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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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Hatte eigentlich schon beschlossen, dich nicht zu stören, aber ich konnte nicht schlafen. Ich musste dir einfach sagen, dass du recht hattest.«
    Falls Jazz auf eine Entschuldigung gewartet hätte, hätte er lange warten können. Es würde keine kommen. Was G. William betraf, waren sie jetzt quitt, was das gegenseitige Misstrauen anbelangte, da Jazz seinen Tatort unbefugt betreten hatte.
    Jazz nahm gegenüber dem Sheriff Platz. » Dann erzählen Sie mal, was passiert ist.«
    Ein Achselzucken. » Alles fing an, als wir auf einen Fall stießen, bei dem kürzlich ebenfalls Finger entfernt wurden. Derselbe Modus Operandi.«
    » Das ist nicht sein MO , sondern seine Signatur«, sagte Jazz und biss sich sofort auf die Lippen. Er brauchte G. William jetzt nicht zu belehren.
    Aber der Sheriff nickte nur müde. » Ja, richtig, ich weiß«, sagte er ohne Groll. » Jedenfalls ist die Leiche vor drei Tagen oben in Lindenberg aufgetaucht, gleich hinter der Staatsgrenze. Zwei Finger entfernt, einer zurückgelassen. Der Mittelfinger.«
    » Nur zwei Finger? Er hat nur einen mitgenommen? Sind Sie sicher?«
    » Bis zehn zu zählen, kriegen wir schon ganz gut hin, Jazz.«
    » Ist sie identifiziert? Gibt es eine Verbindung zu Goodling?«
    » Nein. Jedenfalls nicht, soweit wir feststellen können. Sie heißt…« G. William verlagerte sein Gewicht schwerfällig nach einer Seite, zog sein Smartphone aus der Tasche und scrollte durch eine Datei. » Sie heißt Carla O’Donnelly. Studentin der State University. Keine erkennbare Verbindung zu Goodling.« G. William steckte das Handy zurück und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als könnte er mit einer Art Zaubertrick– Simsalabim!– die Welt vor seinen Augen verändern.
    Der Trick funktionierte nicht.
    » Ich weiß nicht, ob ich dem gewachsen bin, Jazz«, sagte er mit brüchiger Stimme. » Ich bin einfach…« Seine Finger zitterten, als er sich die Schläfen massierte. Jazz kam sich vor, als hätte er gerade jemanden beim Sex überrascht. Zum einen war er peinlich berührt wegen G. William, und gleichzeitig schämte er sich selbst. Vielleicht war er auch ein wenig konfus. Dennoch konnte er nicht anders als zusehen. Beobachten. Ein kalter, kühl analysierender Teil von ihm– vielleicht derselbe, der ihn zu einer so guten Besetzung für die Rolle des Reverend Hale machte– registrierte alle Reaktionen G. Williams, seine Bewegungen, seine Worte. So sieht es aus, wenn jemand völlig von der Rolle ist, dachte er. So sieht es aus, wenn man mit seinem Latein am Ende ist. Hales Worte passten hier: » Kein Mann darf länger daran zweifeln, dass die Kräfte der Finsternis sich zu einem ungeheuerlichen Angriff auf dieses Dorf gesammelt haben.«
    Hale… seine Rolle…
    Was, wenn das alles nur gespielt war? Der nächtliche Besuch. Der Beinahe-Zusammenbruch. Jazz wollte es nicht denken, aber er musste. Es wäre unverantwortlich, es nicht zu denken.
    Was, wenn der Mörder niemand anderer als G. William Tanner wäre?
    Alle sagten, die Jagd auf Billy hätte den Sheriff fast um den Verstand gebracht. Was also, wenn dieses » fast« aus der Gleichung gefallen war? Was, wenn G. William komplett übergeschnappt und zu dem geworden war, was er jagte? War das möglich?
    Nein.
    Nein. Jazz gestattete sich nicht, es zu glauben. Nicht in allen Menschen steckt ein Mörder. Nicht alle sind wie ich.
    Der Sheriff räusperte sich und legte die Fingerspitzen auf dem Tisch vor sich aneinander. » Jedenfalls wurde sie nicht erdrosselt wie Goodling, sondern erstickt. Dem Bericht nach, den wir aus Lindenberg bekommen haben, wahrscheinlich mit einer Plastiktüte. Sie haben das ganze Zeug als E-Mail geschickt, aber ich habe noch nicht alles durchgesehen. Wir wissen nicht, warum er die Anzahl der Finger verändert hat. Wir…«
    » Er zählt«, unterbrach ihn Jazz. Es kam ihm als plötzliche Einsicht, so wie die Erkenntnis, dass Fiona Goodling einem Serienmörder zum Opfer gefallen war, als sie noch unter Jane Doe lief. » Er zählt seine Opfer. Goodling war sein zweites, O’Donnelly das erste. Er nimmt so viele Finger mit, wie er Menschen getötet hat. Einen lässt er zurück, um uns den Stinkefinger zu zeigen. Das ist seine Signatur.«
    » Ja, wahrscheinlich. Klingt einleuchtend.« Hier ist die ganze unsichtbare Welt …
    Jazz beugte sich vor. » Sie brauchen mich bei dieser Geschichte, G. William. Ich kann Ihnen helfen. Lassen Sie mich den Bericht sehen. Beide– den von Goodling und den von O’Donnelly. Ich lag

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