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Ich sehe was, was du nicht siehst

Ich sehe was, was du nicht siehst

Titel: Ich sehe was, was du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Diaz
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einem schicken Restaurant. Wie sie zusammen mit einem anderen Paar lachten und Steaks grillten.
    Wie sie sich küssten.
    Ein schmerzliches Gefühl schnürte ihr die Kehle zu. Ihr Puls begann zu rasen. Sie hatte ihn aufgegeben, aus Angst vor Gefühlen, die sie allzu schnell überwältigt hatten und ihr wie ein Strohfeuer erschienen waren; sie hatte gefürchtet, den Fehler zu wiederholen, den sie bei ihrem ersten Ehemann gemacht hatte.
    Doch statt langsam zu verschwinden, waren ihre Gefühle für Pierce stärker als je zuvor. Es setzte ihr sehr zu, ihn mit einer anderen vereint zu sehen. Sie musste sofort raus aus dieser Folterkammer. Andererseits wollte sie auch nicht zur Tür sprinten, damit er nicht glaubte, dass sie sich erneut aus dem Staub machen wollte.
    Sie zog sich in den Korridor auf der gegenüberliegenden Seite des Wohnzimmers zurück und begann damit, die Zimmer zu erkunden. Im Gegensatz zu der geschmacklosen Einrichtung des Wohnzimmers sahen die beiden Räume aus wie ganz normale Gästezimmer – abgesehen von der Tatsache, dass sich in einem der Zimmer ein Schrank voller Männerkleidung befand.
    Mit dem Finger fuhr sie über das weiche, kühle Gewebe eines hellblauen Hemdes. Ein schwacher Geruch nach Seife und Eau de Cologne drang ihr in die Nase. Nicht länger imstande, der Versuchung zu widerstehen, drückte sie ihre Nase in das Hemd und atmete tief ein. Der Geruch war unverwechselbar. Die Kleider gehörten Pierce.
    War Tessa solch ein Modepüppchen, dass sie ihm kein Eckchen im Kleiderschrank des Schlafzimmers freihalten konnte? Madison ging weiter zu einer Kommode auf der anderen Seite des Raumes und griff nach der obersten Schublade.
    »Suchen Sie etwas Bestimmtes?«
    Der Klang der weiblichen Stimme – Tessas Stimme – bewirkte, dass Madison sich aufrichtete. Tessa stand in der Türöffnung, eine magere, blasse Hand versteckte sie hinter ihrem Rücken, während sie mit der anderen ungeduldig auf ihrem eng anliegenden, smaragdgrünen Rock herumtrommelte.
    Madison versuchte, über ihre Schulter zu schauen.
    »Er ist weggefahren«, sagte Tessa. »Er hat eine wichtige Verabredung.«
    »Er hat mich hier zurückgelassen? Mit Ihnen?« Sie gab sich keine Mühe, ihre Überraschung – oder ihre Erleichterung –, zu verstecken. Wenn er sie mit dem Porzellangesicht alleinließ, konnte das nur bedeuten, dass sie nicht länger seine Gefangene war. Madison machte es nichts aus, dass die Frau mehrere Zentimeter größer war als sie selbst. Die meisten Menschen waren größer als sie, dennoch traf sie nur selten jemanden, mit dem sie nicht fertig wurde – selbst, wenn es zum Äußersten kam. »Also, wenn das so ist, dann werde ich jetzt nach Hause gehen.«
    »Das glaube ich kaum.« Tessa zog die andere Hand hinter dem Rücken hervor, in der sie zu Madisons Überraschung eine Pistole hielt. Auf den Boden zielend hielt sie die Waffe mit der Selbstsicherheit und Gelassenheit eines Menschen, der genau wusste, wie man damit umging.
    Madison musterte die Rothaarige mit neu erwachtem Respekt.
    »Pierce möchte, dass Sie hier im Haus auf ihn warten«, sagte Tessa. »Er hat mir gesagt, dass Sie nicht so … glücklich darüber wären, hier festgehalten zu werden. Er hat mir auch gesagt, dass Sie ganz schön raffiniert sein können. Versuchen Sie also ja nicht, mich hereinzulegen …«. Sie zuckte mit den Achseln und ließ die unausgesprochene Drohung zwischen ihnen stehen, während sie mit der Pistole auf ihren Oberschenkel klopfte.
    Sieh an, sieh an! Porzellangesicht hatte echt Nerven, sie mit einer Waffe zu bedrohen. Madison gab ihr mit einem Nicken zu verstehen, dass sie sich ruhig verhalten würde – vorerst zumindest.
    Tessa trat einen Schritt zurück, um ihr den Weg freizugeben.
    Als sie das Wohnzimmer betraten, drehte Madison sich zu Tessa herum und musterte sie mit skeptischem Blick. »Und was jetzt?«
    Tessa klopfte auf die Couch. »Setzen Sie sich, schauen Sie sich einen Film an, machen Sie sich etwas zu essen. Mir ist egal, was Sie tun, solange Sie nicht versuchen abzuhauen. Wenn Sie schlafen gehen wollen – im Flurschrank sind ein paar zusätzliche Decken und Kissen.«
    »Schlafen? Wie lange ist Pierce denn unterwegs?«
    Tessa setzte sich auf das andere Ende der Couch, ihre Bewegungen waren so lässig und graziös, dass Madison sich auf einmal viel älter als achtundzwanzig vorkam.
    »Bis zum Morgengrauen müsste er zurück sein«, sagte Tessa. »In der Zwischenzeit werden wir beide uns bestimmt gut

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