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Ich, Nojoud, zehn Jahre, geschieden

Titel: Ich, Nojoud, zehn Jahre, geschieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nojoud Ali , mit Delphine Minoui
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reden können? Vom ersten Abend an war mir klar, dass nichts mehr sein würde wie zuvor.
»Mabrouk! Mabrouk!« – Herzlichen Glückwunsch!
    Den Blick auf meinen kleinen nackten Körper geheftet, trommelt mir meine Schwiegermutter aufs Gesicht, um mich zu wecken. Ich sehe sie vor mir, als wäre es gestern gewesen. Das frühe Morgenlicht fällt ins Zimmer. In der Ferne kräht ein Hahn. Über ihre Schulter hinweg erkenne ich meine Schwägerin, die uns auf der Fahrt begleitet hat. Ich bin noch schweißgebadet. Ich reiße die Augen auf und bemerke die Unordnung im Schlafzimmer. Die Öllampe ist bis zur Tür gerollt. Mein braunes Kleid liegt auf dem Boden wie ein alter Putzlappen. Er ist da, auf der Matte, und schläft wie ein Bär. Was für ein
walesh
 – was für ein
Monster!
Und auf dem vollkommen zerknitterten Leinentuch der kleine frische Blutfleck.
    »Mabrouk!«,
jubelt die Schwägerin.
    Mit hämischem Lächeln beschaut sie sich die rote Spur. Ich bin stumm. Wie gelähmt. Meine Schwiegermutter beugt sich zu mir nieder und nimmt mich in die Arme wie ein Paket. Warum ist sie nicht früher gekommen, als ich ihre Hilfe brauchte? Jetzt ist es zu spät. Aber vielleicht ist sie ja seine Mitwisserin und billigt, was das Monster mir angetan hat? Sie rammt mir die Hände in die Rippen, stößt mit dem Fuß die Tür auf, zieht mich ins Badezimmer, einen engen Raum, in dem ein Waschzuber und ein Eimer stehen, und beginnt, mich mit Wasser zu bespritzen. Brr, ist das kalt!
    »Mabrouk!«,
rufen die beiden Frauen im Chor.
    Ihre Worte dröhnen in meinen erschöpften Ohren. Ich fühle mich klein, winzig klein. Ich habe die Kontrolle über meinen Körper und meine Bewegungen verloren. Außen ist mir kalt, innen aber glühe ich. Mir ist, als sei ich besudelt. Ich habe Durst. Ich koche vor Wut, aber ich kann sie nicht ausdrücken.
Omma
, du bist zu weit weg, um dich um Hilfe zu rufen.
Aba
, warum hast du mich verheiratet? Warum? Warum mich? Und warum hat mich niemand gewarnt, was mir da zustoßen würde? Womit habe ich das verdient?
    Ich will zurück nach Hause!
    Als das Monster an jenem Morgen schließlich aufwachte, drehte ich den Kopf zur Seite, um seinem Blick nicht begegnen zu müssen. Er gab einen lauten Seufzer von sich, frühstückte und verschwand für den ganzen Tag. In einer Ecke zusammengekauert, bat ich Allah den Allmächtigen, er möge kommen und mich retten. Mir tat alles weh. Die Vorstellung, mein Leben an der Seite dieses Monsters verbringen zu müssen, ergriff mich mit Entsetzen. Eine Falle, ich war in eine Falle geraten, und es gab kein Entkommen. Wie konnte es sein, dass mein Leben so plötzlich zu einem Alptraum wurde?
    Ich musste mich schnell den neuen Regeln anpassen. Ich durfte nicht aus dem Haus, durfte kein Wasser an der Quelle holen, durfte mich nicht beklagen, durfte nicht »nein« sagen. Und an Schule war nicht einmal zu denken. Wie gern hätte ich mich auf eine Schulbank gesetzt, der Lehrerin zugehört, wie sie uns neue Geschichten beibringt, und dann meinen Namen mit weißer Kreide an die schwarze Tafel geschrieben.
    Khardji, mein Heimatdorf, war mir fremd geworden. Zu Hause musste ich tagsüber von nun an die Anweisungen meiner Schwiegermutter befolgen: Gemüse schneiden, die Hühner füttern, den Tee für vorbeikommende Gäste zubereiten, den Boden aufwischen, das Geschirr spülen. Sosehr ich mich auch abmühte, die vor schwarzem Fett strotzenden Töpfe zu schrubben, es war mir unmöglich, ihre ursprüngliche Farbe wieder freizulegen. Die Geschirrtücher waren gräulich und stanken. Immer schwirrten Fliegen um mich. Wenn ich eine Pause machte, zog mir meine Schwiegermutter mit fettigen Händen an den Haaren. Schließlich wurde ich genauso klebrig wie die Küche, und unter den Fingernägeln war ich ganz schwarz.
    Eines Morgens bat ich sie um Erlaubnis, mit den Kindern meines Alters spielen zu dürfen.
    »Du bist hier nicht im Urlaub«, entgegnete sie.
    »Bitte! Nur ein paar Minuten.«
    »Kommt nicht in Frage! Eine verheiratete Frau kann sich nicht erlauben, mit jedem Dahergelaufenen Umgang zu haben. Es hätte gerade noch gefehlt, dass du uns in Verruf bringst. Wir sind hier nicht in der Hauptstadt! In Khardji weiß jeder, sieht jeder, hört jeder sofort alles. Ich kann dir nur empfehlen, vorsichtig zu sein. Vergiss auf keinen Fall, was ich dir gesagt habe, klar? Sonst werde ich es direkt deinem Mann melden.«
    Das Monster brach morgens auf und kam erst kurz vor Sonnenuntergang zurück. Dann ließ er

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