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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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dir?«, herrscht Konrad mich nun doch etwas ungehalten an.
    » Nix«, presse ich zwischen meinen festgetackerten, nach oben gezogenen Mundwinkeln hervor. » Ich freu mich.«
    Und wie.

Geheimniskrämerei
    Donnerstag, 9 . Juni um 14 : 03 Uhr
    Mir ist in den letzten Tagen klar geworden: Ich werde wohl niemals einen Oscar für besondere schauspielerische Leistungen bekommen. In den meisten Fällen, besonders dann, wenn ich so richtig angepisst bin, kann ich hervorragend meine wahren Gefühle verbergen. Wenn’s wirklich drauf ankommt, nicht.
    Konrad bemerkt, dass irgendwas nicht stimmt. Normalerweise merkt er das nie. Nie! Warum denn bitte ausgerechnet jetzt, wenn es wirklich mal um was geht? Wenn ich wirklich etwas mit mir herumtrage, das ich nicht zu verraten gedenke?
    Eigentlich sind Geheimnisse bei mir nicht gut aufgehoben. So, wie ich bei einem akuten Rauchverbot nonstop an Zigaretten denke, so verhält es sich bei mir mit Geheimnissen aller Art. » Das muss aber unter uns bleiben«, ist eine absolute Garantie dafür, dass es mir an der ersten Stelle rausrutscht. Gerne auch sehr unvermittelt.
    Einmal hat mir Cora verraten, dass sie Tines Freund total behämmert findet. » Aber das darfst du ihr NIE , NIE sagen!«, bläute sie mir ein. Ich musste ihr mein Indianerehrenwort mit Spucke drauf geben. Drei Tage lang schwelte das Geheimnis in meinem Kopf und richtete schlimmen Schaden an. Ich konnte nur noch daran denken, dass ich Tine ums Verrecken niemals erzählen durfte, was Cora über ihren Freund dachte. Ich betete mich an meinem Mantra hoch und runter: Nicht verraten. Nicht verraten. Nicht verraten.
    Dann rief Tine bei mir an. » Hi, Juli«, flötete sie ins Telefon, » wie sieht’s aus, wollen wir heute Abend ins Kino gehen?«
    Meine Antwort versetzte sogar mich ins Staunen: » Cora kann deinen Freund nicht leiden!«
    Da war es dann also passiert. Ich hatte mich tagelang mit einem Geheimnis rumgequält und war bei der erstbesten Gelegenheit ungefragt damit herausgeplatzt. Merke: Geheimnisse und ich, wir passen einfach nicht zueinander.
    Glücklicherweise war es im Fall von Tine und Cora kein allzu großes Drama, Tine fand Coras Freund nämlich praktischerweise auch doof, und deswegen schlossen sie schnell und unkompliziert Frieden.
    Ob das bei Konrad und seiner Mutter wohl auch so sein wird? Wenn ich das kleine Geheimnis ausplaudere– und das werde ich früher oder später–, wird das irgendwelchen Schaden anrichten? Sprengt es das familiäre System, das in jahrelanger Sisyphusarbeit mühevoll erreichtet wurde? Was wird Günther mit mir anstellen? Welche Mittel und Wege hat sie, um mich so geschickt von der Bildfläche verschwinden zu lassen, dass nicht einmal Konrad es merkt? » Juli? Weiß nicht, wo die steckt. Kam irgendwie nie vom Zigarettenholen zurück.« Wird mich die böse Hexe am Ende in den Pizzaofen stecken? Oder wird mir die Rote Königin ihre Spielkartenarmee auf den Hals hetzen? Hat Günther Corleone am Ende noch ganz andere Geheimnisse? Vielleicht sogar… noch schlimmere? Schluck.

Raus damit
    Freitag, 10 . Juni, um 23 : 15 Uhr
    Tag der Abrechnung. Konrad kam von der Arbeit nach Hause. Ich stand mit schreckgeweiteten Augen vor dem Fenster und lugte durch die zugezogenen Vorhänge.
    » Juli?«, rief er vorsichtig und kam ins Wohnzimmer. Ich muss ein bisschen zusammengezuckt sein, denn Konrad roch jetzt nicht nur Lunte, er nahm den fiesen Gestank der Heimlichtuerei auf, der sich direkt vor seiner Nase personifizierte.
    » Sag mal«, sagte er und ging langsam auf mich zu, » willst du mir nicht endlich sagen, was mit dir los ist? Seit Tagen bist du so seltsam.«
    Nicht verraten! Nicht verraten! Nicht verraten!
    » Nicht ver…«, hätte ich mich fast verplappert. Ich rettete mich mit einer Notlüge. » Nicht der Rede wert.«
    Konrad sah mich skeptisch an. » Bist du sicher?«
    Ich schwöre, ich wollte ihn anlügen. Ich WOLLTE ! Aber irgendwie gehorchte mir mein Kopf nicht mehr, denn er begann sich zu schütteln. Gleichzeitig sagte mein Mund: » Alles okay.«
    Mein Freund hob die Augenbrauen und legte eines seiner schiefen Lächeln auf, Marke: Erzähl das jemandem, der’s dir glaubt.
    Er zog mich aufs Sofa und drückte mich in die Kissen. » Julibaby.«
    Das ist sein neuster Spleen. Mich Baby zu nennen. Wie bei Dirty Dancing, nur ohne die Hebefigur. Wohl auch als Rache für mein gelegentliches » Konnilein«. Als ob mich das beeindrucken würde.
    » Mir kannst du es doch sagen!«
    Pah! Pahahaa! Ja,

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