Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
haben auch deine Adresse«, warnte sie ihn.
»Too late. Wir haben ihnen heute Nacht gesteckt, dass die Fotos unter Verschluss sind. Sicher verwahrt.«
Hatte sich der Eindringling deshalb mit ihrem Koffer begnügt? Oder lag es an Jochen? Was wäre passiert, wenn sie ohne männliche Begleitung in die Wohnung gekommen wäre? Sie sah schnell zur Balkontür. Noch nie war ihr ihre eigene Wohnung unheimlich vorgekommen … aber jetzt hatte sie selbst am helllichten Tag Angst.
Hieß die Rettung, in die Firma zu gehen? Nein, hieß sie nicht. Irgendwann musste sie dort ja auch wieder raus. Nein, sie musste einfach mal klar denken, einen kühlen Kopf bewahren. Das war doch ihre Stärke, zumindest wurde ihr das in jedem Test bestätigt.
»Riley, sie werden dich schnappen und dich foltern, bis du sagst, wo die Bilder sind!«
»Sie finden mich nicht. Ich bin nicht in meiner Wohnung.«
O Gott, wenn das der Preis für diese dämlichen Fotos war? Weshalb nur hatte sie die Aktentasche nicht stehen lassen? Sie war einfach zu deutsch, hoffnungslos korrekt.
»Und wenn sie mich als Druckmittel nehmen?« Wurden nicht ständig Leute entführt? Karge Zimmer mit Parolen an den Wänden, enge Kisten, sie hatte sofort Entführungsbilder vor Augen. Und außerdem, dachte sie, wenn er Angst davor hat, dass sein Handy abgehört wird, ist das ja bloß der Anfang. Sobald er es nur einschaltet, wissen sie doch über GPS , wo er steckt. Das hatten sie ja gerade erst in Rom erlebt.
»Dann hätten sie dich heute Nacht entführt.«
Liane verschlug es den Atem. Also für einen, den sie noch nicht einmal richtig kannte, mit dem sie überhaupt kein Verhältnis hatte und auch keine weiteren Absichten, war er ganz schön kaltschnäuzig. Zur Beruhigung trank sie einen Schluck Kaffee, aber selbst der schmeckte heute nicht wie sonst.
Sie musste ihre Wohnungstür sichern lassen. Zwei schwere Riegel würden Abhilfe schaffen. Da habe ich jetzt wenigstens eine Aufgabe, die mich ablenkt, dachte sie.
Auf die Schnelle fand sich aber kein Schlosser, der am Freitag noch Zeit gehabt hätte. Einzig ein Freund, der in einer Firma für Sicherheitssysteme arbeitete, wäre noch am späten Nachmittag vorbeigekommen, aber das kollidierte mit dem Zugfahrplan. Sie sagte ab und beschloss, diese Frage auf Montag zu verschieben, und wenn sie sich ganz unsicher fühlte, würde sie einfach übers Wochenende zu einer Freundin fahren.
Um drei begann sie Vorbereitungen zu treffen. Sie betrat die genussreichen Zonen der Lust. Alles bewegte sich nur noch um die Frage, wie es sein würde und was er sich ausgedacht hatte. Vor allem aber fühlte sie sich selbst völlig neu und intensiv. Sie duschte ausgiebig, wusch die Haare, rasierte ihren Bikinischnitt und ihre Achseln, fuhr mit der flachen Hand prüfend über ihre Schienbeine, begutachtete den dunkelroten Lack auf ihren Zehennägeln und cremte sich anschließend von Hals bis Ferse mit einer duftenden Lotion ein. Anschließend föhnte sie ihr Haar locker mit einer Rundbürste und legte ein leichtes, natürliches Sommer-Make-up auf. Schließlich trat sie, nackt, wie sie war, vor den großen Spiegel in ihrem Ankleidezimmer und begutachtete kritisch ihr Aussehen. Na, zu viel Kritik muss jetzt nicht sein, entschied sie und schlüpfte in die hohen Schuhe. Das gab dem Ganzen gleich einen anderen Anstrich. Nicht mehr Liane Beck am FKK -Strand, sondern Liane Beck auf dem Weg in ein erotisches Abenteuer. Sie würde nicht nur sich selbst Lust verschaffen, sondern auch ihm eine unstillbare Sehnsucht bescheren. Keine andere würde ihn jemals besser befriedigen können.
Der Gedanke bereitete ihr diebische Freude, fast fühlte sie sich wie eine Geliebte, die die Ehefrau ausstechen würde. Einmal richtig Gas geben und dem Jüngling zeigen, was Liebe ohne Bindung ausrichten kann. Liane lächelte in sich hinein und fühlte sich jetzt perfekt für den Auftritt gewappnet, als ihr Handy eine SMS anzeigte. Sagte er ab? Der Schreck fuhr ihr in die Glieder, aber es war nur Marius, der skypen wollte. Jetzt hätte er endlich etwas zu vermelden, das eine Meldung wert sei. »Ich auch gleich«, schrieb sie zurück und sah auf die Uhr. Schon 16.15 Uhr, sie hatte länger gebraucht, als sie vorgesehen hatte. Im Moment könne sie sich allerdings keine Verzögerung leisten, fügte sie noch schnell hinzu, dann schaltete sie das Handy aus. Ab jetzt hieß die Devise nur noch ganz selbstsüchtig: ich.
Liane warf noch einmal einen Blick hinunter auf die Straße, so
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