Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)
unseres Gesprächs einen wirklich guten Eindruck von Taki-kun. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, bezahlte er für Maki und mich das Taxi nach Hause. Kaum in ihrer Wohnung angekommen, rief Maki mich schon an.
B ILDTEIL
In vielen japanischen Häusern befindet sich an einem Ehrenplatz ein buddhistischer Altar, auf dem die Bilder von verstorbenen Verwandten stehen. Maki hat einen solchen Altar mit den Fotos unserer Eltern im Wohnzimmer. Wenn ich mir diese Bilder ansehe, dann finde ich, dass ich meinem Vater sehr ähnlich sehe.
So viele Namenstafeln … Das sind die Namen meiner Eltern. In einer Stadt wie Tokio gibt es nicht viel Platz für Friedhöfe, und solche Gemeinschaftsanlagen sind da normal.
Wir haben meinen Eltern eine Grabstelle auf dem Friedhof gekauft, auf dem Toyama no Kin-san begraben ist, denn mein Vater verehrte diesen Samurai aus der Edo-Zeit (1603–1868). Ich gehe oft dorthin, um das Grab zu besuchen. Toyama war berühmt für seine Kirschblüten-Tätowierung, und im Frühling ist der Friedhof voller Kirschblüten, die im Wind tanzen.
Tokios Rotlichtviertel Kabukicho ist zwar nicht mehr ganz so heruntergekommen wie damals, als ich hier in Hostessenbars gearbeitet habe, aber ich bin trotzdem froh, dass ich nicht mehr Teil dieser Welt bin.
Maki hat jetzt vier Kinder, aber sie hat immer Zeit für mich und meine Tochter. Und meine Tochter spielt gerne mit ihren Cousins und Cousinen im Park.
Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine alleinerziehende Mutter werden würde, schon gar nicht mit 37. Aber jetzt gibt es für mich nichts Schöneres, als dieses kleine Mädchen mit seiner weichen, warmen Haut in den Arm zu nehmen. Sie ist mein wertvollster Schatz.
»Und? Wie findest du Taki-kun?«
»Ich fand ihn sehr nett.«
»Ja, nicht? Aber glaubst du nicht, dass er etwas zu ernst ist?«
»Also mir war er sehr sympathisch.«
»Du musst unbedingt auch den anderen kennenlernen, er ist viel lockerer und lässiger als Taki-kun.«
Mich beschlich eine ungute Vorahnung.
»Was arbeitet er denn?«
»Gar nichts. Aber er gibt viel Geld für mich aus, weil seine Familie so reich ist.«
»Also ist er ein Playboy.«
»Nein, gar nicht. Er ist klug und war sogar auf einer Universi tät.«
»Nur weil jemand auf der Universität war, ist er doch noch lange nicht klug, oder?«
»Ach komm schon, Shoko, sei doch nicht so. Wenn du ihn siehst, wirst du mich schon verstehen. Hast du morgen Zeit?«
»Ja gut, ruf mich an.«
»Dann bis morgen.«
»Ja, schlaf schön.«
Während ich auflegte, dachte ich, dass ich den anderen eigentlich gar nicht zu sehen brauchte, um mir vorstellen zu können, wie er war. Denn seit Kurzem hatte Maki viele Designersachen, eine Handtasche, Kleider und Schmuck von Chanel, und ich war mir sicher, dass dieser Typ dafür verantwortlich war.
Am nächsten Tag war ich mit Maki und ihrem Freund in einem Family-Restaurant verabredet. Als ich ihn mit »Guten Abend, es freut mich, dich kennenzulernen« begrüßte, antwortete er nur: »Ach, sei doch nicht so förmlich. Maki hat mir so viel von dir erzählt, Shoko. Bestell einfach all das, was du gerne möchtest.«
»Äh ja, wie heißt du denn?«
»Man nennt mich Icchan.«
»Freut mich.«
»Ebenfalls.«
Icchan schien ein ziemlich lässiger Typ zu sein, mit einem fröhlichen Lachen. Außerdem war er von Maki ganz hingerissen. Nachdem wir uns etwa eine Stunde im Restaurant unterhalten hatten, gingen wir wieder.
»Ich muss mich jetzt leider verabschieden, denn ich habe noch etwas vor. Hier, das ist für euer Taxi.«
Damit reichte er Maki 100 000 Yen (etwa 900 Euro).
»Vielen Dank für das Essen, Icchan.«
»Schon klar, bis dann, Shoko.«
»Ach Icchan, ruf mich doch morgen an!«, rief Maki und winkte ihm hinterher.
»Na, was meinst du? Der ist doch toll, oder?«
»Lass es lieber.«
»Aber warum denn?«
»Ich würde Taki-kun nehmen. Icchan kann vielleicht ein guter Freund sein, aber für eine Beziehung taugt er nicht.«
»Na ja, sicher, Taki-kun ist nett und aufrichtig, und ich kann kein böses Wort über ihn sagen, aber er ist einfach nicht der Richtige. Mit Icchan kann ich viel besser reden.«
»Ich meine es nur gut mit dir. Vergiss ihn.«
»Aber warum denn?«
»Er wird dir wehtun.«
»Das sagst du nur, weil du Icchan noch nicht so gut kennst.«
»Eben genau weil ich ihn nicht so gut kenne, sehe ich, wie er ist.«
Maki verzog mürrisch ihr Gesicht und wechselte das Thema.
»Und, wie sieht es bei dir aus?«
»Was meinst
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