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Ich war Hitlerjunge Salomon

Ich war Hitlerjunge Salomon

Titel: Ich war Hitlerjunge Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Perel
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was wir empfanden,
    nämlich daß wir uns liebten.
    Ich hätte Leni nur zu gerne mein Geheimnis enthül t, hütete
    mich aber vor jeder Unachtsamkeit. Diese seelische Spannung
    der verbotenen und deshalb nicht vollendeten Liebe machte
    mich immer sensibler, empfindsamer. Ich suchte einen Ausweg
    und schrieb Gedichte.
    An einem trostlosen Abend, als ich mich allein in meinem
    abgeschlossenen Zimmer aufhielt, verfaßte ich einige sehn-
    süchtige, herzzerreißende Verse an meine Mutter. Ich hatte
    nie eine poetische Begabung, aber mir genügten die einfach-
    sten Worte, um meinen übermächtigen Schmerz darzustellen.
    Ich war ein Junge, der sich nach seiner Mutter sehnte, die
    zu verlassen er gezwungen worden war. Und das durfte ich
    einer anderen Liebe gegenüber, Leni, nicht einmal erwähnen,
    ja ich durfte nicht einmal darauf anspielen. Leni gehorchte
    den Gesetzen und Zielen der Nazis. Ich fühlte mich zu ihr
    hingezogen, und sie sich zu mir, und dabei wußte sie weder,
    wer ich war, noch, in welch tragischer innerer Zerrissenheit
    ich lebte. Als mein Gedicht fertig war, las ich es ihr, und
    nur ihr, während eines romantischen Spaziergangs auf den
    grünenden Wiesen außerhalb der Stadt vor. Selbstverständlich
    sagte ich ihr nicht den wahren Grund der Trennung von
    meiner Mutter. Wir setzten uns mit dem Rücken an eine
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    dicht bewachsene Böschung. Vorsichtig zog ich mein Blatt
    Papier aus der Tasche und begann:
    Mutter …
    … Auch jetzt seh’ ich Dich vor meinen Augen
    So vol er Mutterliebe und Herzenstreue
    Drum sei gegrüßt aus weiter Ferne
    Damit Dir das Schicksal viel Glück ins weitere Leben streue
    Mein Herz ruft ja so nach Dir,
    Denn es hat Dich doch so gern,
    Trotz der Ferne zwischen uns
    Ist Dein Herz meines Herzens Kern!
    Fühlst Du wie mein Herz so klopft, –
    Und die Träne aus dem Auge tropft, –
    Wie das Heimweh meine Seele frißt,
    Nur weil Du bei mir nicht bist.
    Hörst Du meine rufende Stimme –
    Sie ruft nur – »Mutter, Mutter« –
    Und läßt mir keine Ruh,
    Merkst Du wie ich voll Sehnsucht zu Dir schwimme,
    Denn mein einziger Traum bist nur noch Du.
    Siehst Du wie ich des öfters weine,
    Wie mein Herz aus Liebe nach Dir zergeht,
    Furchtbar, daß gerade uns beide
    Das Schicksal hat auseinandergeweht.
    Und dieses möchte ich noch wissen,
    Wann wir uns wiedersehn müssen,
    Ob die Stunde des Glückes auch für uns mal wieder schlägt,
    Und das Schicksal mich zu Dir hinüberträgt! …
    Ich könnte tausende Kilometer gehen,
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    Durch Wasser, Land, Berg und Tal,
    Bei eisgem Frost und heißem Sonnenstrahl,
    Nur um Dich für immer wiederzusehen!
    »Ein sehr rührendes Gedicht«, sagte Leni. Sie schwieg eine
    Weile und strich mir dann über das Haar. »Ich sehe, daß
    sich auch ein Waisenkind nach der Mutter sehnt, obwohl es
    sie nie gesehen oder gekannt hat«, fügte sie hinzu. »Liebste
    Leni«, erwiderte ich, »der Mensch trägt seine Mutter stets in
    sich. Hat sie ihm nicht das Leben, und sogar den Befehl zum
    Leben gegeben?« Ich erinnerte mich an die Abschiedsworte
    meiner Mutter …
    Leni erfuhr also nicht den Grund meiner Gefühlsaufwal ung
    und hörte aus meinem Munde nichts über das Schicksal mei-
    ner Mutter. Anders ihre Mutter, eine sanfte, gutherzige Frau.
    Als ich einmal meine Freundin besuchen wollte, öffnete
    mir Lenis Mutter die Tür und teilte mir mit, daß ihre Toch-
    ter nicht zu Hause sei. Ich wollte kehrtmachen und später
    wiederkommen, sie aber lud mich ein, ins Haus zu treten, da
    sie sich mit mir unterhalten wolle. Ich nahm an. Der Klang
    ihrer Stimme und ihr Gesichtsausdruck ließen mich spüren,
    daß dies keine harmlose Aufforderung war, sondern etwas
    Ernstes dahintersteckte. Sie deutete auf einen antiken Sessel,
    in dem ich fast versank. Sie setzte sich neben mich auf das
    Kanapee. Ihre Lippen umspielte ein flüchtiges Lächeln. Ich er-
    widerte es mit einem nervösen Lachen. Die Abenddämmerung
    machte die im Zimmer herrschende ungewisse Atmosphäre
    noch beklemmender. Wir schwiegen lange Minuten, dann
    fragte sie unvermittelt: »Sag’ mal, Jupp, bist du wirklich ein
    Deutscher?« Bisher hatte ich bei solchen Überraschungsfragen
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    stets genug Phantasie aufgebracht, um angemessen zu lügen.
    Doch wie geschah mir jetzt? Was war das? Ein rätselhaftes
    Gefühl des Vertrauens? Das plötzliche Bedürfnis, ein kostbares
    Geheimnis zu beichten, das mich verzehrte? Eine momentane
    Geistesverwirrung? Vertrauen auf meinen guten Stern, der mich
    auch

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