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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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um meine hilfsbedürftigeren Fälle kümmern. Du weißt schon, der Typ Leute, die eine göttliche Eingebung nicht von einem gleichschenkligen Dreieck unterscheiden können.«
    Ich versuche mich zu erinnern, wie ein gleichschenkliges Dreieck aussieht. Habe ich das überhaupt je gewusst?
    »Molly, mach dir keine Sorgen«, sagt Bob. »Geometrie? Tabellenkalkulation? Falls du dich nicht aus reinem Spaß an der Freudemit Mathematik beschäftigen willst, vergiss es. Das ist hier alles völlig freiwillig.«
    Klingt gut, könnte mir gefallen hier – wo immer das auch sein mag.
    Bob zieht ein Klemmbrett hervor. »Trotzdem sollten wir einige Grundlagen durchgehen. Fangen wir mit dem an, was eben in Bries Schlafzimmer vorgefallen ist. Du hast gehofft, dass du Kontakt zu ihr aufnehmen könntest, nicht?«
    »Ja.«
    »Das versucht jeder mindestens einmal. Ts ts.« Tadelnd schüttelt er den Kopf. »Weißt du noch, was deine Mutter immer gesagt hat? ›Als würde man gegen eine Wand reden.‹«
    Das hat meine Mutter mindestens vierhundertmal zu Lucy und mir gesagt. »Schlafenszeit, Mädchen«, rief sie, doch wir hörten sie gar nicht, so festgeklebt waren wir am Fernsehschirm, wenn die neueste Folge von ›Love Boat‹ lief. »Molly! Lucy!« Keine Antwort. »Als würde man gegen eine Wand reden«, murmelte sie dann stets vor sich hin.
    Okay, ich hab’s kapiert.
    »Wusste ich’s doch«, sagt Bob augenzwinkernd. »Du machst dich nur selbst unglücklich, wenn du versuchst, auf diese Weise zu kommunizieren.« Er sieht auf seine Notizen, lässt sich in ein weiches Wildledersofa sinken und klopft mit der Hand auf den freien Platz neben sich. Ich setze mich.
    Ich habe nie an den Himmel geglaubt. Und wenn ich schon dabei bin, an die Hölle auch nicht. So sind die meisten Juden, zerbrechen sich den Kopf über den nächsten Urlaub in Patagonien oder Prag, aber an langfristigen Himmelsplänen mangelt’s. Doch
wenn
ich mir den Himmel ausgemalt hätte, wäre er eine Art riesiges Guggenheim Museum gewesen, dessen Treppen immer weiter und weiter hinaufführen, und noch weiter, bis in die weite blaue Unendlichkeit hinein. Das hier – wo immer ich auch gelandet bin – sieht eher aus wie ein Urlaubsort der gehobenen Preisklasse. Es könnte irgendein beliebiger Tag des Jahres in San Diego sein, dieTemperatur ist angenehm, weder zu warm noch zu kalt. Wir sind in so etwas wie einem sonnendurchfluteten Wintergarten, dessen Fenster auf einen üppigen grünen Park mit kopfsteingepflasterten Wegen hinausgehen, auf denen Menschen jedes Alters dahineilen, als hätten sie ein ganz bestimmtes Ziel.
    »Nun, manche unserer Neulinge«, sagt Bob, »sind ziemlich überwältigt von ihrer neuen Fähigkeit   … hm, wie soll ich sagen, von ihrer neuen Fähigkeit, durch die Gegend zu flitzen.«
    »So wie ich gestern?« Im einen Moment war ich noch in Annabels Zimmer gewesen, und im nächsten starrte ich schon auf Barry hinunter. Das war, noch ehe ich auf dem Weg zu Brie und Isadora war. Ich hatte mich gefühlt wie der Cursor auf meinem Computerbildschirm, bevor ich wusste, wie man mit der Maus umgeht.
    »Genau«, sagt Bob. »Du warst der sprichwörtliche Sack voll Flöhe.«
    »Könntest du vielleicht einen netteren Vergleich benutzen?«
    »Schon gut. Nun, Molly, hast du jemals Yoga gemacht?«
    »Gelegentlich. Aber ich war ziemlich schlecht.«
    »Oh«, sagt er. »Dann würde ich dir vorschlagen, einfach bis zu deinem Alter zu zählen – fünfunddreißig, nicht?   –, ehe du einen Ortswechsel vornimmst. Das ist der Begriff, den wir verwenden,
Ortswechsel
. Es wird dir helfen, deine Kräfte für das zu schonen, wofür du sie brauchst.«
    »Woher soll ich denn wissen, wofür ich sie ›brauche‹?« Meine Stimme klingt ein wenig schrill, doch Bob ist so freundlich, nicht die Augen zu verdrehen.
    »Du wirst es wissen«, sagt er und spricht dabei jedes Wort langsam und deutlich aus, und so, als hätte er ein warmes, schlagendes Herz. »Du brauchst zum Beispiel
nicht
zu wissen, ob der Präsident und die First Lady Sex miteinander haben. Also solltest du auch aufhören, dich dafür zu interessieren, ob sie im selben Zimmer schlafen, und wenn ja, was sie dort tun.«
    Verdammt.
    »Und das bringt mich gleich zu einem anderen Punkt. Du hast ja schon bemerkt, dass du jetzt hören kannst, was die Menschen denken.«
    »Ja, das ist unglaublich.«
    »Du musst versprechen, immer nur einem Menschen zuzuhören. Wenn du diese Fähigkeit missbrauchst, wirst du sie verlieren.

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