Ich töte lieber sanft (German Edition)
geht er gleich an die Decke. Und wenn man ihm sagt, dass er kerngesund ist. Aber das ist er jetzt nicht mehr, hm?«
»Nein, ist er nicht mehr«, sagte Cogan.
»Schöne Scheiße«, sagte Mitch. »Ich weiß nicht … Ach, ich bin einundfünfzig und werde fett. Dabei hatte ich nie Probleme mit meinem Gewicht, damals, als ich dreißig, fünfunddreißig war. Soll ich dir mal was sagen? Als ich dreißig war, weißt du, wer da Präsident war? Harry Truman.«
»Der müsste inzwischen ungefähr hundert sein«, sagte Cogan.
»Soviel ich weiß«, sagte Mitch, »ist der inzwischen mausetot. Damals brauchte ich nur weniger Kartoffeln zu essen, das war alles. Ein bisschen Sport und weniger Kartoffeln. Ich konnte jedenfalls immer ein Bier trinken, wenn ich wollte.«
»Vielleicht auch zwei«, sagte Cogan.
»Hin und wieder vielleicht«, sagte Mitch. »Aber damals konnte ich das, jetzt nicht mehr. Ich brauche bloß ein Glas Bier anzusehen, schon werde ich ein bisschen dicker. Das nervt. Das liegt an dem Cortison, das ich gekriegt hab. Davon wird man ganz aufgeschwemmt. Ich hab zu dem Arzt gesagt, das Zeug macht mich so fett, dass ich dann an Übergewicht sterben werde. Aber er hat gesagt, nein, sobald ich das Zeug absetze, ist mein Gewicht wieder normal. Stimmt aber nicht.«
»Wofür hast du Cortison gekriegt?« fragte Cogan.
»Ich hatte eine Colitis«, sagte Mitch. »Letztes Frühjahr und den ganzen Sommer durch war ich krank. Ich hab mich wirklich scheiße gefühlt. Ich hab gar nicht so viel davon genommen und auch nicht sehr lange, aber dann bin ich beinah wirklich schwer krank geworden. Ich musste zum Schwanzdoktor, und der hat mir Penicillin gegeben. Ich hab vergessen, ihm zu sagen, dass ich schon Cortison kriege, und anscheinend darf man die beiden Mittel nicht mischen. Jedenfalls war ich ungefähr eine Woche lang richtig krank und konnte nichts machen.«
»Meine Frau hat auch mal Cortison gekriegt«, sagte Cogan. »Ich glaube jedenfalls, es war Cortison. Vielleicht war es auch was anderes. Sie hat aber nicht so zugenommen.«
»Hat sie Arthritis oder so?« fragte Mitch.
»Giftefeu«, sagte Cogan. »Sie ist gern draußen und hat einen richtig schönen Garten, in dem hat sie gearbeitet, und da hat sie irgendwie Giftefeu erwischt. Sie hat sich nicht viel dabei gedacht, wahrscheinlich hat sie irgendwelche Wurzeln ausgerissen, die sie besser nicht angefasst hätte, und in null Komma nichts hat es sie überall gejuckt. Sie hat Zinksalbe draufgestrichen, aber es hat nicht aufgehört. Schließlich ist sie zum Arzt gegangen, und der hat gesagt, dass das Zeug in ihrem Blut ist,und dann hat er ihr dieses Mittel verschrieben. Sie hatte es in den Haaren, es war überall auf der Kopfhaut und hinter den Ohren und so weiter. Sie steht immer vor mir auf, weil sie früher zur Arbeit muss als ich, und ich bin davon aufgewacht, dass sie im Badezimmer geheult hat, weil das Kämmen so wehtat. Der Arzt hat gesagt, wenn sie immer nur diese Salbe draufstreicht, geht es nie weg, und darum muss sie Tabletten nehmen. Ich glaube, es war Cortison. Für eine Weile wars für sie die reinste Hölle.«
»Dann kriegt sie es nächstes Jahr wahrscheinlich wieder«, sagte Mitch.
»Ich weiß«, sagte Cogan. »Ich hab den Arzt gefragt, und er sagt, nein, das passiert nur, wenn das Gift im Blut ist und man nichts dagegen unternimmt, sondern nur Salbe auf die Haut streicht. Aber ich würde mich nicht wundern. Diese Typen wissen auch nicht immer, was sie tun. Das große Problem bei ihr ist … sie hat immer große Probleme mit Insekten gehabt. Bienen und Wespen und so. Sie ist allergisch dagegen.«
»Wenn so ein Vieh sie sticht, schwillt alles ganz dick an?« sagte Mitch. »Das hatte ich als Junge.«
»Schlimmer«, sagte Cogan. »Sie könnte dran sterben. Wenn sie aus dem Haus geht, hat sie immer eine Spritze mit Adrenalin dabei. Eine liegt im Handschuhfach vom Wagen, und im Pick-up hab ich auch eine. Die haben ihr gesagt, wenn sie oberhalb vom Hals gestochen wird, hat sie noch fünf Minuten Zeit für die Spritze. Unterhalb vom Hals zwanzig Minuten. Und mir haben sie gesagt: ›Sie müssen ihr die Spritze geben. Versuchen Sie nicht, sie ins Krankenhaus zu bringen. Die Zeit wird nicht reichen. Ihr Herz wird stehen bleiben.‹«
»Mann«, sagte Mitch, »das ist ja hart.«
»Aber sie ist auch hart im Nehmen«, sagte Cogan. »Siekennt es nicht anders, von klein an. ›Es gibt eben Bienen auf der Welt‹, sagt sie, ›und ich kann nicht mein Leben lang
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