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Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesse Andrews
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schienen. Ich versuchte mich unsichtbar zu machen, aber in meinem ganzen Leben hatte ich mich noch nie so exponiert gefühlt. Ich war nicht nur Stolperboy, ich war auch Die Wandelnde Nase.
    Wahrscheinlich dauerte es keine fünf Minuten, aber mir kam es vor, als bräuchte ich eine Stunde, um nach draußen zu gelangen – eine Stunde in der Hölle. Und kaum war ich aus der Schule raus und stand draußen auf der Treppe, erhielt ich eine SMS .
    in der suppe warn drogen.komm zum parkplatz
    Es war Earl.
    »McCarthy tut Gras in seine Suppe«, zischte er. Es dauerte ein Weilchen, bis die Botschaft bei mir ankam.
    »Mann, er muss eine verdammte Tonne Gras da reingeschmissen haben«, fuhr Earl fort. »Denn ich hab ja nicht mal viel davon gegessen. Aber du hast ja sogar Nachschlag genommen. Du musst völlig im Eimer sein, mein Sohn.«
    »Stimmt«, sagte ich.
    »Du siehst arschmäßig high aus.«
    »Ich bin hingeknallt.«
    »Scheiße«, sagte Earl. »Hätt ich zu gern gesehen.«
    So war das also, wenn man high war. Auf einer Party bei Dave Smeggers hatte ich einmal Marihuana probiert, ohne die geringste Wirkung zu verspüren. Vielleicht hatte ich nicht richtig am Joint gezogen.
    »Lass uns zu dir gehen und was zu essen klarmachen«, schlug Earl vor.
    »Okay«, sagte ich, und wir zogen los. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr fand ich es eine schreckliche Idee. Ich sah arschmäßig high aus! Earls Meinung nach! Also würden Mom und Dad, wenn wir nach Hause kämen, sofort wissen, dass ich auf Droge war! Fuck! Dann würden wir drüber reden müssen! Ich war unfähig, über irgendwas zu reden! Ich war ja nicht mal fähig, in Worten zu denken! Aus irgendeinem Grund hatte ich das Bild von einem Dachs in meinem Kopf! Einem hammermäßigen Dachs!
    Außerdem würde ich mir eine Erklärung ausdenken müssen, denn ich wollte Mr. McCarthy ja nicht in Schwierigkeiten bringen. Was sollte ich sagen? Dass uns irgendwelche Stoner gezwungen hätten, high zu werden? Das war lächerlich, oder? Und was sollte ich sagen, wenn man mich fragte, wo mit wir uns zugeknallt hatten? Und, möglicherweise noch wichtiger: Wie konnte ich den ganzen Weg zum Bus zurücklegen, ohne wieder hinzufallen?
    »Macht Mr. McCarthy in der Klasse einen bekifften Eindruck?«, fragte Earl. »Denn dieser Stoff ist der Vollstrecker. Ich muss dringend was futtern . Verdammt.«
    Earl hatte eine Superlaune. Ich nicht. Mich quälte nicht nur der Gedanke an Mom und Dad, ich fand auch, dass uns jeder auf der Straße missbilligend anstarrte. Wir waren zwei Kids auf Droge, die frech in der Gegend herumliefen! Und meine Nase saß mir im Gesicht wie ein Ballon! Ein Ballon voller Nasenschleim! Wir mussten ja nach allen Seiten Aufmerksamkeit erregen! (Erst jetzt, im Nachhinein, wird mir klar, dass ich und Earl, die wir die Straße entlanggehen, auf der »Kann-mich-gar-nicht-Sattsehen«-Skala der Interessantheit kein berauschendes Ergebnis erzielen würden. [Haha! »berauschendes« Ergebnis! Kapiert? Zum Brüllen komisch! Ich mach natürlich nur Spaß; es war ein Scheißwitz. Tatsächlich ist genau diese Sorte Witz dafür verantwortlich, dass die meisten Leute Stoner hassen.])
    »Führt sich Mr. McCarthy in der Klasse bekifft auf?«, wiederholte Earl. »Wenn er unterrichtet.«
    »Er – eigentlich nicht«, sagte ich. »Na ja, vielleicht. Irgendwie. Man könnte, äh … also nicht richtig, äh, du weißt schon.«
    Ich bekam nicht mal einen verdammten Satz auf die Reihe.
    Angesichts dieser Vorführung verstummte Earl vorübergehend.
    »Verdammt, mein Sohn«, sagte er schließlich. »Verdammt.«
    Als wir auf dem Weg im Bus zu mir saßen, bekam ich eine weitere SMS .
    fange mit chemo morg an. möchtest du vorbeikommen und tschüs zu meinen haaren sagen?:)
    Es ist mir peinlich, aber wir brauchten die ganze Busfahrt, um diese Nachricht zu entziffern. Zum einen kapierten wir nicht, dass »chemo morg« Abkürzungen waren. Stattdessen hielten wir sie für Nonsens-Worte. Wir sprachen sie uns gegenseitig vor.
    »Schämo-mooorg.«
    »Kemomo-rrrrrg.«
    »Oma-Grog.«
    »Ha … ha … ha.«
    »Heh heh.«
    »Jetzt mal ehrlich, was, äh.«
    »Heh.«
    »Bruhha.«
    Als wir aus dem Bus ausstiegen, war Earl endlich darauf gekommen. »Chemotherapie«, sagte er.
    »Ohhh.«
    »Dein Mädchen kriegt ne Glatze.«
    »Was?«
    »Chemotherapie. Sie pumpen dir tonnenweise Chemikalien ins Blut, und dann fallen dir alle Haare aus.«
    Das klang in meinen Ohren seltsam, obwohl ich irgendwie wusste, dass es

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