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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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verrückt. Also steckte ich mein Portemonnaie schließlich doch wieder ein und überließ Moritz den Vortritt.
    Vor dem Restaurant standen wir uns lange gegenüber, ohne etwas zu sagen, aber mit jeder Menge Worten, die zwischen uns in der Luft hingen.
    » Schade«, sagte Moritz am Ende des Schweigens. Dann lächelte er mir zu, drehte sich auf dem Absatz um und schlich mit eingeknickten Schultern von dannen.
    Ich machte mich auf den Weg nach Hause. Ein leichter Sommerregen setzte ein. Und neben all dem Gefühl von verpassten Chancen und vertanen Gelegenheiten legte sich eine unendlich erholsame Ruhe auf mich, denn ich hatte, in dem Moment, in dem ich es Moritz gegenüber ausgesprochen hatte, gemerkt, dass es tatsächlich so war.
    Es war undramatisch. Es war keine wilde Achterbahn. Es war Konrad, und nur Konrad ist das, was zählt. Und diese Erkenntnis machte mich tatsächlich ein kleines bisschen stolz.

Gang nach Canossa
    Dienstag, 16 . August, um 14 : 31 Uhr
    So. Jetzt muss ich es nur noch Konrad sagen. Ich weiß aber nicht, ob meine Variante der Geschichte ihn in euphorische Höhenflüge versetzen wird.
    Weißt du, Konnilein, es war nämlich so, dass Moritz einfach so bei mir vor der Tür stand und so derartig gekonnt und sterneküchenreif Süßholz raspelte und mit seinen blauen Augen blinkte, dass ich mir dachte, Mensch, der arme Kerl, geh halt wenigstens mit ihm essen. Immerhin war die Zeit mit ihm damals gar nicht so schlecht, wenn auch das mit dem Verlieben irgendwie nur suboptimal verlief, jedenfalls von meiner Seite aus. Aber weißt du, Konnilein, so nach einem knappen Jahr Beziehung, da ist doch schon mal die Luft draußen, seien wir doch mal ehrlich, da fehlt ein bisschen Salz in der Suppe, ein bisschen Chili im Eintopf, und deswegen dachte ich mir, schau ich mir mal an, was der Moritz mir so zu bieten hat, also einfach mal ganz pragmatisch betrachtet. Überprüfen, was der Markt noch so hergibt. Verstehst du doch, Konnilein, hm? Um der guten alten Zeiten willen.
    Äh– nein. Ich muss mir was anderes ausdenken.
    Konrad, stell dir vor, der Moritz war da! Und er hat mich gefragt, ob wir es vielleicht noch mal miteinander versuchen wollen, aber weißt du, was ich gemacht hab? Nix hab ich gemacht! Ich bin NICHT schwach geworden, nein, nein, obwohl der Moritz wirklich gut aussah und auch sonst sehr charmant war, sogar die Rechnung hat er vollständig übernommen, und da wäre es ja eigentlich eine Frage des Anstandes gewesen, im Hausflur wenigstens ein bisschen mit ihm rumzuknutschen, aber nein, deine Freundin hat das nicht gemacht, ist das nicht toll?
    Ich weiß nicht, ob er sich darüber wird freuen können… Momentan tendiere ich zu dieser Variante:
    Hallo, Konrad, schön, dass du wieder da bist, wie war London? Ich habe hier übrigens nichts gemacht, was dich beunruhigen könnte, ich habe eine weiße Weste, ein reines Gewissen, wasche meine Hände in Unschuld, die Jungfrau Maria könnte sich quasi eine Scheibe von mir abschneiden, ja genau, aber ohne die unbefleckte Empfängnis, also vor allem ohne Empfängnis, aber jedenfalls und hundertprozentig unbefleckt, genau. Ja, also, was ich dir sagen will: Du musst dir keine Sorgen machen.
    Na, wenn das nicht Potenzial hat.

Confessions of a dangerous mind
    Donnerstag, 18 . August um 10 : 03 Uhr
    Gestern Abend, Tatort Wohnzimmer. Konrad und ich sahen fern.
    » Du, Konrad.«
    » Hm, Juli?«
    » Ich muss dir was sagen.«
    Stille. Konrad guckte entspannt weiter fern. Ich würde in dieser Situation sämtliche Alarmglocken anschmeißen und meinem Gegenüber die Daumenschrauben anlegen. Na ja, die Geschmäcker sind halt verschieden.
    » Ich hab Moritz wiedergetroffen.«
    Weiterhin Schweigen. Bis auf ein paar kleine Rädchen, die in Konrads Hirn zu rotieren begannen.
    » Ist das der Typ vom letzten Jahr?«
    » Ja, genau. Jedenfalls habe ich ihn getroffen.«
    » Okay.«
    Äh… okay? Was bitte war daran okay? Hallo? ICH HABE MEINEN EXFREUND GETROFFEN ! Ein bisschen weniger okay sollte das für meinen Geschmack aber schon sein, Herr Paulsen! Ich musste wohl die Dosis noch ein wenig erhöhen, jetzt war der Schmusekurs aber mal zu Ende!
    » Wir waren essen.«
    » Ah so.«
    Ja. Ah so. Das stelle man sich mal vor. Ich beichtete einen Beinaheseitensprung, und mein Freund sagte nur: » Ah so.« Was da alles hätte passieren können! Wir hätten wilden und hemmungslosen Sex unter, neben und auf dem romantisch gedeckten Candle-Light-Dinner-Tisch haben können, jawoll, und das

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