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Ich war Hitlerjunge Salomon

Ich war Hitlerjunge Salomon

Titel: Ich war Hitlerjunge Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Perel
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die Heimat beförderte. Die Abteile waren fast leer,
    die Glühbirnen dick mit Farbe übermalt. Kein Laut war zu
    hören und die Stimmung gedrückt. Wir hatten eine lange
    Reise vor uns. Nach Estland mußten wir ganz Lettland und
    Litauen durchfahren und über Westpreußen Berlin erreichen,
    was drei Tage in Anspruch nahm.
    Bis jetzt hatte ich mich vor der Reise in das Land der
    tausend Gefahren, das Land mit dem teuflischen Regime
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    gefürchtet, muß aber gestehen, daß mich eine eigenartige
    Betäubung befiel, als ich mich in dem Eisenbahnabteil nie-
    derließ. Ich fügte mich meinem Schicksal. Ich zählte auf »die
    allesvermögende, unsichtbare Hand«, die über meinen Weg
    entschieden hatte, ich überließ mich ihr voller Vertrauen und
    Ergebenheit.
    Ich erinnere mich an das glücklich strahlende Gesicht meiner
    Begleiterin, an ihren Stolz, mit dieser patriotischen Aufgabe
    betraut worden zu sein, ein verlorenes Kind seinem deutschen
    Vaterland zurückzuführen. Sie konnte ja nicht ahnen, daß sie
    mit einem kleinen Juden, einem Sohn Moses reiste. Ich zwang
    mich, so wenig wie möglich zu sprechen.
    Unsere höfliche Unterhaltung schlug rasch in einen Mono-
    log um. Sie hielt eine endlose Rede über die Größe Deutsch-
    lands und umschloß dabei fest meine Hand mit den Fingern
    und streichelte mich manchmal, was sie nicht daran hinderte,
    Lobeshymnen auf das deutsche Volk und seinen Führer zu
    singen. Eine Stelle fand ich gar nicht komisch. Sie bat mich,
    die auf den Feldern weidenden Kühe anzusehen, an denen wir
    vorüberfuhren, und machte mich auf deren schmutzstarrende
    Leiber aufmerksam. Dagegen seien die »deutschen« Kühe sauber
    und gepflegt. Dann ging sie von den schmutzigen Kühen zur
    Reinheit des Volkes über, dem anzugehören auch ich das Glück
    hätte. Sie fügte noch hinzu, daß wir eine Elite darstel ten, wir
    im Recht und unter der ewigen Führung Hitlers zu Rettern
    der Menschheit berufen wären.
    Dieser energischen Frau mangelte es an Geduld, sie versuchte,
    aus mir so schnell wie möglich einen überzeugten National-
    sozialisten zu machen, noch bevor wir im Land eingetroffen
    waren. Sie redete ununterbrochen. Einzig die Mahlzeiten und
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    kleinen Nickerchen vermochten die Flut ihrer begeisterten
    Worte einzudämmen.
    In der zweiten Nacht unserer Reise ereignete sich ein denk-
    würdiger Vorfall. Wir saßen allein im dunklen Abteil. Die
    Atmosphäre war gelöst, und die Unterhaltung hatte eine persön-
    lichere Wendung genommen. Ich begriff, daß ich ihr gefiel, daß
    sie »meine wunderschönen pechschwarzen Haare« besonders
    verführerisch fand. Als Soldat, der von der Front kam, hatte
    ich mittlerweise gelernt und gab ihr ein paar Komplimente
    und Artigkeiten zurück. Plötzlich legte sie sich auf die Bank,
    zog mich an sich und bedachte mich unter unverständlichem
    Gemurmel mit leidenschaftlichen Küssen. Ich war schließlich
    siebzehn Jahre alt und hatte – dank der Geschichten meiner
    Waffenbrüder – immerhin große theoretische Erfahrung. Näher
    kennengelernt hatte ich bisher aber nur Lee Moreste. Ich konn-
    te dem Aufruhr meiner jungen Sinne nicht widerstehen. Sie
    erregte mich sehr, und diese leidenschaftlichen Umarmungen
    waren für mich sexuelle Erfüllung, auch wenn wir letztlich
    nicht miteinander schliefen. Und so schoß es mir hinterher
    immer wieder durch den Kopf: »Wenn sie wüßte …!« Noch
    heute bedauere ich, daß ich ihr in Anbetracht der Umstände
    die Wahrheit nicht enthüllen konnte.
    Als ich noch in Peine gelebt hatte, war oft von »Rassen-
    schande« zu hören gewesen. Eine deutsche Frau konnte sich
    kaum eines größeren Verbrechens schuldig machen. Jetzt sagte
    ich bei mir: »Sehen Sie, Frau Nazi, Sie haben es soeben mit
    einem … Juden getrieben!« Ich glaube, sie hätte sich umge-
    bracht, wenn sie es erfahren hätte.
    Am nächsten Tag trafen wir in Berlin ein. Ich wohnte
    kurze Zeit in einem vornehmen Hotel und besichtigte die
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    Stadt, bis man mir einen endgültigen Aufenthaltsort zuwies.
    Die Hotelgäste flößten mir Entsetzen ein. Es waren Eliteoffi-
    ziere, Hauptsturmführer, SS-Leute in ihren Todesuniformen,
    SA-Führer in Reithosen, braunen Hemden und schwarzen
    Krawatten und Stiefeln, aber auch Männer in Zivil mit kurz-
    geschorenem Haar, vor denen in diesen Jahren al e Juden und
    Demokraten zitterten. Ich war gegenwärtig das verlorene Kind
    für sie, und ich grüßte sie mit »Heil Hitler!«.
    Ich riß ständig den Arm hoch, wenn ich

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