Ich töte lieber sanft (German Edition)
die ganze Zeit unterwegs bin und so. Aber ab und zu … Hier haben sie mal vier Typen genagelt und vor die Anklagejury geschleppt und sie gefragt, wer der Typ ist, nach dem sie suchen. Und wie bei dir: Sie kannten seinen Namen schon. Aber die vier haben natürlich nichts gesagt. Obwohl sie ihnen Straffreiheit angeboten haben.«
»Das haben sie in Brooklyn auch mal probiert«, sagte Mitch. »Sie haben alle einkassiert, und was war dann? Keiner hat was gesagt.«
»Ja«, sagte Cogan. »Hier dasselbe. Alle kommen in den Knast. Und wenn sie den Mund nicht aufmachen, was sie natürlich nicht tun werden, bleiben sie drin. Und da sitzen sie also. Und meine Frau … Ich hab ihr gesagt, ich bin nicht groß genug. Und ich höre sowieso damit auf, so bald wie möglich. Von Leuten wie mir wissen die nicht mal, dass es sie gibt. Die Typen da sind viel größer als ich. Aber ich kann sie verstehen. Ich glaube, sie könnte es nicht verkraften, wenn so was wirklich passieren würde. Jedes Mal, wenn sie kommen und die Zollbescheinigungen sehen wollen … Alle wissen Bescheid, in der Cafeteria wird darüber geredet. Und dann regt sie sich auf und macht sich Sorgen und alles. ›Versprich mir nur, dass du da, wo man dich kennt, nicht telefonierst.‹ Das hab ich ihr also versprochen, und ich halte mich auch daran. Aber ich bin sowieso fast draußen aus der Sache. Ich glaube, sie könnte es nicht aushalten, wenn so was wirklich passieren würde.«
»Können sie alle nicht«, sagte Mitch. Der Kellner brachte den Martini und das Bier. Mitch trank von dem Bier. Er wischte sich den Mund ab und rülpste leise. »Letztes Mal«, sagte er,»letztes Mal hat sie tatsächlich die Scheidungspapiere klarmachen lassen. Ich mach ihr keinen Vorwurf daraus. Damals war sie noch viel jünger. Aber am letzten Tag, als wir es noch mal versucht haben … Das war der Tag der Urteilsverkündung. Ich stehe auf, und sie ist schon auf den Beinen. Ich weiß nicht, wie lange schon, aber ich war um fünf schon mal auf, weil ich aufs Klo musste, und da war sie nicht im Bett. Sie sagt: ›Sieht nicht gut aus, oder?‹ Scheiße, nein, es sah nicht gut aus. Der Bulle hatte im Zeugenstand natürlich gelogen und gesagt, ich wäre um halb zehn da gewesen, dabei war es an dem Abend mindestens nach zehn, als ich dahin kam, aber die Geschworenen haben natürlich ihm geglaubt. Also sage ich: ›Nein, sieht nicht gut aus.‹ Wir gehen ins Schlafzimmer und ziehen uns an. Ich steige in meine Hose und sehe ihr zu, und ich weiß nicht, wie sie das macht, mit der ganzen Trinkerei und so, aber sie hatte immer einen verdammt guten Körper, und ich komme ins Grübeln. Ich werde also weg sein, und sie wird wieder trinken, als würde es morgen verboten, und ich
weiß
einfach, dass sie herumvögeln wird. Scheiße, ich meine, ich mag das Gefühl nicht, das ich dabei in den Eiern kriege, aber ich würde sie nicht mal danach fragen, verstehst du? Nur weil ich im Knast sitze, soll sie darauf verzichten, als wäre sie auch im Knast? Sie sieht mich an. ›Das ist jetzt das dritte Mal, Harold‹, sagt sie. Sie hat mich nie Mitch genannt, und sie weiß, dass ich den Namen hasse.
›Hör zu‹, sage ich, ›man weiß nie, was passiert.‹« Er trank von seinem Martini. »›Man weiß nie, was passiert.‹
Und sie sagt: ›Du weißt, was passieren wird, und ich glaube, dass es passieren wird, und ich weiß nicht, ob ich das noch mal aushalte.‹
Und dann ist es passiert, und ich hab die Scheidungspapiere gekriegt und wollte sie schon unterschreiben. Ich dachte, wennsie es so haben will, soll sie es auch kriegen. Sie hat das jetzt schon zweimal durchgemacht. Die Frau schuldet mir nichts. Wahrscheinlich hängt es ihr zum Hals raus. Aber dann hab ich sie gebeten, mich zu besuchen, und als sie dann da war, hab ich gesagt: ›Hör zu, Margie – wenn du das wirklich willst, kannst du es haben. Aber was hast du davon?‹ Damals war sie neununddreißig, vierzig. ›Du hast immer noch die Kinder, und das musst du wissen: Ich werde nicht immer hier drin sein, und wenn ich rauskomme und sie besuche, hast du mich an der Backe. Ich werde nicht aufhören, vorbeizukommen und sie zu besuchen. Und wir sind schon verdammt lange zusammen. Es sei denn, du hast einen anderen, den du wirklich haben willst.‹ Ich wusste, dass sie einen anderen hatte. Sie sagt nichts, und ich sage: ›Hör zu, tu es für mich. Unternimm jetzt nichts. Als ich das letzte Mal rausgekommen bin, da waren wir beide noch viel jünger. Und
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