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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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zählten die Monate bis zum Urlaub, in dem sie am Strand unter einem breitkrempigen Sonnenhut und einer cremigen Schicht LSF 45 dahinschmelzen konnten. Bis dahin machten sie einfach immer weiter und sorgten dafür, dass ihre Schuhe und ihr Optimismus nie an Glanz verloren, zuverlässig, geschniegelt und gestriegelt, von innen wie von außen.
    Doch ich war entschlossen, es besser zu machen. Ich konnte kein halbherziges Leben in einem halbherzigen Zuhause führen.
    Die Sonne war hinter Wolken verschwunden. Regen setzte ein. Er war erfrischend, so als spülte er die alte Molly und ihr Verhalten fort. Ich nahm mir vor, ganz bis zur George Washington Bridge zu fahren, nachzusehen, ob der von Annabel und mir so geliebte kleine rote Leuchtturm den Winter gut überstanden hatte, dann umzukehren und zur Silver Moon Bakery hinüberzufahren. Sollteder Regen stärker werden, würde ich zu Plan B greifen, vorher zu Fairway abbiegen und ein paar dieser leckeren kleinen Kirschkuchen für Barry kaufen – ein Friedensangebot, auch wenn er es nur für ein Dessert halten würde.
    Je stärker ich mich körperlich anstrengte, desto leerer wurde mit wohltuender Zuverlässigkeit mein Hirn – ein ebenso angenehmer Nebeneffekt des Radfahrens wie die positive Auswirkung auf Hüftumfang oder Gefäßsystem. Ich nahm kaum noch Notiz von dem an mir vorbeisausenden Park, den Basketballplätzen, ja, nicht mal mehr von der den Radweg in zwei Fahrtrichtungen teilenden blauen Linie. Mit jedem Tritt in die Pedale spürte ich, wie meine Anspannung wich und meine Entschlossenheit wuchs.
    Am Montag würde ich Luke anrufen. Es nicht zu tun, wäre grausam; unsere wunderbare gemeinsame Zeit verdiente mehr als nur schroffe Telefonate. In einfachen, deutlichen Worten würde ich ihm sagen, dass dies unser letztes Gespräch sei. Es war vorbei.
    Nur   … Ich blinzelte. Dort stand er, Bobby McGee Delaney höchstpersönlich, wie ein Strich in der Landschaft, in blauer Windjacke und Jeans. »Halt an, wir müssen reden«, rief er.
    Es berührte mich, dass Luke solche Anstrengungen unternahm, mich zu finden. Aber darauf war ich nicht vorbereitet gewesen, und ich hatte das Gefühl, in eine Falle geraten zu sein. »Oh, Luke, jetzt nicht«, rief ich zurück. »Es ist zu spät.« In jeder Hinsicht, dachte ich. Doch ich versuchte, es freundlich und salopp klingen zu lassen. »Ich hab jetzt keine Zeit.«
    »Molly – ich bin hier, und wir müssen reden«, schrie er. »Du verstehst nicht, wie sehr ich dich liebe.«
    Vielleicht nicht, aber ich wollte nicht zuhören. Ich wollte es simpel und kontrollierbar halten.
    »Ich liebe dich, Molly. Wirklich.«
    Vielleicht stimmte das. Vielleicht schuldete ich ihm etwas. Vielleicht war das hier mein ›Casablanca‹.
    »Okay«, sagte ich. »Der Weg da führt zu Grants Grabmal. Warte dort auf mich. Wir treffen uns drinnen.«
    Er warf mir einen skeptischen Blick zu. Glaubte er etwa, dass ich ihn abwimmeln wollte?
    »Ich komme«, fügte ich hinzu. »In zehn Minuten, höchstens fünfzehn.«
    »Grants Grabmal«, sagte er. »Ich warte dort auf dich.« Und weg war er.
    Ich würde wie geplant zur George Washington Bridge fahren, den Leuchtturm ansehen, umkehren, Luke treffen und statt Montag schon heute mit ihm reden. Ich wollte keine Spielchen mehr, nichts mehr vortäuschen. Ich wollte alles geraderücken, was in meinem Leben nicht stimmte. Ich wollte mich ändern. Ich
würde
mich ändern, und heute würde ich damit anfangen. Selbst wenn mich der Falsche liebt, sagte ich mir. Ich weigere mich, eine dieser Ehefrauen zu sein, die eben das Beste aus ihrem mittelmäßigen Leben machen.
    Ich würde nicht die Messer wetzen, sondern die Dinge sanft, aber unwiderruflich abbrechen, wie einen morschen Zweig. Dann würden Luke und ich jeder unseren eigenen Weg gehen, und ich könnte meinem Ehemann schon ein bisschen geläuterter gegenübertreten. Ich wusste, ich tat das Richtige, und das versetzte mir einen solchen Schub, dass ich das Tempo noch mal anzog.
    Ja, ich hatte Gefühle für Luke.
    Nein, ich würde sie nicht ausleben.
    Ja, ich würde ihn vielleicht immer lieben.
    Nein, ich würde meine Meinung nicht ändern, egal, was er tat.
    Ich, Molly Divine Marx, konnte das schaffen. Ich begann zu proben.
    »Luke, ich werde dich immer lieben, aber   …« Nein, niemand hört gern ein »aber«.
    »Luke, wir wussten beide von Anfang an   …« Nein, wussten wir nicht.
    »Luke, du bedeutest mir so unendlich viel, und deshalb   …«
    Ich bemühte mich,

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