Ich leg dir die Welt zu Fuessen
Pappmascheefiguren, die in einer Ecke ausgestellt waren, konnten die trostlose Atmosphäre nicht wirklich aufheitern. Es war ein himmelweiter Unterschied zu dem gediegenen Luxus des privaten Elite-Internats, das Louis besucht hatte.
Schon zog er die ersten neugierigen Blicke auf sich. Er kam sich vor wie ein Eindringling in eine fremde Welt. Als er nach einigen Umwegen das Lehrerzimmer erreichte und die Tür öffnete, verstummte abrupt jedes Gespräch. Suchend sah er sich in dem kleinen Raum mit der lädierten Kaffeemaschine und dem Sammelsurium sperrmüllreifer Stühle um. „Ich möchte zu Lizzy Sharp.“
„Sie ist draußen auf dem Spielplatz mit den Kindern, die erst später abgeholt werden.“ Eine ältere Frau, deren rotbraune Hochsteckfrisur im Laufe des Tages sichtlich gelitten hatte, löste sich aus der Gruppe und kam freundlich lächelnd auf ihn zu. „Und Sie sind …? Kein Elternteil, nehme ich an, sonst würde ich Sie kennen.“
„Ich bin ein … ein Freund von Miss Sharp.“ Jemand kicherte, und Louis trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. „Ich wollte der Schule eine Spende zukommen lassen.“ Sofort schlug die Stimmung um, und er wurde von allen Seiten mit Fragen und Vorschlägen zur Verwendung des Geldes bestürmt. Die Begeisterungsfähigkeit dieser Leute vermittelte ihm einen Eindruck davon, warum Lizzy ihren Beruf so liebte.
Und sie war ebenso engagiert wie der Rest ihrer Kollegen. Wie hatte er jemals annehmen können, dass sie nur mit ihm spielte? Also hatte sie vermutlich ihre Gründe dafür, ihm aus dem Weg zu gehen. Warum war ihm nie der Gedanke gekommen, dass in ihrem Leben vielleicht gar kein Platz für ihn war?
Unauffällig sah er sich unter ihren Kollegen nach einem potenziellen Liebhaber um, doch die drei anwesenden Männer waren alle weit über vierzig. Schlagartig erkannte er, welch bittere Ironie in ihrem Verhalten lag. Da schimpfte sie ihn einen engstirnigen Snob, war aber selbst so verbohrt, ihn aufgrund ihrer Vorurteile einfach auszusortieren.
Mit erhobener Hand verschaffte er sich Gehör. „Ich möchte erst mit Lizzy sprechen, bevor ich mich festlege.“
„Ich bringe Sie zu ihr. Übrigens, mein Name ist Evans.“ Die rothaarige Frau schüttelte ihm die Hand. Sie hatte einen erstaunlich festen Händedruck. „Ich bin die stellvertretende Direktorin, und dieser Haufen hier …“, lächelnd drehte sie sich zu ihrem Kollegium um, „… ist mein hart arbeitendes Team. Meistens jedenfalls“, setzte sie hinzu, was ihr Gelächter und fröhlichen Protest eintrug. „Lizzy ist eine sehr talentierte Lehrerin. Die Kinder lieben sie. Gerade für Kinder aus schwierigen Verhältnissen – und das sind die meisten hier – sind die Lehrer wichtige Bezugspersonen.“
Mrs Evans brachte ihn bis zu dem Ausgang, der zum Spielgelände führte, und ließ ihn dann allein. Im Schatten der Tür blieb Louis stehen und beobachtete aufmerksam die schmale Gestalt mit der tief in die Stirn gezogenen Wollmütze, die lachend dort draußen mit fünfzehn oder mehr Kindern herumtobte. Gerade bückte sie sich, um eins der kleineren liebevoll in den Arm zu nehmen.
Er wusste nicht, wie lange er dort gestanden und ihr zugesehen hatte, bevor er beschloss, sich bemerkbar zu machen. Lizzy war so beschäftigt, dass sie ihn nicht kommen sah. Als er dann vor ihr stand, schien sie einen Moment zu brauchen, um sich darüber klar zu werden, dass er kein Vater war, der sein Kind abholen wollte.
Obwohl es schon dunkel wurde, sah er deutlich ihre angespannte Miene, als sie sich erhob und ihren Mantel abklopfte.
„Was willst du hier?“
„Ich habe mehrmals versucht, dich anzurufen. Warum rufst du nicht zurück?“
„Warum wohl?“
„Wenn ich es wüsste, würde ich nicht fragen.“
„Bitte, geh. Ich habe zu tun, und es gibt nichts, worüber wir reden müssten.“
„Ich glaube, die reizende Mrs Evans wäre nicht sehr erfreut, wenn du mich wegschickst. Schließlich habe ich ihr eine großzügige Spende in Aussicht gestellt.“
„Wenn du wegen der Spende hier bist, lass dir einen Termin beim Direktor geben.“
„Du meine Güte, Lizzy!“ Ungeduldig strich er sich das dunkle Haar aus der Stirn. „Was ist denn los? Bei unserem letzten Treffen waren wir gerade zusammen im Bett gewesen und hatten beschlossen, dass wir uns wiedersehen wollten. Was ist passiert?“
„Ich will nicht darüber reden, und jetzt schon gar nicht. Wie du siehst, bin ich beschäftigt. Ich kann diese Meute nicht eine Sekunde
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