Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)

Sie hatte lediglich Angst davor, so zu sterben wie ihre Mutter. So zu sterben, wie sie jetzt stirbt.«
    Ich betrachtete Elle. Was zum Teufel mutete ich ihr da eigentlich zu?

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Tag 11
    M ir selbst auf CNN dabei zuzuschauen, wie ich mich auf Beschimpfungen der Frontfrau unseres Lokalsenders einließ, steigerte mein Befinden nicht gerade. Ich schaltete den Fernseher ab, als Mike das Krankenzimmer betrat. Er hatte eine mit Umschlägen vollgestopfte Einkaufstasche dabei, die er auf der Fensterbank abstellte. »Ich nehme an, du hast dich schon in den Nachrichten bewundert.«
    »Höchstens ein paar Dutzend Mal. Ich spiele mit dem Gedanken, mir ›Kein Kommentar‹ auf die Stirn tätowieren zu lassen. Hätte ich bloß den Mund gehalten, dann würden sie vielleicht nicht dauernd über dieses Thema berichten.«
    »Sie sprach von ›Vergewaltigung‹, Matt. Wie hättest du da den Mund halten können?«
    Ich sah meinen Bruder an und schüttelte den Kopf. »Lass uns nicht weiter darüber reden.« Ich begann, die Tasche mit der Post zu durchforsten.
    »Du kennst doch Dave Hopper, nicht wahr?«
    Klar kannte ich den. Er war auf der Highschool eng mit Mike befreundet gewesen und arbeitete inzwischen bei der Post. Da mein Bruder keine Antwort erwartete – das tat er nie, wenn er sich einmal zum Reden durchgerungen hatte –, blickte ich nicht einmal auf.
    »Also, Dave hat angerufen und gesagt, dass dein Briefkasten so voll ist, dass er schon überläuft.«
    Es hat gewisse Vorteile, in der Kleinstadt zu leben, in derman auch aufgewachsen ist. Jeder kennt hier jeden, und wenn etwas passiert, ruft jemand deinen großen Bruder an, damit du später nicht deine Post vom Boden aufsammeln musst.
    »Danke«, sagte ich mit Blick auf die Tasche.
    »Bei dir zu Hause liegt noch mehr.«
    »Mehr als das hier?«
    »Mehr Post, als der Weihnachtsmann im Dezember bekommt.« Die Ironie in seiner Stimme klang bitter. Er blickte Elle an und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Einige Briefe sind von Leuten aus der Stadt, die Elle kennen. Manche tragen das Logo der NASA oder des MIT, und ein paar kommen aus Houston. Auch welche von ganz weit weg sind dabei, zum Beispiel aus Südafrika. Die habe ich aber nicht mitgebracht. Ach übrigens, auch Carol hat geschrieben.«
    »Wentworth?«
    »Kennst du noch andere Carols?«
    Ich zuckte die Schultern. Zumindest kannte ich keine so gut wie Carol Wentworth. Ehe Elle und ich wieder zusammenkamen, war ich eine Zeit lang mit Carol Wentworth verlobt.
    Mike und ich unterhielten uns eine Weile über seine Söhne, die darum baten, unseren Hund Hubble behalten zu dürfen. Auch über seinen Job sprachen wir und darüber, was Mom am Tag zuvor vor dem Gericht passiert war. Ich wusste, dass er auf Moms Seite stand, aber ich suchte keinen Streit, und auch er ging jeder Konfrontation aus dem Weg. Nach einigen Minuten verabschiedete er sich mit dem Versprechen, am nächsten Tag wiederzukommen, und der Frage, ob ich die anderen Briefe auch haben wolle.
    Nicht jetzt. Ich blätterte die Umschläge durch. Carols markante Handschrift fand ich auf Anhieb.

    Lieber Matt,
    die Nachricht von Elles Unfall hat mich sehr getroffen. Angesichts dessen, was man hört, wären Wünsche für eine baldige Genesung sicher fehl am Platz.
    Wie dem auch sei: Sollte ich etwas für Dich tun oder irgendwelche Beziehungen spielen lassen können, lass es mich wissen. Du kennst die zahlreichen Verbindungen meines Vaters. Ein Anruf von ihm, und der Justizminister ist ganz Ohr für Dich.
    Ich habe auch gelesen, dass Jake Dich vertritt. Gib ihm meine Nummer, dann stelle ich einen Kontakt zu meinem Vater her.
    Gruß, Carol
    Ganz genau wusste ich nicht, wie viel Einfluss Carols Vater hatte. Ich legte ihren Brief beiseite, durchsuchte Elles Tagebücher aus dieser Zeit und fand den Eintrag, den sie nach der Bekanntgabe meiner Verlobung geschrieben hatte.

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Sechs Jahre vor dem Unfall
    A ls ich anfing, mit Carol auszugehen, wurde mir schnell klar, dass sie zu raffiniert für mich war. Ich wusste es zwar, aber wenn ich mit ihr zusammen war, hätte ich nie mit Gewissheit sagen können, ob ich mich im siebten Himmel befand oder ein zum Absturz verurteiltes Flugzeug betreten hatte. Und nach einigen Wochen spielte es keine Rolle mehr. Unsere Facharztausbildung kostete so viel Zeit, dass weder sie noch ich die Möglichkeit hatten, uns anderweitig umzusehen. Ich warf mich ausreichend in Schale, dass ihre in der Park Avenue residierenden Eltern nichts gegen