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Ich kenne dich

Ich kenne dich

Titel: Ich kenne dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenn Ashworth
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ist ja nichts, oder? Hat Carl sie angesteckt, oder kann sie es nicht richtig eingrenzen?«
    Ich stand auf, klappte meinen Jackenkragen hoch und stellte meinen Stuhl ordentlich an das Bettende.
    »Wer ist Carl?«, fragte Amanda, mit etwas weniger Begeisterung und ohne mich anzusehen. Chloe wurde rot und wand sich im Bett, aber weil sie am Tropf hing, konnte sie nirgendwohin.
    »So ein Typ«, erwiderte ich und drückte mich vorbei. »Er ist in Ordnung. Er hat ein richtig tolles Auto.«
    »Auto?«, wiederholte Amanda schwach. Sie hob die Hand und zupfte an ihrem Ohrring. Ich hatte vergessen, darauf zu achten, aber jetzt fielen sie mir auf, während ihre Finger daran herumspielten: schwarze Katzen aus Emaille mit rot-weißen Weihnachtsmannmützen und einem Mistelzweig über den Köpfen in ihrer gerollten Schwanzspitze. Die Beeren an dem Mistelzweig glitzerten. Glas, oder Zirkon.
    Was hatte mich dazu veranlasst? Ich wusste besser als jeder andere, dass das Spiel da war, um es zu spielen – es gab keine Halbzeit, die Regeln waren in Stein gemeißelt, und niemand bekam jemals eine zweite Chance.
    Es waren zwei komplette Schuljahre gewesen, bevor ich Chloe kennenlernte. Jahre, in denen ich rumgeschubst und angerempelt wurde. In denen meine Tasche die Treppe runtergeworfen wurde. Die Jungs machten das, und es war nicht so schlimm. Die Mädchen hingegen kamen zu mir, besorgt. Berührten sanft meinen Arm und lächelten. Raunten mir zu, dass hinten auf meinem Rock ein Blutfleck wäre und ob ich davon wüsste. Jeden Tag. Manchmal zweimal täglich. So etwas konnte man nicht ignorieren. Es war unmöglich, nicht die Hand zu heben und zu fragen, ob man auf die Toilette durfte. Den Riegel vorschieben in der Kabine, alles herunterziehen mit zitternden Händen und nachsehen. Dann der lange, langsame Weg zurück ins Klassenzimmer – wo die Lehrer mich fragten, ob ich was mit dem Magen hätte, im Hintergrund das Gekicher der Mädchen, das nur unterdrückt wurde durch die glänzenden Vorhänge ihrer Haare. Always Maxi, mit rotem Filzstift auf ein Blatt gekritzelt und mir hinten auf den Pulli gedrückt mit selbstklebenden Bindenflügeln.
    Zweieinhalb Jahre, dann tauchte Chloe in meiner Klasse auf, eben versetzt worden aus einer anderen Schule.
    »Sie hat meine Ansprüche nicht erfüllt«, hatte sie gesagt.
    Sie war von der Schule geflogen. Bekam ihre letzte Chance. Neben mir war ein Platz frei, den niemand haben wollte. Weil es ihr erster Tag war, wusste sie nicht, dass sie eigentlich woanders sitzen sollte. Wir freundeten uns an. Die anderen Mädchen mochten sie oder hatten Angst vor ihr. Sie fingen an, mich in Ruhe zu lassen.
    Chloe hat mich gerettet. Uns verband etwas Besonderes, und sie ruinierte es, und alles nur wegen Carl. Ich dachte an ihn, und als ich auf der Kante von Chloes Krankenhausbett saß mit dem Plakat und der blöden Anzeige, die ich durch meine Taschen hindurch spürte, und Emmas Pinguin über meinem Kopf baumelte, hakte es bei mir aus.
    »Wo wohnt dieser Carl?«, fragte Amanda. Ich hätte genauso gut nicht anwesend sein können, abgesehen davon, dass Chloe ihre Mutter nicht beachtete, sondern sich im Bett vorbeugte und mich mit einem Blick anfunkelte, vor dem ich am liebsten davongelaufen wäre.
    »Vergiss es«, sagte Chloe. »Halt einfach die Klappe.«
    »Chloe«, jammerte Amanda, »dein Vater wird das erfahren müssen. Warte nur, bis er von seinem Meeting zurückkommt … «
    Chloe krabbelte über das Bett, und es war nur der Schlauch, durch den sie mit dem Tropf verbunden war, der sie daran hinderte, aus dem Bett zu springen und sich auf mich zu stürzen. Ich ignorierte das Gefühl in meinem Bauch, drehte mich um und rannte.

16
    Als ich das Krankenhaus verließ, war es richtig dunkel. Ich sah nach, wie viel Geld ich noch übrig hatte, und beschloss, in den Cuerden Valley Park zu fahren und selber Wilsons Weg durch den Wald zurückzuverfolgen. Ich wusste, es war viel zu dunkel, um sich nachts dort draußen rumzutreiben, und ich würde mit dem Bus fahren und umsteigen müssen, und es würde eine Ewigkeit dauern, dorthin und anschließend wieder zurück nach Hause zu kommen. Ich wusste, ich würde zu Hause einen mächtigen Anschiss bekommen, aber verglichen mit dem, was mir von Chloe drohte, war ein Hausarrest von Barbara pillepalle. Ich war verrückt genug, mich unbesiegbar zu fühlen, und ich war entschlossen, etwas zu finden, womit Carl mit Wilsons Verschwinden in Verbindung gebracht werden konnte. Es dürfte

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