Ich und Earl und das sterbende Mädchen: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
es gern, wenn man ihnen gelegentlich Blumen schenkt.« Dabei schaute sie Dad böse an. Es war ein Tag nach ihrem Geburtstag oder so.
Am zweiten Schultag zog ich also einen Anzug an und kam mit einer echten Rose zur Schule, die ich Mariah vor der ersten Stunde überreichte.
»Es wäre mir eine Ehre und Freude, wenn ich dich am Wochenende in eine Eisdiele ausführen könnte«, sagte ich mit britischem Akzent.
»Ach ja ?«, sagte sie.
»Greg, du siehst aus wie eine Schwuchtel«, sagte Will Carruthers, ein in der Nähe stehender Jock.
Aber es funktionierte. Unglaublich! Wir hatten tatsächlich ein Date. Wir trafen uns in einer Eisdiele in Oakland, und ich habe uns ein Eis gekauft, und dann setzten wir uns hin, und ich dachte, von jetzt an wird mein Leben immer so sein, und das ist der Wahnsinn.
Und da ging das Gequassel los.
Mein Gott, was hat dieses Mädchen alles zusammengequasselt. Sie redete ohne Punkt und Komma. Und es ging ausnahmslos um ihre Freunde, die sie in Minnesota zurückgelassen hatte und die ich nicht kannte. Sie wollte über nichts anderes reden. Ich hörte Geschichten über diese Leute, die hundert Stunden dauerten, und weil ich ein Gentleman war, durfte ich nicht sagen: »Wie langweilig«, oder: »Das hast du mir schon erzählt.«
Das Problem war, dass die Gentleman-Taktik zu gut funktionierte. Die Anforderungen waren grotesk. Ich musste jeden Tag in meinen besten Sachen zur Schule gehen, ihr ständig irgendwas spendieren, abends stundenlang am Telefon hängen, usw. Und wofür? Jedenfalls nicht für Sex. Gentlemen dürfen nicht rummachen. Nicht, dass ich damals so richtig gewusst hätte, was rummachen überhaupt bedeutete . Außerdem musste ich ständig diesen bescheuerten britischen Akzent aufsetzen, so dass alle dachten, ich hätte einen an der Waffel.
Darum musste ich das Ganze beenden. Aber wie? Ich konnte ja schlecht ehrlich sein und sagen: »Mariah, wenn mit dir Zusammensein bedeutet, dass ich einen Haufen Geld ausgeben und dir beim Quasseln zuhören muss, dann ist es die Sache nicht wert.« Ich erwog eine Strategie des Schreckens, indem ich plötzlich nur noch über Dinosaurier reden oder sogar so tun würde, als sei ich ein Dinosaurier, aber auch dazu fehlte mir der Mut. Ich saß in einer brutalen Zwickmühle.
Und dann, aus heiterem Himmel, rettete mich Aaron Winer. Er lud sie ins Kino ein und machte in der letzten Reihe mit ihr herum. Am nächsten Tag in der Schule waren die beiden ein Pärchen! Rumms! Problem gelöst. Ich gab vor, verbittert zu sein, aber in Wirklichkeit war ich dermaßen erleichtert, dass ich im Geschichtsunterricht einen hysterischen Lachanfall bekam und zur Schulkrankenschwester geschickt werden musste.
Und das war’s. An der Highschool habe ich mich nicht mal ansatzweise mit Mädchen oder Anmachtaktiken aufgehalten. Offen gestanden hatte mich die Sache mit Mariah komplett von dem Wunsch geheilt, eine Freundin haben zu wollen. Wenn das immer so war wie mit ihr, dann scheiß drauf.
Viertes Kapitel – Was ist aus ihnen geworden?
Cameron »Cammie« Marshall ist inzwischen Präsidentin des Mathe-Clubs. Sie trägt immer noch einen »Hallo Kitty«-Rucksack, was möglicherweise nicht mal ironisch gemeint ist. Sie ist definitiv nicht mehr das schärfste Mädchen ihrer Stufe, obwohl ich glaube, dass ihr das kaum was ausmacht.
Madison Hartner ist rattenscharf und wahrscheinlich mit einem Footballspieler von den Pittsburgh Steelers oder so zusammen.
Leah Katzenberg hat sich den Schädel rasiert und einen Haufen Metall in diversen Teilen ihres Gesichts. Vier von fünf Englischlehrern an der Benson haben den Versuch aufgegeben, sie zur Lektüre von Büchern zu bewegen, die von Männern geschrieben wurden.
Mara La Bastille und ihre beiden gleichermaßen phänomenalen Titten sind an eine andere Highschool abgewandert.
Mariah Epps ist jetzt bei den Theaterkids gelandet. Sie hat eine Anhängerschar von hundertprozentig schwulen männlichen Kumpels, darunter Justin Howell. Meine Fresse, was die alles zusammenquatschen, wenn der Tag lang ist.
Rachel Kushner ist im Abschlussjahr an akuter myeloischer Leukämie erkrankt.
Fünftes Kapitel – Das sterbende Mädchen
Ich erfuhr von Rachels Leukämie so ziemlich unmittelbar, als ich nach Hause kam.
Um es kurz zu wiederholen: Der erste Tag meines Abschlussjahrs war überraschend ungrauenhaft. Alle, angefangen bei der wohlhabenden, designer-näsigen Olivia Ryan bis hin zu Nazir dem mürrischen Syrer, fanden mich okay, und
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