die mit ihren Händen vor dem Schoß dastanden, das Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagernd, so wie ich es manchmal an Bushaltestellen oder im hinteren Ende des Parks beobachtete. Die Vorstellung war schmutzig und aufregend, und meine Wangen kribbelten, und ohne es zu wollen, dachte ich an Chloe und Carl.
    »Wir könnten in der Bücherei nachsehen«, sagte ich. »Bestimmt ist er in die Bücherei, für seine Recherchen.«
    Barbara sagte nichts, sondern

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