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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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deutlich: »Wärst du doch in München dabei! Psiakrew!« (»Psiakrew« ist ein polnischer Fluch, trefflich geeignet zur Aggressionsabfuhr und zum Zischen unter der Bettdecke).
    »Ja«, sprach er aus dem Bett nebenan, »das wäre schön! Ich habe auch schon daran gedacht...« Dann schlief er ein, und ich tat es auch, erfüllt von liebevollen Gedanken.

    »Was suchst du denn da?«
    »Schopenhauer, Darwin und Kant!«
    »Willst du sie etwa lesen?«
    »Ich will nicht, Manfred, ich muß! Meinst du, ich mach’s wie dieser Vogelexperte und schau bloß nach den Vögeln und nicht nach ihren Eiern? O nein! Jeder, mit dem Wilhelm Busch irgendetwas zu tun gehabt hat, kriegt’s auch mit mir zu tun. Für diese drei Burschen hat er sich halt interessiert. Was bleibt mir übrig...«
    »Na, wohl bekomm’s!« lachte Manfred und legte mir einen Stoß Bücher in die Arme, »hoffentlich beißt du dir nicht die Zähne aus! Übrigens, Malchen, ich hab’s mir überlegt. Wenn ich dich mit dem Auto nach München fahren würde, dann wär’s für dich nicht so anstrengend, und wir könnten hinterher wieder heimfahren!«
    Die Saat war aufgegangen und trug reichlich Frucht. Ich mußte nur noch ernten.
    »O Manfred, was für eine tolle Idee! Meinst du, das könnte klappen!«
    »Warum denn nicht? Ich habe an dem Abend sowieso frei.«
    »Und du würdest das für mich tun?«
    Er legte noch zwei Bücher zu dem Stoß auf meinen Armen und blickte mir darüber freundlich in die Augen. »Nachdem du dir nun schon so lange Mühe gibst, Malchen, und bohrst und bohrst, da muß ich ja wohl.«
    »Das ist mir jetzt richtig peinlich! Ich dachte, ich hätte es so geschickt angefangen.«
    »Sehr geschickt und sehr deutlich! Aber keine Sorge, ich gehe gern mit!«
    So war es denn beschlossen und ausgemacht, und ich konnte mich wieder in Ruhe den häuslichen Studien zuwenden.
    Bei der nächsten Sendung saß er in der ersten Reihe und strahlte Ruhe und Sicherheit aus, und ich hatte seine Nähe auch bitter nötig! Nicht während der Sendung, da lief alles wie am Schnürchen. Ich durfte »Hans Huckebein« fliegen lassen und die ganze Bildergeschichte hersagen, das gab einen schönen freien Raum in meinem Kopf, den ich nun wieder mit anderem vollstopfen konnte.
    Die Venedigexpertin hatte 8 000 Mark gewonnen, alles war eitel Freude und Sonnenschein.
    »Wir lassen das Band jetzt noch einmal ablaufen«, sagte Dr. von Westen zu uns Kandidaten, »wenn Sie Lust haben und sich einmal sehen wollen, dann kommen Sie mit in den Regieraum.«
    Und wie ich wollte! Ich war direkt begierig darauf, hatte ich doch alle Schwierigkeiten auf s beste gemeistert.
    Erich Helmensdorfer winkte ab: »Um Himmelswillen!« und weg war er. Wir Kandidaten aber drückten uns alle in den Regieraum hinein. Dort standen fünf große Monitors. Ich sah mich, wie ich ging und stand, lachte, gestikulierte und mit den Augenlidern klimperte. Entsetzt starrte ich auf die Person im Bildschirm. Tante Albertine, wie sie leibte und lebte!
    »Komm, Manfred, wir gehen!« Ich tastete im Dunkeln nach seiner Hand.
    »Aber es ist ja noch gar nicht zu Ende!«
    »Mir ist schlecht! Ich will raus!«
    Im Auto begann ich bitterlich zu schluchzen.
    »Was ist denn jetzt los, Malchen? Es ging doch wunderbar! Warum weinst du denn?«
    »Ach, Manfred, ich hab gedacht, ich wär viel netter!«

    Die nächste Sendung sah mich still und gefaßt. Ich sprach nicht dazwischen, ich lachte selten — und dies alles fiel mir überhaupt nicht schwer, fühlte ich mich doch wie Aschenputtel höchstpersönlich.
    Dabei hatten wir zur Aufrichtung meines hart angeschlagenen Selbstbewußtseins vor der Sendung ein hübsches Kleidchen gekauft. Es schimmerte in sanftem blauem Glanz und als ich mich betrachtete, vermochte ich sogar, meinem Spiegelbild ein halbwegs versöhnliches Lächeln zuzuwerfen.
    Die Probe begann, die Scheinwerfer leuchteten, und da stand ich in all meiner Pracht und wartete auf Seufzer und Ausrufe der Verzückung aus dem Regieraum.
    »Sie müssen sich umziehen, Frau Müller!« so sprach stattdessen eine Stimme, »das Kleid schillert.«
    Ich dachte, ich höre nicht recht. Aber sie predigten es so lange in meine Ohren hinein, bis ich begriff, verschwand und zurückkehrte im zerknitterten Reisekleidchen mit dem Gesicht einer Märtyrerin.
    »Na also, das ist doch recht nett!« versicherte Dr. von Westen.
    Für diese Sendung erntete ich hohes Lob bei Freunden und Verwandten. So bescheiden hätte ich gewirkt, so schlicht und einfach —

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