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Ich und du Muellers Kuh

Ich und du Muellers Kuh

Titel: Ich und du Muellers Kuh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei-Angelika Mueller
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als i da war, und ‘s war richtig peinlich, weil se dr Mund so aufgerisse und brüllt hat. Aber em Bruno sei Vater hat gsagt: >du singst himmlisch mein Engel<.«
    Wir lachten.
    »Verzeihung, Manfred, ich war abscheulich!«
    »Keine Angst, Malchen, wir schaffen das schon, wir vier! Wir stehen treulich an deiner Seite.«
    »Vielleicht räumet mir heut nachmittag unser Zimmer auf, gell Andreas! Dann isch abends alles schö, wenn mir zur Prob gehet.«
    Mit dieser Erklärung tat Mathias sein Mitgefühl kund, denn Zimmeraufräumen war ihm von Herzen zuwider.

    Als wir am Abend zu viert im Gemeindesaal anrückten, herrschte dort tiefste Verzweiflung. Elfi war heiser. Sie hockte zähneklappernd auf der Bühnenrampe.
    »Was ist passiert, Elfi?«
    »Gestern«, krächzte sie, »im Auto hat’s gezogen, da muß ich mich erkältet haben.«
    »Und du meinst nicht, daß du morgen wieder sprechen kannst und die Popowa spielen?«
    »Glaub’ nicht! Ferdi wird’s grad recht sein!«
    »Also, Ulla, dann mußt du ran!«
    »Nein!« Ulla fuhr sich mit beiden Händen in die Haarkappe, »ich mach mich doch nicht lächerlich!«
    »Katja!«
    »Ich kann das Zeug nicht auswendig, Frau Pfarrer!«
    »Lore!«
    »Wenn ich’s früher gewußt hätte, liebend gern, aber nicht bis morgen!«
    »Gut, dann müssen wir >den Bär< ausfallen lassen, so weh mir’s tut.«
    »Nein!« rief Ferdinand, »nein, das ist nicht!«
    Er hatte sich für seine Rolle eine neue Montur zugelegt, nämlich die Lederjacke seines beleibten Vaters, und er sah darin aus wie ein Chauffeur nach der Abmagerungskur. Er aber fand sich schön darin, kraftvoll und männlich. Leider bestärkte ihn Ulla noch in dieser Meinung.
    Ich konnte den Text der Popowa im Schlaf hersagen. Ich wußte, wann sie weinen und lachen, toben und turteln mußte... Diese Rolle war mir auf den Leib geschrieben. Wenn ich sie übernehmen würde, auf jung geschminkt, im kleidsamen Witwengewand, die Scheinwerfer sorgsam abgedunkelt, dann wäre allen geholfen und der Erfolg gesichert. Die Zuschauer würden vor Lachen bersten, Tschechow sich vor Entzücken im Grabe umdrehen. Ich hörte ihn seufzen: »Das ist sie, für die ich das Stück geschrieben! Meine Popowa!« Was für eine Gelegenheit warf mir der Himmel da in den Schoß! Es galt, sie zu ergreifen ohne Scheu und falschen Stolz!
    »Ich kann die Rolle übernehmen!«
    Stille herrschte im Raum. Dann sprach Efli ohne jegliche Scham und Heiserkeit:
    »Ich spiel sie! Es geht mir besser!«
    Sie stand auf und stülpte sich das schwarze Gewand über die schwarzen Locken, indes ich ihre schwarze Seele verwünschte.
    Aus der Traum.
    »Laß fahren dahin, Malchen!« Manfred legte seinen Arm um meine Schulter, »ein Regisseur darf nicht mitspielen, sonst geht alles drunter und drüber!«
    Ich schluckte, dann schrie ich gellend nach dem Beleuchter, nach der Souffleuse, nach Aufstellung und Ruhe. »Himmel noch mal, fangt endlich an! Sonst sitzen wir morgen früh noch hier!«
    Sie schauten mich nicht an, flitzten auf ihre Plätze, und dann ging alles schief.
    Ein Scheinwerfer fiel aus, die Sicherung flog heraus, wir saßen im Dunkel. Ferdinand blieb dauernd stecken und stotterte zum Steinerweichen.
    »Was ist Ferdi? Hast du Gedächtnisschwund?«
    Jetzt war’s aus mit Freundlichkeit und Verständnis, ich war sauer!
    »Zu Hause hab ich’s noch können!« stammelte er, »aber die vielen fremden Menschen machen mich nervös!«
    »Drei sind’s im ganzen! Zwei Kinder und mein Mann! Morgen werden’s hoffentlich mehr sein! Wenn du nicht vor Menschen spielen kannst, dann möcht ich wissen vor wem sonst. Im allgemeinen pflegt man vor Publikum zu spielen!«
    Andreas zupfte mich am Ärmel. »Mensch, Mulchen, bisch du gemein!« flüsterte er mir zu.
    »Ach, ist doch wahr? Himmel noch mal, jetzt langt mir’s aber!« zischte ich zurück.
    Dann schaute ich Ferdinand an. Er sah so bleich aus und erbarmungswürdig in der Lederjacke seines Vaters. Ich lief nach vorn, stieg auf die Bühne und streckte ihm die Hand hin.
    »Ferdi, ich bin ein altes Aas! Verzeih mir nochmal. Du, ich bin auch schrecklich nervös!«
    Er bekam etwas Farbe und verzog das Gesicht zu einem Grinsen.
    »Laßt euch nicht verrückt machen«, rief Manfred aus dem Dunkel des Saales, »wenn in der Hauptprobe alles schiefgeht, dann wird’s nachher bestens. Ich finde Ferdinand großartig, bloß sieht man zu wenig von ihm in dieser bombastischen Lederjacke.«
    Ferdinand zog die Jacke aus und warf sie Ulla zu. Hemdsärmelig

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