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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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zwanzig eine tiefe Falte zwischenden Augenbrauen haben und das allerneueste Make-up benötigen, um sie zu kaschieren. »Wer sind Sie?«, fragt Ella in einem so harten Tonfall, wie ich ihn im Leben nicht zustande gebracht habe.
    »Ich bin Annabels Tante«, erwidert Lucy, sieht sich nach Ellas Mutter oder Kindermädchen um und ist erleichtert, dass das Mädchen allein ist. »Wir müssen uns jetzt beeilen, ich wünsche dir schöne Feiertage. Tschüs!«
    »Aber wo ist Ihr gelber Zettel? Annabel braucht eine Erlaubnis, um mit Ihnen zu gehen. Wo ist er?« Es hätte mich nicht gewundert, wenn Ella Lucy eine Ohrfeige verpasst und Alarm ausgelöst hätte. »Das ist unsere Regel   – Sie brechen die Regel«, fügt sie laut hinzu, worauf einige der in der Eingangshalle stehenden Mütter die Köpfe nach Lucy drehen. Darunter Stephanie, die immer noch in ihr Headset spricht.
    Du kleiner Giftzwerg,
denkt Lucy.
Hoffentlich kriegst du, wenn du groß bist, Akne, Beine wie ein Brauereigaul und eine Nase, die selbst Barry nicht mehr richten kann.
Sie nimmt Annabel an der Hand und zieht. Doch Annabel rührt sich nicht vom Fleck.
    »Ella hat recht, Tante Lucy«, sagt meine Tochter ernst. »Das ist unsere Regel.«
    »Annie-Belle«, sagt meine Schwester, bückt sich und flüstert: »Ich werde dir ein Geheimnis verraten. Es gibt ein paar Regeln, die dazu da sind, gebrochen zu werden, aber das lernt man im Kindergarten noch nicht. Verstehst du? Komm. Vertrau mir. Ich bin nicht nur deine Tante, ich bin auch Lehrerin und weiß, wovon ich spreche.«
    Als Lucy diesmal an ihrer Hand zieht, sieht Annabel ihre Tante fest an, zögert noch einen Augenblick, folgt ihr dann aber und winkt Ella zum Abschied. Sie sind schon raus aus dem Gebäude, als die füllige Narcissa mit einer Gebäckschachtel in der Hand in die Eingangshalle tritt. Sie beugt sich zu Ella hinunter, küsst sie und fragt in ihrem Singsang: »Fertig, Schätzchen? Tut mir leid, ich bin zu spät. Wo ist denn deine Freundin?«
    Ella zieht ihr Kindermädchen zur Tür hinaus und zeigt die Straßehinunter. »Sie ist mit
der
mitgegangen!«, ruft sie. »Mit der Lady da. Die sagt, sie ist Annabels Tante.« Meine Schwester und Annabel stehen noch auf dem Gehweg, denn alle vorbeikommenden Taxis sind besetzt. Auf Narcissas brauner Stirn zeichnet sich eine steile Falte ab. Jetzt weiß ich, woher Ella diesen Gesichtsausdruck hat. »Annabel ist mit der bösen Lady gegangen. Wir müssen was tun.«
    »Haltet die Frau auf!«, kreischt Narcissa plötzlich so laut, dass selbst Aretha Franklin vor Neid erblasst wäre. »Kidnapper! Perverse!« Wie ein Echo wiederholt Ella jedes Wort von Narcissas Schimpftirade, und die beiden laufen gerade los, als Stephanie mit Jordan aus dem Gebäude kommt.
    »Was ist denn los?«, ruft Stephanie.
    »Die Frau da!«, schreit Narcissa und dreht sich um. »Die stiehlt Annabel Marx.«
    »Annabel Marx? Ich hole den Wachmann. Passen Sie auf meinen Sohn auf.« Und schon ist Stephanie wieder in dem Gebäude verschwunden und auf dem Gehweg steht allein ein verwirrter Jordan, der sich fragt, wem er denn jetzt hinterherlaufen soll, Narcissa und Ella oder seiner Mutter. Narcissa, die hundertzehn Kilo wiegt, ist nicht gerade schnell zu Fuß, doch Ella und sie erreichen Lucy und Annabel, als sich eben eine Taxitür hinter ihnen schließt. Narcissa schlägt mit ihrer riesigen Nylontasche gegen die Tür. Der Fahrer steigt so schnell in die Bremsen, dass sein Turban ins Rutschen gerät.
    »Sofort aussteigen!«, brüllt Narcissa und schlägt immer weiter gegen die Tür. »Fahrer, die Frau stiehlt das kleine Mädchen! Aufhalten! Kidnapper! Nicht weiterfahren!«
    Lucy kurbelt das Fenster gerade weit genug herunter, um hinauszuschreien: »Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Dreck, Sie Miststück. Ich bin mit diesem Mädchen verwandt.« Und an den Fahrer gewandt, fügt sie hinzu: »Fahren Sie los.« Doch der Fahrer hat sein Taxi längst gestoppt. Er hat genug gehört und greift jetzt nach seinem Handy.
    »Lassen Sie das! Legen Sie das Handy weg!«, befiehlt Lucy.
Ich weiß, was für dieses Mädchen am besten ist,
höre ich sie denken .
Molly würde wollen, dass ich mich um mein eigen Fleisch und Blut kümmere. Barry, diese elende Karikatur von einem Ehemann, verdient diese wunderbare Tochter gar nicht, genauso wenig wie er meine wunderbare, nervtötende Schwester verdient hatte. Er hat ihr das Leben zur Hölle gemacht und   …
    »Sie stiehlt das Kind!«, schreit Narcissa und droht mit dem

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