Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
und mir zugestehst, dass ich keine Angst vor Achterbahnen habe, werde ich dich nicht zwingen, mit mir da hineinzugehen.« Ich gab die Hoffnung noch nicht auf.
»Oh doch. Heute ist genau der richtige Tag.«
Nach zehn Minuten Wartezeit stiegen wir in den vordersten Wagen des Zuges. Ich begann zu schwitzen. Nicht, weil ich mich nervös fühlte, sondern merkwürdigerweise, weil mir durch und durch kalt war. Mein Körper reagierte sozusagen entgegengesetzt auf die brennende Sonne.
»Matt, ganz ehrlich – wir müssen das hier nicht tun«, sagte Elle mit schimmernden Augen. »Du siehst jetzt schon ziemlich grün aus.«
»Mach dich nicht lächerlich.«
Die Kette rastete ein und zog uns langsam die erste Steigung hinauf. Ich würde für meinen Stolz sterben. Elle, die neben mir saß, nahm meine Hand. Als wir die Spitze erreichten, jubelte Elle: »Juhu!«
»Ja!«, brüllte ich zurück. Sicher hörte sie nicht, dass meine Stimme schwankte wie im Stimmbruch. Wenn ich wenigstens den Grips besessen hätte, mir eine moderne Achterbahn mit Stahlgerüst auszusuchen, wäre es weniger schlimm gewesen, aber als wir durch die Kurven flitzten und uns auf dem wackligen Gestell auf und ab bewegten – ich schwöre, ich sah überall verfaultes Holz –, musste ich mich bis zur Schmerzgrenze zusammenreißen, um nicht den Todesschrei auszustoßen, der unbedingt aus mir herauswollte.
Als wir schließlich anhielten und der Helfer unsere Wagentür öffnete, ließ Elle meine Hand los. Graziös stand sie auf und lächelte mir über die Schulter zu. »Ich muss mich bei dir entschuldigen. Du siehst klasse aus. Kein bisschen grün.«
»Wie kommt es dann, dass meine Beine mich nicht mehr tragen wollen?«
Sie schenkte mir ein breites Lächeln. »Nun, Dr. Beaulieu, möglicherweise haben Sie eine Rückenmarksverletzung davongetragen. Aber zufällig kenne ich einen fantastischen Neurochirurgen. Soll ich Ihnen die Nummer geben?«
»Sehr witzig«, grummelte ich und versuchte, mich auf meinen schwankenden Beinen aufzurichten.
Mit hochgerollten Hosenbeinen wanderten wir Pine Point entlang, einen langen Strand mit weichem, schneeweißem Sand und eiskaltem Wasser. Wir lachten, tobten herum und beschwerten uns darüber, dass unser jeweiliges Berufsleben unseren Alltag so schwierig machte.
Nach einigen Hundert Metern ließ sie sich in den Sand fallen und kreuzte die Beine. »Ich bin ewig nicht mehr hier gewesen. Nie mehr seit damals.«
»Damals?«
Ein Anflug von Trauer überschattete ihr Gesicht. »Seit dem Tag, als wir wussten, dass ich schwanger war.«
Ich setzte mich neben sie, betrachtete den Strand und ließ den Erinnerungen freien Lauf.
Sie ließ eine Handvoll Sand durch ihre Finger rinnen. Dabei beobachtete sie mich. »Ich habe solches Heimweh.«
»Mom ließ so etwas anklingen, aber ich glaubte, es wäre nur ihr Wunschdenken gewesen.«
»Absolut nicht. Ich will heim. Zu wissen, dass Großvaters Haus hier auf mich wartet, ist bei dreiundvierzig Grad imSchatten und einer Luftfeuchtigkeit von hundert Prozent sehr verführerisch.« Wieder wühlte sie im Sand und ließ ihn durch ihre halb geöffnete Faust rinnen. »Darf ich kurz das Thema wechseln und ein bisschen morbide werden?«
»Klar.«
»Ich habe ein Testament gemacht, falls bei der Weltraummission etwas schiefgeht«, sagte sie leise.
»Du wirst schon nicht sterben.«
»Klar ist es eher unwahrscheinlich, aber das Risiko besteht nun einmal, und wir akzeptieren es als Teil der Vereinbarung. Ich will jetzt nicht darauf herumreiten, aber du weißt, dass es da etwas gibt, das ich nicht in das Testament hineinschreiben wollte. Könnte ja sein, dass Dad es irgendwann liest. Er hat nie von Selina erfahren. Wenn etwas passieren sollte, würdest du bitte dafür sorgen, dass ihre Asche zusammen mit dem begraben wird, was vielleicht von mir übrig bleibt?«
Ich starrte sie mit offenem Mund an und bekam mich erst wieder unter Kontrolle, als sie weitersprach. »Das Haus soll an Christopher gehen, und weder er noch mein Vater würden es verstehen, wenn sie irgendwann zufällig auf die Urne stoßen.«
Mir wurde ganz schlecht.
»Du brauchst es Carol ja nicht zu erzählen. Deine Mom und du könntet euch in aller Stille darum kümmern.«
»Wieso meine Mutter?«
»Ich habe sie zur Testamentsvollstreckerin bestimmt.«
»Nicht Adam?«
»Nein.« Sie hielt kurz inne. »Nein. Ich dachte, dass das jemand übernehmen sollte, der von unserem Baby weiß. Ich möchte keine posthumen Überraschungen
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