Ich klage an
jedoch eine Todsünde, für die es keine Vergebung gibt.
Daraufhin legt ihr der Arzt nahe, das Baby zur Adoption freizugeben. Die junge Frau denkt nach. Nach ein paar Minuten lehnt sie auch diese Möglichkeit ab. »Ich habe einen Fehler gemacht«, sagt sie, »für den ich die Verantwortung übernehmen muß.«
Der Arzt erklärt ihr, sie solle in diesem Fall in regelmäßigen Abständen zur Kontrolle vorbeikommen; außerdem könne sie psychotherapeutische Hilfe erhalten. Als er ihr vorschlägt, den Kindsvater hinzuzuziehen, willigt sie ein. Daraus läßt sich immerhin schließen, daß sie den jungen Mann doch ganz nett findet.
Die junge Frau war völlig unbedarft. Sie war nie sexuell aufgeklärt worden, weil das in ihrer Kultur für nicht erforderlich gehalten wird. Schließlich ist Sex vor der Ehe verboten; eine Frau geht unberührt in die Ehe. Sexuelle Aufklärung könnte junge Menschen nur auf dumme Gedanken bringen.
Dieses Tabu führt auch dazu, daß Muslime im Grunde nicht wissen, was AIDS ist und wie man sich infizieren kann. Sie glauben, es handle sich dabei um eine Krankheit, die nur Homosexuelle, Christen und Ungläubige bekommen, Muslime oder Somalier dagegen nicht. Ich habe für Männer ge-dolmetscht, die sexuell sehr aktiv waren und zu Prostituierten gingen. Als sich herausstellte, daß sie HIV-infiziert waren, sagten sie: »Das kann nicht sein, ich bin ein Muslim.« Als ob das AIDS-Virus dies wüßte!
Junge Somalierinnen werden nach dem Motto erzogen: Hauptsache, deine Naht hält! Der Test erfolgt in der Hochzeitsnacht. Wenn die Naht dann nicht intakt ist, bist du eine Hure. Das Zunähen von Frauen ist keine islamische Praxis. Der Prophet Mohammed, dem der Koran offenbart wurde, hat zwar die Beschneidung der Jungen vorgeschrieben, aber nicht die der Mädchen. Die Praxis des Zunähens ist präislamisch und wurde vom Islam gleichsam nur übernommen, wie der prächristliche Weihnachtsbaum vom Christentum. Muslimische Gelehrte haben diese Praxis nie abgelehnt, weil es innerhalb des Islam von sehr großer Bedeutung ist, daß Frauen unberührt in die Ehe gehen. Als die muslimischen Gelehrten den Brauch des Zunähens von Frauen kennenlernten, dachten sie sich wahrscheinlich: »Hey, damit kann man die Jungfräulichkeit wunderbar garantieren! Klasse!« Diese Praxis gibt es nicht nur in vielen islamischen Ländern Afrikas wie in Somalia, in Eritrea, im Sudan und in Ägypten, sondern auch in Indonesien.
Der Fall Anab
Anab und Shukri sind zwei minderjährige Asylantinnen. Bei ihrer Ankunft in den Niederlanden werden sie gefragt, ob sie hier Verwandte haben. Sie landen bei Said, ihrem älteren Halbbruder, der mit seiner Frau bereits seit fünf Jahren hier lebt. Anstelle eines offiziellen Vormunds wird er von der Stiftung De Opbouw (DerAufbau) zur Vormundschaft »ermächtigt«. Diese Stiftung war damals für die Vormundschaften über alleinstehende minderjährige Asylantinnen zuständig und übte lediglich eine Kontrollfunktion aus.
Die beiden jungen Frauen werden von Said über einen län-geren Zeitraum sexuell mißbraucht; Anab, die ältere, am längsten und schwersten. Das Ganze fliegt auf, als die jüngere Schwester, Shukri, einer Sozialarbeiterin der Stiftung alles erzählt. Die Stiftung erstattet Anzeige und schaltet darüber hinaus das Jugendamt ein. Said wird verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Im Präsidium der Sittenpolizei in Den Haag lerne ich eine Schwester von Anab und Shukri kennen. Ich bin hinzugerufen worden, um für diese hochschwangere, kopftuchtragende Somalierin zu dolmetschen. Bei der Vorstellung fragt sie sofort: »Zu wem gehörst du?« Das bedeutet: »Zu welchem Clan gehörst du?« Ich gebe ihr zur Antwort, daß ich als offizielle Dolmetscherin derartige Fragen nicht beantworten darf. Da ich auch eine Somalierin bin, will sie es wegen der Dinge, die gleich zur Sprache kommen werden, trotzdem gerne wissen. Ich bleibe bei meiner Weigerung und erkläre ihr, für mich gelte die Schweigepflicht.
Sie erzählt, daß sie, ihre beiden Schwestern und ihr Halbbruder alle zur selben väterlichen Linie gehören. Innerhalb der Abstammungslinie gilt ein Halbbruder als leiblicher Bruder. Die Polizisten wollen von ihr alle möglichen Details über den Täter wissen: ob sie von dem sexuellen Mißbrauch gewußt habe, ob er schon vorher Frauen und Mädchen mißbraucht habe, ob er immer gleich vorgehe und so fort. Sie nimmt sich anschließend eine gute halbe Stunde Zeit, um zu erklären, wie
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