Ich lieb dich, ich lieb dich nicht (German Edition)
oder? Allein ist immer alles viel teurer als zu zweit.«
»Stimmt«, gebe ich ihm recht. »Wir Singles werden überall abgezockt. Im Urlaub, von der Steuer, von den Versicherungsgesellschaften …«
»Wohnungen für Alleinstehende sind im Verhältnis teurer als welche für Paare oder Familien«, spinnt Ingo den Faden weiter, »im Supermarkt kauft man entweder zu viel oder muss zu kostspieligen Single-Größen greifen …«
»Niemand, der sich mit einem etwas teilt. Sei es das Geburtstagsgeschenk für einen Freund, die Taxifahrt vom Kiez zurück nach Hause, das neue Sofa fürs Wohnzimmer«, stelle ich seufzend fest.
»Äh, Entschuldigung«, geht meine Reiseverkehrskauffrau dazwischen. »Ist denn Cabarete jetzt …«
»Sehen Sie nicht, dass wir uns unterhalten?«, wird sie von Ingo freundlich, aber bestimmt unterbrochen. Sie verstummt. »Darf ich fragen, wie Sie heißen?«, will Ingo dann von mir wissen.
»Carla«, antworte ich. »Carla Gottlieb.«
»Das ist aber ein schöner Name.« Die Frau, vor der Ingo sitzt, unterdrückt ein amüsiertes Grinsen.
»Und Sie?«
»Ingo Becker«, stellt er sich vor, beugt sich zu mir herüber und streckt mir seine Hand entgegen. Ich ergreife sie und schüttele sie.
»Freut mich«, erwidere ich.
»Und Sie planen auch, in den Urlaub zu fahren?«
»Ja«, sage ich. »In der ersten Augustwoche.«
»Da will ich ja auch weg!«, stellt Ingo erfreut fest, als hätte ich das noch nicht gewusst. Dann zwinkert er mir zu. »Könnten wir ja glatt zusammen irgendwohin fliegen.«
Ich kichere. »Würde wahrscheinlich wesentlich günstiger werden.«
»Und wahrscheinlich auch wesentlich schöner«, erwidert Ingo in schmeichelndem Tonfall, während er mit seinem Sessel ein Stückchen näherrückt.
Wie er direkt vor mir sitzt und mich aus seinen großen, blauen Augen ansieht, fängt mein Herz tatsächlich an zu puckern. Was würde ich darum geben, wenn diese Situation hier echt wäre und nicht nur ein kleines Rollenspiel! Aber sogar das Spielchen sorgt für aufgeregte Stimmung. Langsam, aber sicher glaube ich, Tante Ilses Ideen sind vielleicht gar nicht sooo unsinnig …
»Haben Sie da vorhin nicht etwas von Windsurfen gesagt?«
»Ja«, erwidere ich. »Ich wollte das mal wieder ausprobieren, hab schon seit Jahren nicht mehr auf einem Brett gestanden.«
»Das ist ja wirklich ein Zufall«, freut Ingo sich. »Ich bin begeisterter Surfer!«
»Echt? Da könnten Sie mir ja glatt noch was beibringen.« Ingo lächelt bescheiden. »Na ja, den einen oder anderen Trick vielleicht schon.« Dann sieht er so aus, als würde er einen Moment überlegen. »Wissen Sie was?«, fragt er
schließlich. »Was halten Sie davon, wenn ich Sie hier um die Ecke zu einem Kaffee einlade? Ich hätte nämlich große Lust, noch etwas länger mit Ihnen zu plaudern.«
»Warum nicht?«, antworte ich. »Ich hab im Moment nichts anderes vor.«
Ohne den erstaunten Frauen im Reisebüro weiter Beachtung zu schenken, stehen wir auf. Ingo hilft mir in meine Jeansjacke, die ich über die Lehne meines Stuhls gehängt hatte, dann öffnet er mir galant die Tür des Reisebüros, und wir spazieren zusammen hinaus. Bevor die Tür hinter uns langsam ins Schloss fällt, höre ich noch, was die eine Frau zu der anderen sagt: »Hast du so etwas schon mal erlebt? Das war ja wirklich unglaublich!«
Draußen auf der Straße legt Ingo einen Arm um meine Schulter. »Und?«, will er wissen. »Wohin darf ich Sie zum Kaffee einladen?« Ich blicke zu ihm hoch. Zuerst muss ich nur lachen, dann aber breche ich in haltloses Prusten aus, in das Ingo Sekunden später mit einfällt. Er drückt mich ganz fest an sich. »Freut mich wirklich, Sie kennengelernt zu haben.«
»Mich ebenfalls.«
Notiz an mich selbst:
Schööön!
Tante Ilse ist regelrecht begeistert, als wir ihr am Mittwoch darauf erzählen, was im Reisebüro passiert ist.
»Hach, wi e romantisch!«, stellt sie fest. »Wirklich eine ganz besondere Geschichte. Wessen Idee war das denn?«
»Meine«, erwidert Ingo nicht ganz ohne Stolz.
»Prima gemacht«, wird er von Ilse gelobt. Dann kichert sie. »Was die Frauen in dem Reisebüro wohl gedacht haben?«
»Die waren bestimmt neidisch«, vermute ich. »Jedenfalls wäre ich es gewesen, wenn ich so eine Szene miterlebt hätte.«
»Und wie hat es sich für euch angefühlt?«
»Spannend«, stelle ich fest. »Ingo hat auf mich ein bisschen fremd gewirkt, und es war fast so, als würde ich ihn wirklich gerade erst
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