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Ich Töte

Ich Töte

Titel: Ich Töte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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    den Bildern umgeben und praktisch mitten im Geschehen.
    Darüber hinaus gibt es Videokameras, die den gesamten Raum erfassen, ohne dass auch nur ein Winkel ausgeschlossen bleibt. Auch diese Aufnahmegeräte sind an ein System von Rekordern und Projektoren angeschlossen.
    »Ist dies der Ort, an dem Sie sich entspannen, Monsieur Yoshida? Ist es hier, wo Sie die Welt vergessen können, wenn Sie möchten, dass die Welt Sie vergisst?«
    Die warme Stimme des Mannes verbreitet zunehmend eisige Kälte. Yoshida spürt sie seine Beine und seine Arme emporkriechen, die allmählich taub werden, weil das Blut abgeschnürt ist. Er fühlt, wie der Draht immer tiefer in sein Fleisch eindringt, so wie diese Stimme immer tiefer in seinen Kopf eindringt.
    Mit seinen unnatürlichen Bewegungen beugt sich der Mann über eine Tasche, die auf dem Boden am Stuhl lehnt, auf dem er zu Anfang gesessen hatte. Er zieht eine Platte heraus, eine alte LP in einer Hülle mit einem Schutzumschlag aus Nylon.
    »Mögen Sie Musik, Monsieur Yoshida? Diese hier ist göttlich.
    Etwas für einen wahren Kenner, der Sie ja, wenn auch auf anderem Gebiet, sind …«
    Er geht zur Hi-Fi-Anlage an der Wand links von ihnen und sieht sie sich genau an. Er dreht sich zu ihm um, und das Licht im Zimmer blitzt kurz in seinen verspiegelten Brillengläsern auf.
    »Kompliment, Sie haben nichts ausgelassen. Ich hatte mir schon eine Alternative überlegt, für den Fall, dass Sie keinen Plattenspieler haben, aber ich sehe, dass Sie sehr gut ausgestattet sind.«
    Er schaltet die Anlage ein und legt die Platte auf den Teller, nachdem er sie vorsichtig aus der Hülle gezogen hat. Er setzt den Tonkopf auf das Vinyl.
    Die Stimme einer Trompete dringt aus den Boxen und erfüllt den Raum. Eine schwermütige Musik und so zart, dass sie Erinnerungen beschwört, eine Melancholie, die den Atem verschlägt, tiefes Leid, das nach Vergessen verlangt. Die Musik hat keine Erinnerung, lässt die Erinnerung wünschen zu verlöschen.
    Der Mann verharrt einen Augenblick unbeweglich und lauscht, den Kopf leicht zur Seite gelegt.
    Yoshida stellt sich vor, wie er die Augen hinter den dunklen Brillengläsern geschlossen hält. Es ist nur ein Moment, dann fasst sich der Mann wieder.
    »Schön, nicht wahr? Robert Fulton, einer der Großen. Vielleicht 133

    sogar der Größte von allen. Und wie alle Großen ein Unverstandener
    …«
    Neugierig nähert er sich dem Schaltpult der Videoanlage.
    »Ich hoffe, ich verstehe etwas davon. Ich hoffe nicht, dass Sie eine Anlage haben, die für meine bescheidenen Kenntnisse zu kompliziert ist, Monsieur Yoshida. Nein, das erscheint mir hier alles ziemlich übersichtlich.«
    Er drückt einige Knöpfe, und die Monitore schalten sich ein und zeigen den typischen Schnee vor Start eines Programms. Er hantiert noch ein Weilchen herum, bis schließlich die Videokameras ihren Dienst aufnehmen. Auf den Bildschirmen erscheint Yoshidas Körper, unbeweglich im Sessel in der Mitte des Raumes, vor einem leeren Stuhl.
    Der Mann scheint mit sich zufrieden zu sein.
    »Bestens. Diese Anlage ist außergewöhnlich. Allerdings habe ich offen gestanden auch nicht erwartet, dass Sie sich mit weniger zufrieden geben würden.«
    Der Mann kehrt wieder zu seinem Gefangenen zurück, dreht den Stuhl herum und setzt sich verkehrt herum darauf. Er stützt die deformierten Arme auf die Lehne. Die Ellbogenprothesen beulen den Stoff des Hemdes aus.
    »Sie fragen sich bestimmt, was ich von Ihnen will, nicht wahr?«
    Yoshida stößt erneut ein langes Winseln aus.
    »Ich weiß, ich weiß. Wenn Sie denken, dass ich Ihr Geld will, seien Sie ganz beruhigt. Geld interessiert mich nicht, weder Ihres noch das von irgendjemand anderem. Ich bin hier, um Ihnen einen Tauschhandel vorzuschlagen.«
    Yoshida stößt schnaubend Luft durch die Nasenlöcher aus. Umso besser. Wer auch immer dieser Mann sein mag, was auch immer sein Preis sein mag, vielleicht gibt es einen Weg, sich mit ihm zu einigen.
    Wenn er kein Geld will, dann ist es sicher irgendetwas anderes, was man mit Geld kaufen kann. Es gibt nichts, was man nicht für Geld kaufen könnte, wiederholt er sich. Nichts.
    Er lässt sich entspannt in den Sessel zurücksinken. Der eiserne Griff des Drahtes scheint etwas nachzulassen, jetzt wo er einen Hoffnungsschimmer sieht, eine Möglichkeit zu verhandeln.
    »Ich habe mal einen Blick in Ihre Kassetten geworfen, während Sie geschlafen haben, Monsieur Yoshida. Mir scheint, dass Sie und ich vieles gemeinsam

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