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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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klopfte mit den Knöcheln an die Toilettentür und benutzte eine Stimme wie Margaret Thatcher – gespielt vornehm – , um durch den Spalt zu rufen. Ihre Stimme hallte drinnen wider, rasselte über die Fliesen wie der Geruch von Pisse und gelbem Desinfektionsmittel. Ich linste über ihre Schulter, aber es gab nichts zu sehen, abgesehen von Klopapierfetzen, die an Pfützen auf dem Boden klebten.
    »Er hat mir die ganze Zeit damit in den Ohren gelegen, dass ich seine Bücher zurückbringen soll«, sagte ich. »Ich bin noch nicht dazu gekommen. Ich wette, er macht sich Sorgen wegen der Mahngebühren. Er wird in der Bücherei sein, um sich zu erkundigen.«
    »Du solltest ihn nicht ermutigen«, erwiderte Barbara rasch. »Das ist nicht fair. Seine Projekte. All diese Bücher. Die Zeitungen!«
    »Was meinst du?«
    Ermutigen. Das war eine neue Idee. Ich hatte gedacht, Barbara und ich hätten eine Art Abmachung. Sie war verantwortlich für die praktischen Dinge. Bezog mitten in der Nacht sein Bett frisch, sah tagsüber nach ihm, wenn es auffällig leise war. Kümmerte sich um die Rechnungen und seine Rasierklingen, um die Beschwerden der Nachbarn, wenn er versuchte, etwas im Garten zu bauen. Um seine Mahlzeiten und Medikamente.
    Ich tippte. Ich recherchierte mit ihm. Ich hörte mir seine Geschichten an und regelte die Mahngebühren in der Bücherei. Klebte Bilder in Sammelalben. Zeichnete Fernsehsendungen auf. Ich nahm das alles sehr ernst, akzeptierte symbolische und manchmal nicht so symbolische Bezahlung für meine Dienste, und es war nicht meine Schuld, dass mir mein Teil der Abmachung besser gefiel als Barbara ihrer. Wir sollten eigentlich die Geheimnisse der anderen gegenseitig wahren, Barbara und ich. Ich würde kein Wort über die Tage verlieren, an denen ich von der Schule nach Hause gekommen und Donald immer noch im Schlafanzug war, betrübt und hungrig. Und Barbara würde eine Videokassette einschieben und die Tür hinter ihm schließen, wenn Chloe vorbeikam. Es war ein Deal.
    »Ich ermutige ihn nicht«, sagte ich.
    »Dieser Bericht, an dem er arbeitet. Drei Farbbänder für die Schreibmaschine in einem Monat. Außerdem hat er versucht, sie mit einem Klumpen Fett zu ölen. Ich musste sie zur Reparatur einschicken.«
    »Ich habe ihm gesagt, ich tippe den Bericht für ihn in der Schule. Wenn sie wieder losgeht. Ich mache das in der Mittagspause, auf dem Computer.«
    »Darum geht es nicht«, sagte Barbara. Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und schloss die Augen. Eine Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht, und sie machte keine Anstalten, sie zurückzustreifen. »Du musst aufhören, ihm alles durchgehen zu lassen. Ihn zu unterstützen. Ich weiß, du glaubst, du hilfst ihm, aber das tust du nicht. Verstehst du?«
    Sie stellte sich wieder hin und sah mich an. »Lola? Du weißt, das ist alles nur in seinem Kopf, oder? Diese Expedition, von der er meint, er fährt mit. Geld verdienen mit seinen Ideen? Sträucher, die im Dunkeln glühen? Du weißt, dass das nichts Richtiges ist, oder?« Sie wirkte ängstlich.
    »Ja«, erwiderte ich. »Also schön. Er denkt sich das alles bloß aus.«
    Sie seufzte. »Er denkt sich das nicht aus. Dein Vater ist kein Lügner, Lola. Er hält das alles für absolut vernünftig. Darum verbringt er so viel Zeit damit. Es muss einfach richtig sein. Aber es ist nicht … « Sie unterbrach sich kurz. »Lass es mich so ausdrücken: Es würde ihm zusetzen, sehr sogar, wenn er bei dieser Expedition nicht mitmachen darf – wenn er nicht die Gelegenheit bekommt, mit Wissenschaftlern über seine große Idee zu sprechen, oder?«
    »Ja«, sagte ich. »Hundertpro. Er wäre absolut enttäuscht. Darum habe ich … «
    »Nein«, fiel Barbara mir entschlossen ins Wort. »Das ist Ermutigen. Wenn dir was an ihm liegt, wirst du ihm so nicht helfen, dass es besser wird – im Gegenteil, du hältst ihn davon ab. Bring ihn auf andere, normalere Gedanken. Das erspart ihm Enttäuschungen.«
    In diesem Moment kam ein Mann aus der Toilette – der Mann, den wir um Hilfe gebeten hatten. Er wischte sich die Hände an seiner Jeans ab und wirkte überrascht, dass wir noch da waren.
    »Mein Mann?«, fragte Barbara. Der Fremde zuckte mit den Achseln und ging davon, ohne sie richtig anzusehen.
    »Komm«, sagte sie und zerrte an meinem Jackenärmel. »Wir müssen weitersuchen. Er kann überall sein. Wir unterhalten uns später weiter.«
    Wir entdeckten Donald bei WHS mith. Barbara sah ihn durch das Schaufenster und

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