Ich versprach dir die Liebe: Roman (German Edition)
absolut unvorbereitet. Aber als Janey auf die Welt kam, waren wir wild entschlossen, die Sache am Laufen zu halten. Bis heute ist es uns einigermaßen gelungen.«
»Wie alt ist Janey jetzt?«
»Fast dreizehn.« Er zog ein Foto aus seiner Brieftasche und reichte es mir.
Das Mädchen stand mit ausgestrecktem Bein und dem durchgedrückten Kreuz einer Turnerin auf einem Schwebebalken.
»Sie hat Glück, dass sie Yvette ähnlicher sieht als dir.«
Jake musste lachen. »Wo du recht hast, hast du recht. Sie ist ein tolles Kind«, grinste er, als ich ihm das Foto zurückgab. »Hoffen wir, dass auch dein Nachwuchs seiner Mutter ähnlicher sieht als dir.«
Jakes Worte katapultierten mich wieder in die Gegenwart. »Ja, so wie Elle«, murmelte ich. Oder wie ich. Es war mir egal.Hauptsache, das Baby war gesund. Wie oft sprach man diese Worte aus, ohne darüber nachzudenken, wie zerbrechlich ein Leben sein kann? Trotzdem hoffte ich, eines Tages ein stolzer Vater zu sein, der ein Foto seines Kindes herumreichte.
Jake schien begriffen zu haben, was seine Worte in mir auslösten, denn eine ganze Weile lang sagte er gar nichts mehr. Ich widmete mich wieder Elles Tagebüchern und verlor mich in ihren Gedanken, bis er plötzlich fragte: »Wie viele dieser Tagebücher gibt es überhaupt?«
Ich zuckte die Schultern. »Elle war sehr produktiv und berichtete akribisch über alles – angefangen von ihrer Zeit bei der NASA bis hin zu einer missratenen Dauerwelle. Das meiste überfliege ich nur.«
»Glaubst du, sie hat alles so genau festgehalten, weil sie plante, einmal ihre Memoiren zu schreiben? Die Abenteuer einer heldenhaften Astronautin?«
»Du hast es noch immer nicht begriffen. Sie schrieb, weil sie sich mit sich selbst auseinandersetzte. Das hier sind ihre intimsten Gedanken, Dinge, die sie mit niemandem teilen wollte. Vieles davon wusste ich, aber nicht in allen Einzelheiten. Sie betrachtete jedes Problem aus allen möglichen Blickwinkeln … wie schon gesagt: Das meiste überfliege ich nur.«
»Lass mich dir dabei helfen.«
»Okay, schau dir das hier mal an.« Ich reichte ihm den Abschnitt, in dem sie ihrer Hoffnung Ausdruck gab, die gesunde Geburt von Dylan könne ihr vielleicht helfen, sich selbst zu verzeihen. »Kannst du das brauchen? Ich mache dir gern eine Kopie.«
Er las die Passage durch. »Ja, das ist gut! Davon brauche ich mehr. Vielleicht solltest du deine Suche verfeinern. Konzentriere dich auf die Zeiten, die ihr Leben umkrempelten. Zum Beispiel der Tod ihrer Mutter und die früheren Schwangerschaften.«
»Schon passiert. Damals hat sie nicht geschrieben. Ich habe die Tagebücher chronologisch geordnet. Nach dem Tod ihrer Mutter gab es monatelang keine Einträge. Das Gleiche nach Dylans Tod.« Ich rieb mir die Augen.
»Und wie war es bei der ersten Schwangerschaft?«
»Sie hat lediglich den Anfang festgehalten. Damals schrieb sie nur Briefe.«
»Sicher hat sie sich über Pro und Kontra einer Abtreibung ausgelassen.«
»Diese Briefe möchtest du ganz bestimmt nicht lesen.«
»Wieso? Hat sie etwa eine Abtreibung in Erwägung gezogen?«, fragte er entsetzt.
Ich schlug nach einer Mücke. »Hat sie. Das Komische daran ist, dass sie, als sie mir schließlich von ihrer Schwangerschaft erzählte, den Gedanken schon wieder verworfen hatte. Zumindest verhielt sie sich so, als ob eine Abtreibung nicht infrage käme. Aber im letzten Brief, den sie schrieb, tendierte sie zu einem Abbruch.«
»Hast du eine Ahnung, warum sie ihre Meinung änderte?«
»Nicht die geringste.«
»Schade. Genau diesen Eintrag könnten wir brauchen.« Er klatschte sich auf den Arm. »Ich gehe lieber wieder rein. Diese Mücken sind ekelhaft. Hast du zufällig Gin im Haus?«
»Leider nein«, antwortete ich. »Wir trinken beide ziemlich wenig.« Gin. Bei Gin dachte ich an Prohibition und bei Prohibition an Elle. Ihr Urgroßvater hatte während der Zeit der Prohibition die gesamte Gegend um Casco Bay mit Whiskey versorgt. Deswegen gab es auch die Geheimtür auf dem Speicher, hinter der er seine Vorräte versteckte. Das Fach war nur eines von vielen Verstecken, die wir inzwischen gefunden hatten. Erst letztes Frühjahr hatte Elle ein weiteres Geheimfach in der Speisekammer entdeckt. Vielleicht bewahrte sie die fehlenden Briefe in einem der anderen Verstecke auf, und ich wusste nur nichts davon. Mist!
»Hör zu, Jake, ich bin hundemüde. Es ist längst nach Mitternacht.«
Er blickte auf die Uhr. »Tatsächlich. Ich finde schon allein
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