Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
Wirrwarr von Gefühlen. Trauer, Besorgnis, Wut, Enttäuschung, aber auch – ich muss es zu meiner Schande gestehen – eine gewisse Erleichterung. Ich fühlte mich erleichtert und war entsetzt darüber. Als ich Elles Hand nehmen wollte, schob sie mich weg. Meine Mutter versuchte es ebenfalls. Die Reaktion war die gleiche.
»Das ist eine ziemlich heftige Wehe«, stellte Dr. Clarke fest. »Ich muss deinen Muttermund untersuchen.«
Die Schwester reichte der Ärztin sterile Handschuhe und ein glitschiges Gel.
»Raus jetzt, Matt«, murmelte meine Mutter und schob mich zur Tür.
»Linney, bitte bleib bei mir«, wimmerte Elle. Wieder klang ihre Stimme so unendlich jung.
»Klar, Liebes«, sagte Mom.
»Und ich?«
»Du wartest ein paar Minuten draußen«, beschied meine Mutter.
Elle öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber sofort wieder.
Und so wurde ich vor die Tür gesetzt. Nutzlos, schuldig und traurig. Elle wollte mich nicht dabeihaben. Sie brauchte nur meine Mutter, irgendeine Mutter, denn sie war noch ein Kind. Auch ich hätte meine Mutter gebraucht, aber ich konnte nur noch daran denken, wie sehr Mom mich jetzt hassen würde und wie tief ich Elle verletzt hatte. Ich lauschte an der Tür.
»Er ist weit genug geöffnet. Elle, bei der nächsten Wehe musst du kräftig pressen«, hörte ich Dr. Clarke sagen.
»Okay.«
»Leg ihr einen IV -Zugang, und ruf in Brunswick an, sie sollen die Unterlagen rüberschicken.«
Irgendwann hatte die Warterei ein Ende. Mir war sie endlos vorgekommen, obwohl höchstens eine halbe Stunde verstrich. Mom kam aus dem Kreißsaal, berührte mich am Ärmel und führte mich den Flur hinunter. Ich schaute sie an, traute mich aber keine Fragen zu stellen.
Geht es Elle gut? Was ist passiert?
Meine Mutter wich meinem Blick aus, bis wir das Fenster ganz am Ende des Korridors erreichten.
»Mom?«
»Körperlich wird es Elle schon bald wieder gut gehen.«
»Was ist mit dem Baby?«
»Es war ein Mädchen. Ich möchte, dass du jetzt zu Elle hineingehst und dass du, auch wenn es dir schwierig erscheint, das Baby in den Arm nimmst. Wenn du es nicht tust, wird immer eine große Unsicherheit bleiben.«
Meine Beine fühlten sich wacklig an. Ich dachte, sie wolle mich bestrafen, indem sie mir meinen Fehler unter die Nase rieb. Aber sie umarmte mich. »Ich liebe dich, Matt. Und jetzt geh rein, und sprich mit Elle. Ich muss kurz nach Hause. Dein Vater müsste inzwischen da sein. Weiß er es?«
Ich nickte und dachte daran, dass meine Mutter ihm vermutlich die Hölle heißmachen würde, weil er nichts gesagt hatte.
Mom seufzte. »Ich spreche kurz mit deinem Vater, komme aber schnell zurück und bleibe bei dir, solange du deine Tochter im Arm hältst.«
Meine Tochter?
Elle saß blass und erschöpft im Bett. Die Schwester füllte irgendein Medikament in die Infusion. Elle blickte nicht auf, sondern starrte vor sich auf die Bettdecke.
»Hallo«, sagte ich.
»Meinst du, wir sollen ihr einen Namen geben? Ich wollte ihn nicht allein aussuchen. Okay, eigentlich habe ich es schon getan, aber da dachte ich noch, sie würde jemand anderem gehören. Eigentlich wollte ich sie nach meiner Mom Allie nennen, aber das scheint mir jetzt nicht mehr zu passen. Sollen wir ihr einen Namen geben?«
Ich geriet ein wenig aus der Fassung, sagte aber Ja. Erst in diesem Augenblick entdeckte ich das Baby, das in Decken gewickelt in Elles Schoß lag. Es war winzig, höchstens zwanzig Zentimeter lang. Ich schluckte.
»Welche Namen gefallen dir?«, fragte Elle.
Die Frage erschien mir unendlich absurd. Als ob es noch eine Rolle spielte! Nie würden wir sie zum Essen rufen oder »Happy Birthday to you« für sie singen. »Keine Ahnung.«
»Es muss ein ganz besonderer Name sein, denn es ist das Einzige, das wir ihr je geben können.«
Erst jetzt wurde mir die ganze Wirklichkeit klar. Dort lag ein Baby, das zu einem Individuum hätte heranwachsen können. Ich schluckte. »Okay, ein Name.«
Elle streckte den Arm aus und legte mir ihre Hand auf die Schulter.
»Was immer dir gefällt«, schaffte ich hervorzupressen.
»Selina. Ist das nicht ein schöner Name? Es heißt Mondgöttin und …«
»Finde ich gut«, unterbrach ich sie, weil ich wusste, dass ich jetzt nichts Sentimentales würde ertragen können. So etwas wie, dass wir von jetzt an jedes Mal, wenn wir den Mond ansahen, an Selina denken würden. Ich wusste schon jetzt, dass es bei mir so wäre.
»Bestimmt wäre sie wunderschön geworden. Und klug
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