Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben
dem Eames-Sessel auf und setzt sich auf das Sofa gegenüber von Brie. Von diesemPlatz aus hat er einen noch besseren Blick auf ihre Beine. »Und Mrs. Marx – hat sie ihren Ehemann geliebt?«, fragt er und greift nach einem Buch, einer Biografie über Maxwell Perkins, die er geistesabwesend durchblättert und dann wieder hinlegt, während er auf Bries Antwort wartet. »Hat dieser Perkins bei der Arbeit nicht immer seinen Hut aufbehalten? Sollte ich vielleicht auch mal probieren.«
»Zweifellos, ja«, schießt es plötzlich aus Brie heraus, und ich weiß nicht, ob sie den Hut meint oder Hicks’ Frage beantwortet. »Sie konnte sich ziemlich über Barry ärgern, aber er war auch eine Art Sicherheit für sie.«
Wo zum Teufel habe ich das denn her?,
fragt Brie sich selbst. Und warum ist sie sich da so sicher?, frage ich mich.
»Er war was?«, sagt der Detective. Jetzt ist sein Interesse geweckt.
»Ich habe immer geglaubt, dass Molly ihre Ehe schlechterredete, als sie war. So eine Art selbstironisches Ritual.«
Da irrt Brie sich. Ich glaube, sie wollte meine Ehe als besser ansehen, als ich sie beschrieb. Brie war eine Freundin, die es nicht nötig hatte, mein Glück zu schmälern, um ihr eigenes größer zu machen.
»Können Sie das etwas näher ausführen?«, sagt Hicks.
Wenn ich das nur könnte,
denkt Brie.
Wenn ich nur Beweise hätte.
»Das war nur so ein Gefühl, das ich hatte.«
Hat Brie mich etwa für eine hirnlose Jammerliese gehalten?
»Erzählen Sie mir von Ihrer letzten Begegnung mit Mrs. Marx«, fordert Hicks sie auf.
»Das war bei einem Fahrradausflug im Februar, diese Phase, als wir tagelang über 15 Grad hatten.«
Die globale Erderwärmung. Ob ich wohl noch mitkriegen werde, was dabei herauskommt?
Hicks schreibt etwas in ein schwarzes Ledernotizbuch, das er aus seiner Jackentasche gezogen hat. »Sie sagten, dass die Mutter des Ehemannes – wie haben Sie es ausgedrückt – ›schwierig‹ war.«
»Molly kam trotzdem sehr gut mit ihr aus«, erwidert Brie, obwohlsie weiß, dass Kitty mich lediglich toleriert hat, manchmal sogar höflich. »Genau wie mit ihren Eltern und ihrer Schwester.«
»Ja, die Schwester«, sagt Hicks. »Was ist mit der eigentlich los?«
»Wie bitte?«
»Auf der Beerdigung … Finden Sie nicht auch, dass sie sich da ziemlich auffällig verhalten hat?«
»Es war die Beerdigung ihrer Zwillingsschwester«, sagt Brie eisig. »Wie hätte sie sich denn verhalten sollen?«
»Okay«, erwidert er. »Tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein. Aber was ist mit der Schwester? Standen die beiden sich nahe?«
»Haben Sie Geschwister, Detective?«, fragt Brie. »Sie wissen doch, wie das ist. Manchmal liebt man sie, und dann wieder wünscht man sich, sie wären gleich nach der Geburt ertränkt worden.« Kaum sind die Worte heraus, bereut Brie sie auch schon. »Molly und Lucy wussten genau, wie sie die andere provozieren konnten, doch sie standen sich sehr nahe.«
Sie haben sich geliebt,
denkt Brie.
»Standen Lucy und Sie sich auch nahe?«, fragt Hicks.
Brie schweigt einen Moment. Sie hielt Lucy immer für selbstgefällig und provinziell, wahrscheinlich weil sie wusste, dass Lucy sie für selbstgefällig und hochtrabend hielt. »Wir haben uns gegenseitig respektiert«, sagt Brie schließlich.
Hicks lacht kaum hörbar in sich hinein.
Isadora tritt aus dem Schlafzimmer, mit einer großen Handtasche. Ich kann meinen Blick kaum davon losreißen – schwarzes Leder mit aufgeprägten, verschlungenen Blumen, vielleicht sogar einem Kanarienvogel. Sie geht zu Brie, legt ihr den Arm um die Schulter und streift ihre Lippen mit einem Kuss.
Hicks scheint die Vorstellung zu gefallen. Er lächelt. »Wir sind gleich fertig, Miss Lawson. Nur noch ein paar letzte Fragen. Wo waren Sie an dem Abend, als Ihre Freundin starb?«
Brie presst die Augen zusammen, damit ihr nicht die Tränen kommen. »Ich habe gearbeitet«, sagt sie. »In Brasilien.«
Tja, ich war in der Bronx beim Bowling,
denkt Hicks. »Gibt es noch irgendetwas, das Sie mir erzählen möchten?«
Brie sieht blass aus und müde. Eine lange dunkle Locke löst sich aus ihrem Knoten, und sie streicht sie sich aus dem Gesicht. »Ich wüsste nicht was.«
»Okay«, sagt Hicks. »Dann nur noch eins. Kennen Sie einen gewissen Luke?« Wieder zieht er sein Notizbuch aus der Jackentasche. »Luke Delaney?«
»Luke Delaney«, wiederholt Brie. »Ja, ja, natürlich. Wir haben uns vor Jahren kennengelernt, als ich noch Model
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