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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Lakers einzustellen. Er war auf dem steilen Stück ausgeglitten wie ein Schlittschuhläufer auf dem Eis und hatte unversehens an der Dachrinne gehangen. Er selbst war wie versteinert stehen geblieben, ohne irgendetwas zu tun, während Billy ihn um Hilfe anflehte. Sein Körper pendelte im Leeren, und man hörte deutlich das dunkle Knarren des Blechs, das Stück für Stück unter seinem Gewicht nachgab. Er sah die Fingerknöchel, weiß vor Anstrengung, sich an den scharfen Rand der Dachrinne und ans Leben klammern.
    Billy war mit einem Schrei abgestürzt, hatte ihn aus weit aufgerissenen Augen verzweifelt angestarrt. Mit einem dumpfen Schlag war er auf dem Asphalt vor dem Schuppen aufgeprallt und reglos liegen geblieben. Das Stück Dachrinne, das sich gelöst hatte, war gleichsam zum Hohn genau in dem Basketballkorb stecken geblieben, der weiter unten an der Wand gehangen und Billy und ihn in den Arbeitspausen zu ihren Kämpfchen herausgefordert hatte. Während Billys Mutter schreiend nach draußen stürzte, war er ins Zimmer seines Freundes heruntergegangen, hatte alles, was sich auf dem Rechner befand, auf Disketten gezogen und dann die Festplatte gelöscht, so dass keine Spur zurückblieb.
    Er hatte die Disketten in die Vordertasche seiner Jeans gesteckt und war dann in den Hof hinausgelaufen, wo Billys lebloser Körper lag.
    Die Mutter saß auf dem Boden, hatte den Kopf ihres Sohnes in den Schoß gelegt und sprach zu ihm, während sie ihm zärtlich über die Haare strich. Allen Yoshida hatte ein paar Krokodilstränen ver126

    drückt, war ebenfalls niedergekniet und hatte die harten Kanten der Disketten gespürt, die seine Hosentaschen ausbeulten. Ein Nachbar hatte die Ambulanz gerufen. Der Krankenwagen war so schnell wie möglich gekommen, angekündigt durch die Sirene, deren Ton den Klagerufen von Billys Mutter auf seltsame Weise ähnelte, und hatte mit quietschenden Reifen und Bremsen angehalten. Es waren Männer ausgestiegen und hatten ohne Eile den Körper seines Freundes, mit einem weißen Laken bedeckt, weggetragen.
    Eine alte Geschichte. Eine Geschichte, die man allmählich vergessen konnte. Jetzt lebten seine Eltern in Florida, und sein Vater hatte es schließlich doch noch geschafft, den Fischgestank an seinen Händen loszuwerden. Und falls nicht, so waren die Dollars seines Sohnes Grund genug für die Leute, ihn Wohlgeruch zu nennen. Er hatte die Therapie bezahlt, mit deren Hilfe Billys Mutter vom Alkohol losgekommen war, und er hatte ihr und ihrem Mann ein Haus in einem wohlhabenden Viertel gekauft, in dem sie nun dank seiner monatlichen Zuwendungen sorgenfrei vor sich hin lebten. Als sie sich einmal begegnet waren, hatte ihm die Mutter seines Freundes die Hand geküsst. So viel er sich auch gewaschen hatte, dieser Kuss war lange Zeit in seine Haut eingebrannt.
    Er erhob sich aus seinem Liegestuhl und ging zum Haus zurück.
    Er legte die Jacke ab und hängte sie sich mit einer Hand über die Schulter. Die Feuchtigkeit der Nacht drang durch den leichten Stoff seines Hemdes und klebte es an seine Haut.
    Er pflückte eine weiße Gardenie von einem blühenden Strauch und hielt sie sich unter die Nase. Trotz seiner kokainbetäubten Schleimhäute konnte er ihren feinen Duft wahrnehmen.
    Jetzt kehrte er in den Salon zurück und zog eine Fernbedienung aus der Jackentasche. Er drückte einen Knopf, und die einbruchsicheren Glastüren glitten in ihren perfekt geölten Schienen aufeinander zu und schlossen sich lautlos. Auf dieselbe Weise löschte er das Licht, bis auf die Dauerbeleuchtung einiger Lampen, die in die Wände eingelassen waren.
    Jetzt war er allein, endlich. Der richtige Augenblick war gekommen, um sich selbst und dem eigenen Vergnügen ein wenig Zeit zu widmen. Seinem geheimen Vergnügen.
    Die Models, die Banker, die Rockstars, die Schauspieler, die seine Partys bevölkerten, waren nicht mehr als Farbspritzer auf einer weißen Wand, Gesichter und Worte, die man ebenso ungeniert wieder vergessen konnte, wie sie versuchten, sich bemerkbar zu machen.
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    Allen Yoshida war ein schöner Mann. Von seiner amerikanischen Mutter hatte er die Proportionen und den gradlinigen Körperbau der Yankees, von seinem Vater die drahtige und wohlgeformte Muskulatur der Asiaten geerbt. Sein Gesicht verband die beiden Rassen in raffinierter Harmonie, mit jener faszinierenden Arroganz, die dem Zufall oft eigen ist. Sein Geld und sein Aussehen zogen die Menschen an. Seine Einsamkeit machte sie neugierig.
    Besonders die

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